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UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE UND ALTERTUMSKUNDE ÄGYPTENS / BAND X, i
DRAMATISCHE TEXTE
Z U
ALTAEGYPTISCHEN
MYSTERIENSPIELEN
HERAUSGEGEBEN UND ERLÄUTERT VON
KURT SETHE
DAS „DENKMAL MEMPHITISCHER THEOLOGIE"
DER S C H AB AK O S TEIN
DES BRITISCHEN MUSEUMS
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LEIPZIG /J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
Der Kauf des I. Teiles verpflichtet ^«r Abnahme des II. Teiles, der im Herbst 192S erscheinen soll
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UNTERSUCHUNGEN
ZUR GESCHICHTE UND
ALTERTUMSKUNDE
AEGYPTENS
HERAUSGEGEBEN \^ON
KURT SETHE
ZEHNTER BAND
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LEIPZIG / J. C.HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
DRAMATISCHE TEXTE
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ALTAEGYPTISCHEN
MYSTERIENSPIELEN
HERAUSGEGEBEN UND ERLÄUTERT VON
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LEIPZIG /J. C. HINRICHS'SCHE BUCHHANDLUNG
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PRINTED IN GHRMANY
DRUCK VON AUGUST PRIES IN LEIPZIG
ZUR EINFÜHRUNG
Es ist allbekannt, daß die Anfänge dramatischer Kunst und Literatur überall, in
Griechenland wie in Indien wie in der christlichen Welt Europas im religiösen Kultus
gelegen haben. Das ist auch im alten Ägypten nicht anders gewesen. Die Vorführung
alter heiliger Geschichten der Götter- und Heldensage an festlichen Tagen ist auch für
Ägypten gut bezeugt i. Herodot berichtet darüber (vgl. Wiedemann zu Herodot II, 60 ff.);
die Bilder, die das Aufrichten des ^ Pfeilers beim Königsjubiläum betreffen im Grabe
des //r/w-/ (Er man, Ägypten S. 377) lassen das gleichfalls erkennen. Schäfer 's meister-
hafte Erklärung der Inschrift des I-cher-nofret (in diesen ,, Untersuchungen" Band III) hat
uns die Mysterienspiele von Abydos kennen gelehrt. Fehlte es uns so nicht an Berichten
über solche Spiele, so besaßen wir doch nicht die Dialoge, die dabei gesprochen wurden,
und die Erklärung ihres Sinnes. Hier hat uns Er man durch seine richtige Bewertung
des Denkmals, das im folgenden zunächst behandelt wird, den Weg geöffnet, den uns
die Auffindung des ,, Dramatischen Papyrus" aus dem Ramesseum in glücklicher Weise
weiter zu verfolgen gestattete. Die Spiele, deren Texte uns in diesen Stücken vorliegen,
betreffen bemerkenswerterweise, ebenso wie das ganz gleichartige Ritual der ,, Mundöftnung",
alle ein und denselben Sagenkreis, den des Osiris, und sie stammen alle offenbar aus den
Anfängen der ägyptischen Geschichte.
Die Aufführung dramatischer Spiele im Gottesdienst ist in Ägypten auf das engste
mit der Symbolik des Opfers verknüpft. Wie die Schlachtung der Opfertiere symbolisch
die Vernichtung der Feinde der Gottheit bedeutete (Junker ÄZ 48, 69; vgl. Seh iaparell i ,
Libro dei funerali I, 95 ff.) und das Mähen des Kornes am Feste der Erntegöttin Renenutet
in gleicher Weise gedeutet wurde (Nachr. Gott. Ges. d. Wiss. 1919, 312), und wie der Wein
oder andere Opfergaben das Auge des Horus darstellen sollten, dem Brot und dem Wein
unseres Abendmahles ganz entsprechend, so stellen die handelnden Personen bei den
Mysterienspielen die Götter dar. Dieser Parallelismus tritt in unseren Texten, insbesondere
in dem Ramesseumpapyrus, allenthalben hervor,; ja Opfersymbolik spielt darin immer wieder
geradezu mit, und die äußere Einrichtung der alten Opferrituale der Pyramidentexte wie
die P'assung der dazu zu sprechenden Sprüche ist der unserer dramatischen Texte so ähnlich,
daß man geradezu versucht ist, auch in ihnen solche dramatischen Stücke zu erkennen.
1 Vgl. Wiedemann, Die Anfänge dramatischer Poesie im alten Ägypten in den Melanges Nicole (Genf
iyo5)> 501 ff-
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NEW YORK UNiVERSITY
I
DAS „DENKMAL M E M P H I T I S CH E R THEOLOGIE"
DER SCH ABAKOSTEIN
DES BRITISCHEN MUSEUMS
EINLEITUNG
Das Britische Museum besitzt seit dem Jahre 1805 als Geschenk des Earl Spencer einen
Stein aus schwarzem Granit mit hieroglyphischen Inschriften (einst Nr. 135*, jetzt Nr. 498;
Budge, Guide, Sculpture Nr. 797), der aus der Zeit des äthiopischen Königs Schabako (Saßaxwv),
des Begründers der 25. ägyptischen Königsdynastie, stammt und einst im Tempel des Gottes
Ptah zu Memphis aufgestellt war. Das Denkmal wurde zuerst höchst mangelhaft von Sharpe
veröffentlicht (Egyptian Inscriptions I, 36 — 38) und i. J. 1870 nach dieser Publikation von Good-
win zu übersetzen versucht (in Chabas' Melanges egyptologiques 3me ser. I, 246). Dreißig
Jahre später versuchten sich die Herren Bryant und Read an ihm (Proc. Soc. bibl. arch. 1901,
160 ff.), im wesentlichen noch ohne Erfolg, wenn auch ihre Arbeit eine Reihe guter Gedanken
enthielt. Dem Verständnis wirklich erschlossen wurde der Text erst durch Breasted, der
im gleichen Jahre (1901) eine ausgezeichnete, nur in wenigen Einzelheiten der Berichtigung
bedürfende neue Abschrift nach dem Original lieferte (ÄZ 39, 39 ff.) und zuerst erkannte, daß
der Text ,, rückläufig" geschrieben war, d. h. daß er nicht, wie es im allgemeinen üblich ist,
von dem Ende an zu lesen ist, nach welchem die Bilder der lebenden Wesen hinblicken, sondern
umgekehrt, eine Schreibweise, die besonders den religiösen Papyrustexten eigentümlich ist. Erst
damit bekam der Text Sinn und Zusammenhang. Breasted veröffentlichte i. J. 1902 eine fort-
laufende Übersetzung des ganzenTextes, wie er sich nun darstellte, in der amerikanischen Zeitschrift
The Monistvol. 12, 321 ff., nachdem er eine eingehendere Betrachtung des Abschnittes, der von der
Wirksamkeit von Herz und Zunge handelt, in Zusammenhang mit seiner neuen Publikation des
Textes in ÄZ 39, 39 ff. gegeben hatte. Diesen Abschnitt haben nach ihm dann auch Maspero
(Rec. de trav. 24, 168 ff.) und Moret (Rev. de l'hist. des relig. 59, 279ff.) eingehend behandelt.
Fußend auf Breasted's Veröffentlichung hat dann schließlich Er man 1 909/11 seine tief-
greifende Untersuchung des Textes angestellt, die den Ausgangspunkt tür die vorliegende
Arbeit bildete, die geradezu als ihre Weiterführung anzusehen ist. Darin prägte er den Namen
für das Denkmal, unter dem es jetzt meist an Stelle der mehr äußerlichen Benennung „Schabaka-
text" genannt zu werden pflegt: ,,Ein Denkmal memphitischer Theologie" (Sitz.-Ber. Berl.
Akad. 191 1, 9i6ff.). Für meine Arbeit, die in den Jahren 1912 — 1914 entstand und neuerdings
nur eine Umarbeitung und Ergänzung erfahren hat, stand mir zunächst der alte Papierabklatsch
der Lepsius'schen Sammlung zur Verfügung, den auch Er man benutzt hatte; hernach, als
dieser vortreffliche, aus dünnem, weichem Papier hergestellte Abklatsch in Verlust geraten
bzw. verlegt war, zwei neue Abklatsche, die die Leitung des Britischen Museums freundlichst
zur Verfügung stellte. Diese neuen Abklatsche, in hartem und steifem Papier hergestellt,
wie man es heutigentags für den Zweck zu benutzen pflegt, stehen dem alten Abklatsch an
UAe X, i: Sethe. I
2 I. Das Denkmal mfinphitisclier Tlieologie.
Deutlichkeit beträchtlich nach, haben sich gleichwohl aber, namentlich für das Beurteilen der
Lücken, recht nützlich erwiesen. Eine Prüfung einzelner zweifelhafter Stellen an dem Original
erst durch Gardiner, dann durch mich selbst, z.T. unter seiner Mitwirkung, hatte leider fast
durchweg ein negatives Ergebnis, da der Stein im Museum so ungünstig in einer Nische auf-
gestellt ist, daß man an den korrodierten Stellen meist gar nichts erkennen kann.
Für Maße und Erhaltung des .Steines sei auf Breasted's Beschreibung ÄZ 39, 40 ver-
wiesen.
Inhalt und Alter des Textes.
Der Stein enthält unter der üblichen, in größerer Schrift gehaltenen Widmungsinschrift
des Königs Schabako, der ihn, wie gesagt, in den Tempel von Memphis weihte (Z. i), einen
Text religiösen Charakters in senkrechten Zeilen (3 — 64), rückläufig geschrieben (s. ob.),
mit einer Überschrift dazu in einer wagerechten Zeile (2). Diese bekundet, daß der religiöse
Text die Abschrift eines alten „Buches" sei, das damals unter König Schabako von Würmern
zerfressen und unvollständig aufgefunden und auf Befehl dieses Königs (der in den griechischen
Nachrichten über die ägyptische Geschichte gerade wegen seiner Frömmigkeit gerühmt wird)
auf dem uns vorliegenden Stein für den Ptahtempel kopiert worden sei. Während noch Brea-
sted geneigt war, diese alte Handschrift, die man sich auf Papyrus oder Leder niedergeschrieben
zu denken hat, und den in ihr enthaltenen Text in das Neue Reich zu setzen, hat Erman aus
sprachlichen und graphischen Indizien überzeugend nachgewiesen, daß die Herren Read
und Bryant, die kurz vor Breasted den Text studiert hatten, in diesem Punkte richtiger
geurteilt haben, indem sie den Text mit den alten Pyramidentexten verglichen und demgemäß
in das Alte Reich setzten. Das ist ja auch die Periode, an die die Zeit Schabako's und seiner
Nachfolger, die Zeit der 25. und 26. Dynastie, überall anzuknüpfen sucht, speziell Schabako
selbst in der Wahl seiner Königsnamen ^.
Auf das Alte Reich im engeren Sinne, die Zeit der Pyramidenerbauer, weisen für die Ent-
stehung der unter Schabako kopierten Handschrift die graphischen Erscheinungen unseres
Denkmals hin, und zwar die epigraphischen wie die orthographischen. Zunächst die Spaltung
der Kolumne mit Nebeneinanderstellung paralleler Satzglieder. Diese -Sitte ist m. W^ seit
dem Ende der 4. und dem Anfang der 5. Dynastie zu beobachten und scheint mit dem Ende
der II. Dynastie außer Gebrauch gekommen zu sein-. Erst die archaisierende Periode, der
unser Stein angehört, bringt sie wieder in Aufnahme ^
1 Horus-, nbfj- und Goldhorusname identisch; der erste Ringname Nefer-ke-re' der Name König Phiops' II.
2 Die ältesten datierten Beispiele, die mir bekannt sind, finden sich in den Schutzdekreten des Königs
Schepseskaf für die Pyramide des Mykerinos (Ann. du Serv. \2>i i°9ff-)i S'^f Atm. Palermostein, Kairo 1415
= Mar. Mast. 201 (Inschrift der Frau), oft in den Opferlisten der 5. Dyn. Besonders beliebt ist die Sitte
bekanntlich in den religiösen Texten auf den Särgen der Zeit zwischen dem AR und dem MR (der ,,Herakleo-
politenzeit"). Die jüngsten datierbaren Beispiele kenne ich in Inschriften aus dem Ende der 11. Dyn., wie
Montet, Hammamat Nr. 40 (pl. 11). Brugsch, Thes. 1231/2, 5.
3 z. B. ÄZ 48, 163
von Wreszinski Aeg.
X
für n dsj rd-f n hsf ib-f, und ganz gewöhnlich in Inschriften wie die
Inschr. in Wien S. 140/2 veröffentlichte.
Inhalt und Alter des Textes.
Eine andere epigraphische EigentümHchkeit unseres Steines, auf die Read und Bryant
bereits hingewiesen haben, und die sie mit Recht für einen Beweis, wie getreu Schabako's
Schreiber seine Vorlage wiederzugeben trachtete, angesehen wissen wollten, ist die Un-
gleichmäßigkeit der Schritt, die bald sehr weitläufig, bald eng gedrängt geschrieben ist.
Das ist etwas, was man immer wieder bei den Pyramidentexten beobachten kann. Wie
ich im 6. Kapitel meiner Epigraphik zu diesen Texten (Pyr. -Texte IV, S. <Sff.) ausgeführt
habe, hängt das mit der Sitte zusammen, die Worte beim Zeilenwechsel nicht zu brechen
und auch gegebene Texteinheiten nicht durch den Zeilenwechsel auseinanderzureißen.
In der Tat weist unser Stein kein einziges Beispiel für Brechung eines Wortes beim
Übergang zu einer neuen Zeile aufV, dafür aber dieselbe Art, das orthographische Bild der
Wörter gegen Zeilenende wegen des Raummangels zu verkürzen und mit einem anderen
Worte zusammenzugruppieren, die wir aus den Pyramiden und anderen Inschriften
am Ende von 20b und ;X'1^'i
des AR kennen, so z. B. i
der normalen Schreibungen H/www u.
sammengeschobenen beiden 1 t^
gegen Ende von 64 statt
fi . Die charakteristische Gruppierung der zu-
■^ '^ Wörter in einer i V2 Raumquadrate füllenden
Gruppe, eine Gruppierung, die in den Pyramiden so unendlich häufig ist (Pyr. IV, §66 ff.
93 ff. 97fT.), finden wir auch sonst in unserem Text verschiedentlich entsprechend an-
gewendet, so in
Vgl. auch
\J
61,
r
63.
u
n
55. Ganz im Sinne der Epigraphik des AR ist auch
die Schreibung ^ä. 61, die zu keiner anderen
Zeit möglich wäre (Näheres im Kommentar zu diesen Stellen). Auch
und
ver-
J
]
(9. 1 1 c) anstatt | 1
den Pyramiden ganz
(loa. IIa) anstatt [ jPvN ' sind Schreibungen, die uns aus
traut sind, in späteren Texten aber sehr wunderlich erscheinen würden.
Auf die orthographischen Eigentümlichkeiten, die unsern Stein mit den Inschriften des
AR und speziell auch den Pyr. -Texten verbinden, hat Erman (S. 921 ff.) bereits gebührend
hingewiesen, und es wird unten in anderem Zusammenhange noch einmal darauf zurückzu-
kommen sein. Schreibungen wie 1^(62), ^-^^j""^ (56), ^\J (17a), ^^ (12 b), ^
(14b. 15 b), V\ iTl (loa), ^x "^ (iia) sind nach dem AR kaum möglich. Und auch -^
(15c), n '-' A (20b. 63), ^ (63) sind mit ihren phonetischen Komplementen vor dem
Stammeszeichen typische Schreibungen des AR. Später schreibt man im allgemeinen | Tli
oder ||, y^ (so 64), oder J\ dafür.
Daß im übrigen Schabako's Schreiber auch manches von den alten Schreibungen seiner
AAAA/V\
Vorlage modernisiert hat, versteht sich von selbst. Hierher gehören die Schreibungen: <^
(8. 15). ^^1 (54), \t^ (6), ^51) (57) tnit ^ statt des alten ^; ^^"^ (9),
° * ,, diese" (57) umgekehrt mit t=> statt des alten o; (60. 61, sonst stets Iaaa^), — "— m
^56)' iL^ (9- lob) mit -^ statt des alten \\; [l[lö (56), ||ö (64), ^q]] (57) mit ö statt
I Das M «/vwvv „es geschah" beim Übergang von 22 zu 23 wird man, wenn die Ergänzung richtig
ist, nicht als Ausnahme gehen lassen, da das n des Tempus sdm-n-f tatsächlich doch ursprüngHch ein
selbständiges Wort (die Präposition des Dativs) gewesen ist.
A I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
— ■; ferner c=> (13 c) statt ^^^ (3. 55), CO3 (63) statt '^®^, ^, (54) statt ^^^^"^ „alle"
(56. 63), "l" (54- 62. 63) statt ^^ „auf" (lob. 19. 59. 60), A-Ji (8. iib. 59) statt ^ (8. 56. 57), g
und ^ (passim) statt gg (61), J^ (i8c. 62) statt J, ^Tll ^^- ^^^^- ^^- ^^^ ^^^" 111111111
(7).- ^(63) statt ^^, p^A(56)stattpi)^,^=^^^6i. 63) statt jj(49a), J^ (i6c. 63)
statt == (13c. 64); endlich ^^ (64) statt ^ mh.tj und die Determinierung der Worte für
„König" und der Götternamen mit sjj bzw. ^.
Der Verdacht, daß der Schreiber von seiner alten Vorlage abgewichen ist, besteht auch
in den Fällen, wo der Text entgegen seiner sonstigen Praxis die Nebeneinanderstellung paral-
leler Satzglieder in gespaltener Kolumne vermissen läßt. Diese Fälle sind jeweils im Kommen-
tar vermerkt.
Scheinen die graphischen Eigentümlichkeiten unseres Textes auf eine Vorlage aus der
Pyramidenzeit zu weisen, so weisen die sprachlichen Erscheinungen mit Deutlichkeit für die Ent-
stehung des Textes auf eine noch frühere Zeit, und zwar nicht nur für die Gespräche, die uns
die im AR bereits obsolet gewordene alte Form des Pronomen 2. m. sg. ^:z:^^ ,,dich" (21a)
und den uralten Gebrauch von -^ im Sinne von |\ ,,in" (,,an" den Ort) bieten, sondern auch
für die erzählenden Teile. Die Erzählungspartikel 1^, über die Er man in einem Exkurs
besonders gehandelt hat (S. 947 ff.) und die in unserem Texte noch viel öfter, als er dachte,
vorkommt (nämlich auch überall da, wo Er man sie als pronominales Subjekt an Stelle des
korrekten swt oder ntf auffassen zu können glaubte), findet sich zwar vereinzelt auch noch
später in altertümelnder Rede \ scheint aber in Wahrheit einer Entwicklungsstufe der ägyp-
tischen Schriftsprache angehört zu haben, die der Schriftsprache des AR vorausgegangen
ist. Die Partikel findet sich nirgends in den erzählenden Texten dieser Zeit des eigentlichen AR,
wohl aber in den u. a. im Tempel von Der-el-bahri aufgezeichneten alten Texten, die von der
göttlichen Herkunft und der Thronerhebung des ägyptischen Königs handeln^. Diese Texte,
mit denen unser Text auch sonst in seinem Sprachschatz auffallende Berührung zeigt (^^^
^3- 13c. 55>^^^ 53. ^^_5j^4. P^Ä^56,^§ 62), gehören, wie das zuerst
von Er man erkannt worden ist (laut einer vor vielen Jahren gefallenen Mitteilung), zu dem
ältesten, was wir in ägyptischer Sprache besitzen, und werden voraussichtlich wie fast alle Re-
quisiten des ägyptischen Königtums (u. a. auch die Völkerliste der ,,Neun Bogen") aus den An-
fängen der ägyptischen Geschichte stammen. Als sprachliche Merkmale hohen Alters wird man
bei unserm Texte auch anzusehen haben den ständigen Gebrauch der Form <=> v'on -ch=^
,,tun" da, wo ursprünglich die Gemination vorlag, aber seit dem AR die geminationslose
Schreibung üblich war, die unser Text noch mehrfach für den geminationslosen Stamm
1 Außer in dem schon von Erman angeführten Beispiel 1 v i « ^^ ''i^s^ ,,und so sagt nun seine
Majestät" Urk. IV, 776 kenne ich es noch in dem mythologischen Text Ombos I, 131: J V^ 1 m\ '
2 Reste einer Niederschrift des Thronbesteigungstextes aus der 12. Dyn. Berlin 15 801 — 03 (Aeg.
Inschr. I, S. 268).
Die Teile des Textes.
verwendet, ferner die Wortform X dY für den Namen der oberägyptischen Wappenpflanze,
die bereits im AR hn hieß, und besonders den Gebrauch der Pluralform (jv (verderbt zu
\ ^) ^"^ Sinne von ,,das sind" (55) an Stelle des unveränderlichen 0 %:> , das nicht nur das AR,
sondern auch schon die Pyr. -Texte mit wenigen Ausnahmen dafür zu gebrauchen pflegen
(s. d. Kommentar). Der Sprache der Pyr. -Texte gehören auch die Ausdrücke ^v Hm
ni fl^^',, unverzüglich" (i8c. 62) und'^^ ^ (60) an, während die gleichfalls recht altertümlichen
Ausdrücke c^5.v\ ,, setzen" (15 c), y^z^ isk ,,und", •^"ci,,daß" (statt des später allein üblichen
) und ^^AA^A;^!; ,,weir' (statt des später üblichen /ww<a ), die z. T. noch bis in das MR ange-
troffen werden, kein absolut sicheres Anzeichen für ein über das AR hinaufgehendes Alter
des Textes sein können.
Zu einer so frühen Ansetzung des Textes, auf die der sprachliche Befund zu führen scheint,
würde auch sein Inhalt und seine Tendenz, wie sie sich in dem letzten erzählenden Teile (53 — ■
64) deutlich zeigt, durchaus passen. Es ist nicht eine memphitische Theologie aus beliebiger
Zeit, sondern das religiöse Dogma für die neue Hauptstadt Memphis, das hier dem alten,
noch der vorgeschichtlichen Zeit entstammenden heliopolitanischen Dogma gegenübergestellt
wird; ein neues Dogma mit politischem Hintergrund, wie es ganz entsprechend einst, als
Heliopolis Hauptstadt des Reiches wurde, aufgestellt worden sein wird und wie es dann später
Amenophis IV. für seine Welt in El Amarna aufgestellt hat. Was der Text vertritt, könnte
sehr wohl oder wird vielmehr sehr wahrscheinlich gleichzeitig mit der Erhebung von Memphis
zur Reichshauptstadt oder jedenfalls doch nicht viel später aufgestellt worden sein. Diese Er-
hebung wird aller Wahrscheinlichkeit nach noch unter ihrem Gründer Menes selbst erfolgt
sein, mit dessen Tat, der Vereinigung der beiden Länder, die Gründung der neuen Hauptstadt auf
das engste verknüpft gewesen sein muß, da sie nur darin ihren Sinn und Zweck hatte. Die neue
Stadt an der Grenze der beiden eben vereinigten Staaten sollte ebenso das Zentrum für das geeinte
Reich werden, wie es Heliopolis einst in vorgeschichtlicher Zeit gewesen war und wie es später
im MR nach der Wiederaufrichtung des Einheitsstaates die von Amenemmes I. gegründete
Stadt ,, Amenemmes nimmt die beiden Länder in Besitz" bei Daschur werden .sollte und wie
es schließlich Kairo nach der arabischen Eroberung wirklich geworden ist. Für alle diese
Städtegründungen ist von dem neuen Staatengründer mit aller Absicht in gleicher Weise
die zentrale Lage an der Grenze von Ober- und Unterägypten gewählt worden.
Auf einen Punkt, der unter Umständen geradezu für die Entstehung unseres Textes
vor der 2. Dynastie sprechen könnte, wird im Kommentar zu 60/61 noch einzugehen sein.
Die Teile des Textes.
Was König Schabako von jener alten Handschrift aus dem Alten Reich noch auf unserm
Stein für die Nachwelt retten ließ, hat später nicht minder gelitten als zuvor die Handschrift.
Der Stein ist als Mühlstein verwendet worden und dadurch in seinem mittleren Teile bis aut
wenige Reste zerrieben worden. Die Lücke, die daher jetzt in der Mitte des Textes klafft,
verschleiert uns den Zusammenhang zwischen dem linken und dem rechten Teile, die trotz
direkter 'inhaltlicher Berührungen recht verschiedenen Inhalts sind.
(y I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
Der rechte Teil enthält die dogmatischen Auseinandersetzungen memphitischer Theologie,
von denen oben die Rede war. Der als Lokalgott von Memphis geltende Ptah, der Gott der
Künstler, den die Griechen ihrem Hephaistos gleichsetzten, wird hier als Weltschöpfer und
-Ordner, Herz und Zunge als die Organe, durch die er wirke, hingestellt. Der linke Teil behandelt
dagegen mythologische Stoffe, wie die Teilung Ägyptens zwischen Horus und Seth, den Tod
des Osiris usw.
Während noch für Breasted und Maspero so gut wie ausschließlich der rechte Teil
mit seinen theologisch-kosmogonischen Spekulationen ein Gegenstand des Interesses gewesen
war, ist durch Erman's Untersuchung gerade auch der linke Teil in den Vordergrund des
Interesses gerückt worden. Für die vorliegende Arbeit ist dieser Teil des Textes der Ausgangs-
punkt gewesen; und er ist es auch, der den Text mit dem andern, im Rahmen dieser Publika-
tion zu untersuchenden Texte verbindet und ihre Zusammenfassung unter dem Titel, den
dieses Buch trägt, rechtfertigt.
Innerhalb der beiden Teile des Textes, die durch die große Lücke in der Mitte des Steines
auseinandergerissen sind, heben sich wiederum auf den ersten Blick zwei Stücke durch ihre
besondere Anordnung in Halbzeilen, die z. T. noch durch Ouerlinien in kleinere Felder geteilt
sind, aus dem übrigen heraus: im linken Teile die Göttergespräche in Z. lo — 18. 20 — 21. 24.
25 — 26. 28 — 35, von Erman als Text A unterschieden, im rechten Teile die listen- und tabellen-
artige Zusammenstellung der Erscheinungsformen des Gottes Ptah in Z. 48 — 52, von Erman
als Text B bezeichnet.
Dem äußerlichen epigraphischen Unterschiede, der die genannten beiden Stücke von dem
sie umgebenden übrigen Texte mit seinen ungeteilten Zeilen oder Halbzeilen unterscheidet,
entspricht auch eine innere literarische Wesensverschiedenheit. Der umgebende fortlaufende
Text ist in erzählender Form abgefaßt. Da er dieselben Dinge behandelt, die in jenen Stücken
(A und B) vorkamen, so wollte Erman in diesem erzählenden Teile, den er C nannte, einen
Kommentar dazu erkennen. Wie er zeigte, stimmt der auf A bezügliche linke Teil von C
(Erman: C i) mit dem auf B bezüglichen rechten Teile (C 2) sprachlich und z. T. auch inhalt-
lich so vollkommen überein, daß man beide Teile von C als das Werk eines und desselben
Kommentators anzusehen hätte, eines memphitischen Theologen aus den Zeiten des Alten
Reiches, deren sprachliche und orthographische Merkmale beide Teile in gleicher Weise
zeigen.
Bezüglich des ,, Textes A", der Göttergespräche, glaubteErman nun aber zeigen zu können,
daß er wesentlich älter als dieser mutmaßliche Kommentar C sein müsse. Schon die eigen-
tümlich ,,piktographische" Gegenüberstellung der Namen der Gesprächsteilnehmer am An-
fang der Zeilen mutete ihn höchst altertümlich an. .Sie schien ihm ,, sogar noch etwas von der
Bilderschrift" zu haben (S. 920) und in seiner Aeg. Gramm. ^§ 16 verfehlte er nicht, sie als Über-
bleibsel einer älteren Entwicklungsstufe der Hieroglyphenschrift zu verzeichnen. Hierzu kamen
die aus den Pyramiden bekannten Schreibungen wie ¥^°'=^ (n^) und ^^ (t| (loa), die Er-
man in seinem Texte A fand, während B und C, und zwar z. T. im nämlichen Zusammenhang,
die später üblichen Schreibungen aw>^ (8. 18. 62) und |T| H (6. 49 b. 51a. 56. 59) oder JT| (58)
verwenden. Endlich fand Erman auch sprachliche Anzeichen, die dem Texte A ein höheres
Die Teile des Textes
Alter als C geben sollten, wie den Gebrauch der Präposition dr im räumlichen Sinne von ,,in",
,,an" und des Pronomen 2. m. sg. kw ,,dich" (s. ob. S. 4). Beides in der Tat Zeichen für ein
sehr hohes Alter. Aber beweisen diese Anzeichen wirklich, daß Erman's „Text A" im ganzen,
nicht bloß in einzelnen Teilen, älter als C sein muß 1
Neben dem alten ^:=^ %. bietet A an anderer Stelle auch das jüngere s= ^ (13 b), ein Neben-
einander, das auch in den Pyr.-Texten ganz ähnlich zu beobachten ist; dort ist z. B. das kw
in gewissen, offenbar althergebrachten Redewendungen oder Sätzen wie in (j ^ — ^ ^=z^ ^ Ij <=>
„begib dich zu mir" u. ä. immer wieder anzutreffen, auch in Textstücken, die sonst an-
standslos das jüngere tw gebrauchen. Dem altertümlichen kw ,,dich", für das in dem rem
erzählenden ,, Texte C" gar keine Gelegenheit zum Vorkommen war, steht in diesem die
uralte Partikel 1 %> ,,und da", für die wieder in den Gesprächen von A keine Verwendungs-
gelegenheit war, ebenbürtig gegenüber. Die Präposition _^aber findet sich ja ganz ebenso
wie in A so auch in C angewendet (9), kann also nicht wohl als Beweis für das höhere Alter von
A in Anspruch genommen werdend
Nicht anders steht es mit den graphischen Gründen, die Er man für diese Annahme geltend
machte. Die Schreibung ^ °==\ ist keineswegs nur auf die alte religiöse Literatur der Pyra-
miden beschränkt, sondern ist die gewöhnliche Schreibung des AR (z. B. Urk. I, 43. 77. 99. 144
usw.). Zu der entsprechenden Schreibung ^|, die zufällig wohl für das weit seltenere ?;>;/;
„gebären" selbst nicht belegt ist, vgl. den Namen ^fÜ^^ Msj-si- „ein Sohn ist ge-
boren" Garstang, Reqaqnah pl. 28. ,,Text A" selbst aber verwendet auch die jüngere Schrei-
bung l (i8a) und hat die ganz junge, im AR unerhörte Schreibung ^| „Wege" (17 b). Dem-
gegenüber hat der ,,Text C" seinerseits die oben S. 3 und 5 zitierten, höchst altertümlichen
Schreibungen und Formen ^^(i 2 c),^ — ajundf] ^1 (i5c).=^— f '^ (56),<J^?«^(62),
\ \. *^55)' Ir^ ^^ ''^^'^^- ^^) aufzuweisen. Beiden Textteilen ist auch der altertümliche, aus den
Pyramiden bekannte Gebrauch von ndr m im Sinne von ,, etwas fassen" gemeinsam (20a. 62).
Was schließlich die piktographische Gegenüberstellung der Gesprächsteilnehmer betrifft,
so mag sie wohl eine alte Sitte gewesen sein, aber ihre Beibehaltung könnte auf besonderen
Umständen beruht haben und brauchte noch nicht ein Zeitkriterium für den Text oder seine
Niederschrift zu sein. Es sei auf die ganz analoge Stellung hingewiesen, die die Bezeichnungen
des Briefschreibers und des Adressaten und das vom einen zum anderen gehende Wort ,, Befehl"
in den Königsbriefen des AR zu erhalten pflegen : { ^ ^ | H 1^^ ^ NN. „Königsbefehl
an den Oberrichter und Vezier NN." (Urk. I, 60. 62. 128. Weill, Decrets royaux pl. 5. 8. 9.
10. Quibell, Excav. at Saqqara III, 1907/8, pl. 61,2; vgl. meine Bemerkungen dazu Gott.
Gel. Anz. 1912,711 ,'2) . Die Auflösung dafür geben uns die Titel der Königserlasse des MR und der
späteren Zeiten so: 1 "^ ill%"^ NN. „der König befiehlt dem NN." (z. B. Aeg. Lesestücke
10, 14. 70, 15. 98, 3. Urk. IV, 80,7. Pap. Turin 66, 4= Möller, Hierat. Lesestücke III, 6).
Wie hier die Präposition ,wvw. eingefügt ist, die in jener alten Schreibweise nur durch die Gegen-
überstellung der beiden miteinander in Beziehung zu setzenden Personen ausgedrückt oder
I Für ein höheres Alter des A-Textes könnte schon eher der Umstand ins Feld geführt werden, daß C für
Ober- und Unterägypten die Namensformen =^ ^ und =^=. ^ gebraucht (4. 8. 10 c), während A, wenig-
stens in den abgesonderten Feldern in 10 b — 12 b, Formen ohne ===■ hat.
g I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
richtiger angedeutet war, so ist es in unserem Falle die Präposition '^ „gegenüber", ,, ange-
sichts" in der Auflösung, die uns die Texte des Mundöffnungsspieles für die bei uns vor-
liegende Anordnung der Gespräch führenden Personen mit daruntergesetztem |^ „Worte
sprechen" geben: H^lni'^ii "^^^ /w-Priester spricht Worte zu (eig. gegenüber) dem Bild-
hauer" (Schiaparelli, Libro dei funerali I, 122. 144 usw. Lefebure, Sethosgrab III, pl. sff.
Rec. de trav. 22, 11/12). Während wir aber bei den Königsbriefen der Auflösung der pikto-
graphischen Schreibweise schon im MR begegneten, scheint sie hier erst im NR üblich geworden
zu sein. Der sicher aus dem MR datierte Ramesseumpapyrus, der im 2. Teile dieses Buches
veröffentlicht werden wird, hat sie noch nicht; er schreibt vielmehr genau in der Weise unseres
Steines, die also offenbar für derartige Götterdialoge altherkömmlich gewesen zu sein scheint.
Dieses Beispiel zeigt klar, daß auch aus diesem Punkte, der piktographischen Schreibweise,
kein Argument für das höhere Alter der von Erman als A bezeichneten Textstücke zu gewin-
nen ist.
Wenn demnach zwar ein zwingender Beweis für ein höheres Alter der Göttergespräche
(A) gegenüber den erzählenden Teilen (C) mit den von Erman geltend gemachten sprachlichen
und graphischen Gründen nicht erbracht werden kann, so liegt Erman 's Gedanken doch wohl
etwas durchaus Richtiges zugrunde. Was er gefühlt hat, daß die Gespräche eine besonders
altertümliche Schreib- und Redeweise zeigen, das bestätigt sich an den anderen Texten gleicher
Art, dem erwähnten Papyrus wie den Sprüchen des alten Opferrituales. Offenbar sind die
Sprüche, welche die Götter oder ihre priesterlichen Vertreter untereinander wechseln, von den
Schreibern als etwas Heiliges angesehen worden, an dessen altüberlieferter Form möglichst
nicht gerührt werden sollte, wogegen die mehr profane Natur der Erzählung, die aus dem
Munde eines Menschen kam — sei es nun des Verfassers oder eines Vorlesers bzw. Erklärers,
Erman 's Auffassung entsprechend — , eine solche Scheu nicht erweckte, so daß hier äußerliche
Modernisierungen der Form, in den Wortformen wie in den Schreibungen, viel unbedenklicher
vorgenommen werden konnten.
Die Gespräche (Er man 's Text A), ihre Einrichtung und Bedeutung.
In den Göttergesprächen unseres Textes hat Erman die Überreste eines uralten Buches
vermutet (sein ,,Text A"), das ,,in einer Art dramatischer Form die Osiris- und Horussage be-
handelte" (S. 924), die Wechselreden, ,,die bei der Aufführung einer Festfeier v^on den auf-
tretenden Göttern zu sprechen waren" (S. 928, Anm. 2). Dieser Gedanke, den Erman nur im
Vorübergehen als ,, naheliegend" ausgesprochen hat, wird zur vollen Gewißheit, wenn man
die innere Einrichtung des ,, Textes A" näher betrachtet und das Verhältnis seiner Teile zu-
einander richtig versteht.
In den Zeilen 10 — 18, den einzigen des ,, Textes A", die ganz oder fast ganz erhalten sind,
finden wir jedesmal folgendes:
I. zu oberst in der Zeile in der allgemeinen Richtung des Textes geschrieben, also nach
rechts blickend, den Namen des redenden Gottes, ihm gegenüber in entgegengesetzter Richtung
die Bezeichnung der angeredeten Person oder Personen.
Die Gespräche, ihre Einrichtung vmd Bedeutun«'. n
2. die alte Abkürzung für dd md-w „Worte sprechen", die auch in den Tempelbildern
die den Göttern in den Mund gelegten Reden einzuleiten pflegt, andererseits in den Papyri
die zu kultischen oder magischen Zwecken zu rezitierenden Sprüche als eine Art Gebrauchs-
anweisung einführt. In beiden Fällen ist der Ausdruck grammatisch sicherlich als Infinitiv
aufzufassen. Das gleiche ist klar der Fall in dem alten Text von der göttlichen Erzeugung
des Königs Urk. IV, 220/1, wo der Ausdruck in sehr eigentümlicher Weise in der Erzählung
die Wechselreden einleitet und dabei von derselben Präposition hft „gegenüber" zur Einführung
der angeredeten Person begleitet ist, die wir in der später üblichen Auflösung unserer Schreibung
fanden (S. 8). Diese Auflösung führt aber darauf, daß bei uns das dd mdw eher als ein parti-
zipiales Prädikat ,,ist es, der Worte spricht" aufzufassen ist^.
3. die Rede des Gottes, die hier meist die kurze Zeile nicht ganz füllt, sondern am Ende
einen mehr oder minder großen Raum freiläßt, so daß das Ganze das Aussehen hat, wie es bei
uns Verszeilen eines Gedichtes bieten.
4. unter einer horizontalen Linie, die das Vorgenannte unten abschließt, ein kleines qua-
dratisches Feld, das nur einen Gottesnamen ohne weitere Zusätze enthält.
5. ein zweites derartiges Feld, das bei 10 — 12 ebenfalls quadratisch, bei 13 — 18 aber
länger ist und ein oder mehrere Worte enthält.
Alle bisherigen Bearbeiter unseres Textes sind sich darin einig gewesen, daß diese hier
unter 4 und 5 genannten Zeilenabschnitte, die Breasted lob — 12b (zusammen mit der darauf
folgenden Erzählung) und 13 b — 18 b numerierte, in sich selbständige Stücke seien, die hinter
den Stücken loa — 12a und 13a — i8a als Ganzem für sich als ein anderes Ganzes zu lesen
seien. Auch Erman ist bei dieser Auffassung geblieben und hat die Stücke demgemäß mit
Aa (loa — 12a), Ab (lob — 12b), Ac (13a — i8a). Ad (13b — i8b) bezeichnet, wiewohl ihm
nicht entgangen war, daß ein gewisser Zusammenhang zwischen den untereinanderstehenden
Stücken Aa und Ab einerseits, Ac und Ad andererseits bestehe. Der zu Aa und Ab gehörige
erzählende Text (7 — 9), Erman's Cc und Cd, ist auf dem Steine tatsächlich als eine Einheit
behandelt, und die in 10 b — 12b genannten Personen und Dinge sind mit den in loa — 12a
angeredeten Personen und den Dingen, von denen dort die Rede ist, identisch. Erman hat
daher die Stücke Aa und Ab auch unter einer Überschrift behandeln müssen. Er vermutete,
daß Ab die Rede Aa, Ad die Rede Ac als eine Art Nachwort fortsetzen solle, wenngleich ihm
Ad unverständlich blieb. Wäre es aber eine selbständige, etwa an Horus gerichtete Fort-
setzung der Rede des Geb, so hätte sie am Anfang statt des einzeln dastehenden Namen Horus
eine Angabe in der Form, die wir in 11 a lesen, haben müssen.
Diese Auffassung über die Reihenfolge der Stücke des ,, Textes A" in 10 — 18 ist nun
aber gewiß nicht zutreffend. Sie würde den Gepflogenheiten der ägyptischen Epigraphik durch-
aus zuwiderlaufen. Wir kennen die Sitte, einzelne Worte am Ende einer Zeile in einem ab-
gesonderten Felde zu geben, hinlänglich aus den Opfertexten und Opferlisten des AR, die
auch später in den thebanischen Gräbern und Tempeln des NR noch wiederholt werden. Auch
dort haben wir kurze, an den Verstorbenen gerichtete Reden, die in senkrechten Zeilen von
Vgl. dazu gegebenenfalls Lesestücke 85, 20, falls nicht die in den „Erläuterungen" dazu gegebene
Erklärung zutreffen sollte.
U.'^c X, I : Sethc.
jO I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
verschiedener Länge und, wo es sich gibt, mit Freilassung des Endes der Zeile geschrieben
sind, also ganz wie bei uns loa — 12a und 13a — i8a. Darunter stehen dann in kleineren, durch
Querlinien abgesonderten Feldern, ganz wie bei uns in 10 b — 12 b und 13 b — i8b, kurze Be-
merkungen, die stets zu dem darüber (in derselben Zeile) stehenden Spruche gehören, sei es
daß sie den Opfergegenstand nennen, bei dessen Darreichung der betreffende, meist durch ein
Wortspiel darauf bezugnehmende Spruch zu rezitieren ist, sei es daß sie eine Handlung nennen,
bei der dasselbe zu geschehen hat oder die dabei vorzunehmen ist. Im ersteren Falle wird bis-
weilen unter dem Felde, das den Opfergegenstand selbst nennt, die Angabe des Quantums,
das davon zu geben ist, in einem zweiten Felde besonders gegeben. Vgl. die folgenden Bei-
spiele, in denen die Zeilen des Originaltextes hier mit i — 3, 4, 5 — 8, 9 — 11 numeriert und die
Trennungslinien der Felder (laff.) durch || angegeben sind^:
Pyr. 3 IC — 32b nach W. 29 — 31 = N. 257 — 259.
I , , 6> NN. , empfange das sjk des Osiris. "11^ Hjk-Körner 1 1 * , ,Nim.m die Spitze der Brust des
Horus, seiner eigenen. Nimm dir {sie) in deinen Mund {e-rök)". \\ ^a Milch {erötet), i Krug \\
"i ,,Nimm die Brust {mnd) deiner Schwester Isis, der schwellenden (dsj.t), und bring sie in
deinen Mund." \\ "i^ein leerer Krug (ntns^). \\
Pyr. 37 nach W. 37.
4 ,,Nimm die beiden Augen des Horus, das schwarze und das weiße. Bring sie dir in dein
Gesicht, damit sie dein Gesicht erhellen {shd)." || 4» ein weißer und ein schwarzer Krug. Auf-
tragen. II
Pyr. 58b — c. 59a nach W. 82 — 84 = N. 357 — 360.
i ,.Thoth ist es, der sich herbeibringt mit ihm {fem.)", \\ ^^ Altar (hiiv.t) \\
^ ,,er ist herausgekommen {prj) mit {kr) dem Auge des Horus", \\ ^ '^ Totenopfer {pr.t-
r-hrw) geben \\
7 ,,damit ihm das Auge des Horus gegeben werde und er sich daran befriedige {htp)" . \\
T^He! Komm herbei mit dem Königsmahl {htp-nsw.t). \\
^ ,, Osiris NN., nimm dir das Horusauge, nachdem er {Horus) sich daran befriedigt {htp)
hat." II ^^ Königsmahl {htp-nsw.t) das 2. Mal. \\
Pyr. 59c — 6oa nach W. 85 — 87 = N. 362 — 364.
9 ,, Osiris NN., empfange das Atige des Horus, sei damit zufrieden {htp)." \\ 9 ^ Mahl {htp)
des weiten Hofes, 2 Platten. \\
'^^ ,, Führe es dir zu {shm)für dich." \\ *<• ^ sprich die Worte, sitze {hms), schweige. Königs-
totenopfer. II
^'^ ,, Osiris NN., empfange das Auge des Horus, vereinige {t b) es dir mit deinem Munde
{rök)." II '^'^^ Frühstück {i'.w-r), i Laib {Brot) und i Krug {Bier). \\
Hiernach ist auch bei uns a priori anzunehmen, daß die in einer senkrechten Zeile gleicher-
weise untereinanderstehenden Stücke des Textes A zueinander gehören, daß also 10 b zu loa,
II b zu IIa usw., schließlich 18 b zu i8a gehört und unmittelbar dahinter zu lesen ist. Bei
I ob— 12 b (Er man 's Ab) ist das denn auch ohne weiteres einleuchtend, da die dort stehenden
I Am Anfang der Zeilen bei N. die Worte |^ , die wie in unserem Texte die zu sprechenden Worte
kennzeichnen.
Die Gespräche, ihre Einrichtung und Bedeutung. 1 1
Worte, wie schon bemerkt (S. 9), in den deutlichsten Beziehungen zu den darüberstehenden
Worten von loa — 12a (Erman's Aa) stehen, mit denen Geb Ägypten unter Seth und Horus
verteilt. Aa mit Ab in natürlicher Weise, wie sie auf dem Stein stehen, miteinander verbunden,
lauten nun:
^^^Geb spricht Worte zu Seth: ,,geh an den Ort, wo du geboren bist". \\ ^^^ Seth || Ober-
ägypten 1 1 .
^^^Geb spricht Worte zu Horus: ,,geh an den Ort, wo dein Vater ertränkt worden ist." \\
^^^ Horus II Unterägypten. \\
^^^Geb spricht Worte zu Hor^^s und Seth : ,,ich habe euch geschieden" . ^^ ^ {vacat) || Unter-
ägypten und Oberägypten. \\
Bei 13b — i8b dagegen, Erman's Ad, ist ein Zusammenhang mit den darüberstehenden
Worten in 13a — i8a (Erman's Ac) wohl schon durch die wortspielartigen Anklänge gewähr-
leistet, die man hier in jeder Zeile zwischen den beiden Teilen zu erkennen meint: 13a ivd „be-
fehlen" — 13b w/,, Schakal", 14a zu' .tj ,,du allein" — 14b w'.t-j ,,mein Erbe", 15a si ,,Sohn"
— 15b sib ,, Schakal", i6a i{w)' .w „der Erbe" — i6b w' .t-j „mein Erbe", 17a wp-li.t ,, Leib-
öffner" — 17b Wp-wi.xvt ,, Wegeöffner", i8a nisw ,, geboren" — 18 b msw.t ,, Geburt".
Daß Ad mit Ac in entsprechender Weise zu verbinden ist, wie oben Ab mit Aa, darauf
führt aber auch eine andere einfache Erwägung. Stellten Ac und Ad wirklich zwei selbstän-
dige Texte dar, so wäre es ganz unverständlich, warum man die kurze Rede, aus denen beide
beständen, in 6 kurze Zeilen von verschiedener Länge (mit Freilassung des Zeilenendes bei
den kürzeren Zeilen) zerhackt haben sollte, in denen dann jedesmal die einleitenden Worte
,,Geb spricht Worte zu der Götterneunheit" in Ac, ,, Horus" in Ad wiederholt werden mußten.
Es wäre dann ja weit einfacher und ökonomischer gewesen, die beiden kurzen Reden in einer
oder zwei Zeilen von der Länge wie loa — 12a zu geben, in denen sie reichlich Platz gefunden
hätten. So wenig man in loa und iia die 5 bzw. 6 Worte des Geb ,,geh — an — den Ort — wo —
du geboren bist" und ,,geh — an — den Ort — wo — dein Vater — ertränkt worden ist" auf
verschiedene Zeilen verteilt hat, so wenig lag auch hier bei der Rede des Geb an die Götter-
neunheit ein Anlaß vor, das Dutzend Worte, das nach Erman's Auffassung gleichfalls nur
einen Satz bildete, auf 6 Zeilen \on der halben Länge zu verteilen: ^^'"^ ,,ich habe befohlen —
^** mein Erbe — ^^^ jenem Erben — ^^^ dem Sohne meines Sohnes — ^'^ meines Erstgebo-
renen — 1^=1 das ist mein Sohn, der von mir erzeugt ist" (Wortlaut nach Erman's Auffassung
in wörtlicher Übersetzung). Von etwaigen metrischen Rücksichten könnte dabei ja, da 13a
und 14a nur je eine Hebung, 15a — i8a je zwei Hebungen aufgewiesen haben dürften (die
genauen Vokalisationsverhältnisse kennen wir ja nicht), keine Rede sein.
Verbindet man dagegen Ad mit Ac, das in der Auffassung von Er man an und für sich
bis auf den geradezu sinnlosen Schluß in i8a einen vernünftigen Sinn hätte, in derselben Weise,
wie oben Ab mit Aa verbunden wurde, so erhält man nicht nur einen besseren Text, wie wir
später sehen werden, sondern es wird auch das Verfahren des Schreibers sogleich verständlich.
In dem Text war an 6 Stellen eine Nennung des Gottes Horus, auf den sich die Rede des Geb
bezieht, nötig. Einem epigraphischen Harmoniegesetz zufolge, das wir in ägyptischen Texten
allenthalben wirksam sehen, sollte der sechsmal wiederkehrende Name möglichst nebenein-
12 I- T)as Denkmal niemphitischer Theologie.
ander stehen, gerade wie in den oben angezogenen Opfertexten die Nennung der Opfergegen-
stände und ihre Maße, in den Königsinschriften die Ringe mit den Königsnamen und auf
unserem Steine selbst die Worte |i]j in 12a — i8a und 20a — 21a (bei Breasted nicht ganz
genau) einerseits, in 25 b — 26b und 28b — 35 b andererseits genau ausgerichtet nebeneinander
stehen. Zu dem Zwecke mußte eben der Text in 6 Zeilen gebrochen werden, und da, wo vor
dem Worte Honis weniger Schriftzeichen zu stehen kamen, mußte ein gewisser Raum vor dem
Namen freibleiben. Die Nebeneinanderstellung des in jeder Zeile wiederkehrenden Namens
(Horus) hatte zugleich für den Leser die praktische Wirkung, daß sie die zusammengehörigen
Zeilen 13 — 18 wie eine Klammer (horizontal — ) zusammenfaßte und sogleich in die Augen fal-
lend die Einheit dieses Textstückes erkennen ließ. Der Grund für die sechsmalige Wiederho-
lung des Horus aber gerade an der Stelle, wo sie eintritt, könnte darin gesucht werden, daß
der Name die in einer Art von Wortspiel miteinander verbundenen Glieder der einzelnen Wort-
paare des Textes (ö an Zahl) äußerlich trennen und damit auch wieder für das Auge des Lesers
zu einer Einheit (diesmal vertikal j) verbinden sollte: denn wir fanden ja, daß was in jeder
Zeile dem Horus voratisgeht, mit dem, was ihm folgt, augenscheinlich in einem solchen Verhält-
nis lautlicher lU^ereinstimmung oder lautlichen Anklanges stand (S. 11). Unerklärt bleibt
hierbei zunächst noch die Abgrenzung des Wortes Horus von dem übrigen Texte nach unten
und nach oben durch Trennungslinien, die, wie im balle \ün 10 — 12, ihren besonderen Grund
haben muß.
Daß wir die Stücke lob — 12b und 13b — i8b wirklich in der angegebenen Weise mit
loa — 12a und 13a — i8a zu verbinden haben, wird nun vollends als ganz unzweifelhaft durch
den Ramesseum- Papyrus bestätigt, der hier im Anschluß an die Behandlung unseres Textes
veröffentlicht wird. Er zeigt gleichfalls unter den Göttergesprächen, die ganz ebenso wie bei
uns eingerichtet sind, ein oder mehrere durch Ouerlinien abgeteilte Felder, l'nd diese ent-
halten in der Regel zunächst (im i. Felde) wieder die Nennung einer göttlichen Person, die
entweder mit der angeredeten Person selbst identisch ist (wie bei uns in 10 — 12) oder aber eine
dritte Person ist, von der in dem Gespräch die Rede ist (wie bei uns in 13 — 18). Statt dessen
erscheint nicht selten auch ein Gegenstand, von dem dasselbe gilt, oder aber (w^ie meist in dem
zweiten Felde, wo es mehrere sind) eine Handlung, die bei dem Gespräch oder in seinem Gefolge
vorgenommen sein soll, gerade wie in den Texten des alten Opferrituals, die oben (S. 10)
angeführt wurden. Es kann kein Zweifel sein, daß diese letzteren Nennungen genau so zu
verstehen sind, wie dort, d. h. als sachdienliche Vermerke, die nicht mehr einen Teil der ge-
sprochenen Rede bildeten, sondern außerhalb derselben standen und eine Art Gebrauchsanwei-
sung für den Benutzer des Textes darstellten. Die infinitivische Form, in der die Handlungen
dabei meist genannt sind, bestätigt diese Auffassung. Niemand wird nun aber bezweifeln wol-
len, daß das, was so für die Handlungen gilt, ebenso auch für die Nennungen der Götter und
der Gegenstände gelten muß. Auch sie werden, gerade wie die Nennung der Opfergegenstände
in den Opfertexten, solche gewissermaßen parenthetische Bemerkungen, die nicht einen Teil
der vorhergehenden Rede bildeten, sein müssen. Daraus erklärt sich dann eben die Absonde-
rung von der Rede durch Trennungslinien, die oben bei der Besprechung von 13 — 18 zunächst
noch unerklärt bleiben mußte.
Die Erzählung und ihr Verhältnis zu den Gesprächen. " I ■^
Der eigentliche Sinn und Zweck aller dieser parenthetischen Vermerke, die den Dialog-
stücken unseres Textes und des Papyrus zu- oder eingefügt sind, ergibt sich nun aus der dra-
matischen Natur dieser Texte, die Erman mit sicherem Gefühl für seinen ,,Text A" des Scha-
bako-Steines vermutet hat. Es sind nichts anderes als ,, szenische Vermerke", wie sie in unseren
Theaterstücken in Klammern eingeschlossen oder auch nur in kleineren Typen gedruckt
den Dialog begleiten, Hinweise für die Aufführung des .Stückes, die dem Leser des ,, Text-
buches" eine oft unentbehrliche Ergänzung für das Verständnis bieten, indem sie ihm das,
was er bei der Aufführung mit Augen schaut, ersetzen, wie umgekehrt die Zwischentexte bei
einer modernen Filmaufführung das ersetzen müssen, was der Zuschauer bei einer wirklichen
Aufführung des Stückes durch das Ohr aus dem Dialog erfährt. Von den szenischen Ver-
merken der modernen Theaterstücke unterscheiden sich die entsprechenden Vermerke der
altägyptischen ,, Dramen", wenn wir die uns hier beschäftigenden Texte so nennen dürfen,
durch ihre lakonische Kürze. Da, wo wir in unserem Texte in lo ff. nur die Namen der angeredeten
Götter lesen, würden wir in einem modernen Drama etwa ,,Horus anblickend", ,,zu Horus ge-
wendet" lesen, und da, wo in lo und ii nur die Namen der Länder Ober- und Unterägypten
genannt sind, auf die in der Rede des Geb indirekt Bezug genommen ist, würde man heute
etwa ,,nach Oberägypten weisend" oder ,, meint Oberägypten" lesen. Entsprechend hat man
sich ja auch die Nennung der Opfergegenstände in den Opfertexten zu ,, nimmt den Opfer-
gegenstand x. in die Hand", ,, reicht das x. dar" ergänzt denken müssen, wenn man an die
Anwendung dieser alten Sprüche durch einen den Kult ausführenden Priester denkt. Im
Ramesseum- Papyrus finden sich in den szenischen Vermerken, und zwar stets an letzter Stelle,
nicht selten auch Ortsangaben, die besagen sollen, wo die betreffende Szene spielt, wie das in
unseren Dramen am Anfang der Szenen vermerkt zu sein pflegt.
Die Erzählung (Er man 's Text C i)
und ihr Verhältnis zu den Gesprächen.
Nachdem sich Erman's Vermutung, daß in den Göttergesprächeh, seinem ,, Texte A",
Teile eines dramatischen Werkes zu erkennen seien, so aus der richtigen Verknüpfung der
einzelnen Teile dieses Textes selbst auf das schönste bestätigt hat, fragt es sich, wie sich der
erzählende Text, der diese dramatischen Gespräche begleitet und sich auf dieselben Gegen-
stände bezieht (Erman's C i), dazu verhält.
Erman hat ihn, wie gesagt, für einen Kommentar dazu erklärt. Ein Blick auf die nach-
folgende Skizze, in der die Grenzen der von Erman unterschiedenen Abschnitte, wo sie mit
Linien des Originals zusammenfallen, durch eine Verstärkung der Linie angedeutet sind, wird
aber sogleich davon überzeugen, wie seltsam die Anordnung dieses angeblichen Kommentars
wäre.
Cc und Cd, die nach Erman Aa und Ab kommentieren sollen, sind im Original als ein
fortlaufender und, da 9 mit einem leeren Raum endet, in sich abgeschlossener Text behandelt.
Das stimmt durchaus zu unserer oben gewonnenen Erkenntnis, daß Aa und Ab selbst zu-
sammen eine Einheit bilden. Sehr seltsam muß es aber erscheinen, daß der ,, Kommentar"
auf dem Stein dem zu erklärenden Texte vorautgeht.
14
loa iia 12a
I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
13a 14a X5a i6a 17a ' i8a
19
20a I 21 a
23
Reden des Geb
Seth
an
an
HorusiHorus
und
Seth
Rede des Geb an die Götter-
neunheit
Erman's Text A c
13 b 14b 115b i6b 17b iSb
Erman's
Texte C c/d
c= 7—9
d = 9
Erman's Text
Aa
lob ; II b 12 b
Erman's Text Ad
(Erman's Text A b)
Seth
Horus
i f »
IOC HC I 12 C
Erman's Text
Ce
13c I 14c I isc 1 i6c I 17c i8c
Erman's Texte C f /g
(13 c — i6c)
und Anfang von C h
(i6c— i8c)
X
W
Reden
des I der
HoruS' Isis
an und
Isis INeph-
und , thys
Neph- an
thys Osiris
Erman's
Text Ae
{unterer Teil
zerstört)
20 b i 21 b
U
o
U
X
E
Dieselbe Ungeheuerlichkeit finden wir bei Ce, einem ebenfalls mit einem leeren Räume
in I2C endigenden und damit als abgeschlossen gekennzeichneten Stück', das nach Er man
das Stück Ac erklären soll und doch auf dem Steine so angebracht ist, daß ein unbefangener
Leser es vor diesem Stücke lesen muß.
Für die Stücke Cf und Cg, die auf dem Stein weder untereinander noch gegen das nächste
Stück Ch irgendwie abgegrenzt sind, wußte Er man keine rechte Beziehung zu finden. Nur
weil es ihm für Ad an einem Kommentar fehlte, sprach er vorsichtig die Vermutung aus,
daß Cf und Cg diesen bilden könnten. Tatsächlich besteht aber gar kein Zusammenhang
zwischen dem Inhalt von Ad und Cf/g. Da Ad, wie oben gezeigt wurde, zu Ac gehört, kann
es auch gar keinen besonderen Kommentar gebrauchen, so gut an sich die Anordnung von
Cf und Cg unter Ad dazu passen würde.
Ganz seltsam aber stellt sich uns Erman's Ch dar, in dem er den Kommentar von Ae
erkennt. Nicht nur, daß dieses ,,Kommentar"stück sich an Cg so unmittelbar in i6c anschließt,
daß es mit diesem zusammen als ein fortlaufender Text erscheinen muß — im Gegensatz zu
der Abgrenzung vor und nach Ce — ; es läuft auch, nachdem es den Raum unter den Stücken
Ac und Ad, mit denen es nichts zu tun hat, verlassen hat, in 19 vor dem angeblich von ihm
zu erklärenden Texte Ae, die ganze Zeile hinunter setzt sich dann unter diesem in 20b. 21b
fort, um nachher in 22. 23 hinter ihm wieder die ganze Zeile hinunterzulaufen. Der ,, Kom-
mentar" rahmt hier also den zu erklärenden Text Ae von drei Seiten ein und schnürt ihn von
den anderen A-Texten ab.
Ähnlich wunderliche Verhältnisse müssen nach den spärlichen Resten, die von 24 ff. er-
halten sind, bei den folgenden Stücken vorgelegen haben, die Erman als Af und Ag zu-
I Das Ende von iic ist nicht, wie es Breasted's Zeichnung gibt, freigelassen, sondern die letzten
5 Zeichen sind so weitläufig gesetzt, daß das letzte [ V\J am Ende der Zeile steht, in gleichem Abstand von
der unteren Zeileneinfassung wie in 8 c und sonst.
Die Erzählung und ihr Verhähnis zu den Gesprächen. I r
sammengefaßt hat, von denen das letzte Stück aber in Wahrheit durch kurze Stücke erzählenden
Textes, nämlich in 24b (von Breasted versehentlich nicht von 24a unterschieden) und i-n
27 b, unterbrochen war (s. d. Kommentar). Hier tritt der „Text A" auch in den unteren Hälften
der Zeilen auf, während er vorher nur in den oberen anzutreffen war.
Der Tatbestand, wie er hier vorgeführt worden ist, zeigt wohl klar, daß der ,,Text C"
unmöglich ein Kommentar zu dem ,,Text A" gewesen sein kann. Wer würde einen Kommentar
vor dem zu erklärenden Texte geben ? Wer würde ihn und den zu erklärenden Text in so verwir-
rendem Hin und Her geben, wie es auf unserem Steine der Fall wäre ? Wie unbegreiflich müßte
es scheinen, daß der angebliche Kommentar in Cf, Cg und Ch, ohne jeden Absatz zu machen,
unter Ac und Ad hin- und dann um Ae herumläuft, während er in Cd und Ce deutlich absetzt ?
Und dieses Absetzen ist noch schärfer markiert durch den Wechsel der Zeilenhöhe zwischen
Cd und Ce und zwischen Ce und Cf, der durch die Anordnung von Aa/Ab neben Ac/Ad
bedingt ist^
Diese Anordnung, bei der Aa/Ab etwas tiefer hinabreicht als Ac/Ad, .scheint auf das
klarste zu beweisen, daß Erman's Text C nicht ein selbständiger, von A zu trennender Text
sein kann, sondern ein integrierender Bestandteil eines und desselben Textes sein muß. Es wäre
für den Schreiber unseres Steines ja eine Kleinigkeit gewesen, die Zeilen lob — 12b und 13b
bis 18 b in gleicher Höhe endigen zu lassen und damit den ,,Text C" vor dem Stufenweg zu
bewahren, den er jetzt in 13 c einschlägt, nachdem er vorher in 12 c einen Absatz gemacht
hat. Und ebenso ließ es sich leicht einrichten, daß der angebliche Kommentar zu Ae, Erman's
Ch, entweder ganz vor Ae oder vor und unter Ae untergebracht wurde, anstatt um diesen Text
herumzulaufen und, von Cg nicht getrennt, einen seltsamen Zickzackweg zu beschreiben.
Wirft man die These, daß die erzählenden Stücke einen selbständigen ,,Text C" neben
dem ,,Text A" darstellen müssen, über Bord, wie es nach alledem geboten scheint, und liest
die Zeilen in der natürlichen, durch ihre Anordnung gegebenen Folge, so erhält man einen
durchaus vernünftigen einheitlichen Text, in dem Erzählung und Gespräche miteinander
abwechseln (wie das in 24b — 35 b ganz augenscheinlich der Fall gewesen ist). Und zwar derart,
daß jedes Gespräch eben an der Stelle die Erzählung unterbricht, wo es nach Lage der Dinge
hingehört. Vgl. die folgende Inhaltsübersicht, die den allgemeinen Gang des Textes erkennen
läßt.
7 — 9. Erzählung (Cc. d): Geb schlichtete den Streit zwischen Horus und Seth, indem
er Ägypten unter sie teilte.
loa/b — I2a/b. Reden des Geb (Aa. Ab) an Horus und Seth: sie sollen an die ihnen zu-
gewiesenen Orte gehen, nach Ober- und Unterägypten, die nun geschieden sein sollen.
IOC — I2C. Erzählung (Ce). Es reute Geb, daß der Anteil des Horus und des Seth
gleich sei, und daher gab er sein Erbe ganz dem Horus als dem Sohne seines Sohnes.
I Es kommt ja bei griechischen Katenentexten und in hebräischen Bibelkommentaren in der Tat vor,
daß der Kommentar den zu erklärenden Text umrahmt, doch ist daim stets ein freier Raum rings um den
Text gelassen und dieser ist in anderer Schrift geschrieben. Vor allem wechselt aber eine Hs nicht im Ver-
fahren derart, daß sie den Kommentar bald um den Text herum, bald vorher, bald darunter setzt, wie es
bei uns der' Fall sein würde.
l() I. Das Denkmal memphitisclier Theologie.
i3a/b — i8a'b. Rede des Geb (Ac. Ad) an die Götterneunheit. in der er, zu Horus gewandt
und diesen z. T. auch anredend, einen entsprechenden Befelil ausspricht.
13c — i8c. 19. Erzählung (Cf — Ch, Schluß nach 62 63 zu ergänzen): Horus erschien
als König von ganz Ägypten, dessen Vereinigung in Memphis stattfand und dort im Tempel
des Ptah symbolisch verewigt wurde. Das war das Land, wo sich das .Schicksal des Osiris er-
füllte. Er war dort ins Wasser gefallen. Horus befahl der Isis und Nephthys, zu verhüten, daß
er ertrinke.
2oa — 2ia. Rede des Horus (Ae) an Isis und Nephthys: sie sollen den Osiris fassen. —
Rede der Isis und Nephthvs an Osiris: wir kommen und nehmen dich.
2ob. 21 b. 22. 2^. Erzählung (Ch, nach 63/64 zu ergänzen): Isis und Nephthys brachten
den Osiris ans Land. Er kam in die Erde in der (späteren) ,, Königsburg" im Norden dieses
Landes. Es geschah {?), daß die ,, Königsburg" [daselbst] gebaut wurde.
24a — 35a. Rede des Geb an Thoth (Af), wie es scheint über die ,, Mauer" d. i. Memphis,
da dieser Gesprächsgegenstand in den szenischen Vermerken genannt war.
24b. [Erzählung, verloren].
25b — 26b. Rede an Isis (Ag).
27b. Erzählung: Isis ließ etwas oder jemand holen.
28b — 35b. Rede der Isis an Horus und .Seth (Ag): sie sollen sich vertragen.
Wer unbefangen diese Inhaltsangabe betrachtet, wird nicht im Zweifel sein können, was
der erzählende Text (Erman's Ci) hier in Wahrheit bedeutet. Es ist offenbar der verbindende
Text zu den Göttergesprächen, der die Vorgänge berichtet, aus denen diese hervorgegangen
sein sollen.
Das wird denn auch durchaus durch den Ramesseum-Papyrus bestätigt. Auch dort wech-
seln die Göttergespräche, die, wie gesagt, ganz in der nämlichen Weise behandelt sind, wie bei
uns mit kürzeren erzählenden Stücken ab, die dort stets mit hpr-n ,,es geschah, daß" beginnen;
eine Form der Erzählung, die sich auch in unserem Texte mehrfach findet (15c. 54. 58). Ein
glücklicher Zufall hat uns dort auch die Anfangsworte des ganzen Textes erhalten. Sie sind,
wie zu erwarten, erzählend.
Das Drama als Ganzes.
Es ist klar, daß die Auffassung, die so von dem Verhältnis der erzählenden Teile zu den
Gesprächen gewonnen wurde, zu dem Ergebnis, das sich oben für die Bedeutung des ,, Textes
A" ergab, noch besser paßt als die von Er man vertretene Meinung, daß sein ,,Text C" ein
Kommentar dazu sei. Erst durch einen solchen verbindenden Text wird das ,, dramatische"
Werk vollständig. Was sich uns von diesem Werk erhalten hat, sind nun nicht mehr einzelne
Bruchstücke, zusammenhanglose ,, Fragmente", die in einem gelehrten theologischen Buche
kommentiert sind und sich nur dadurch erhalten haben, sondern ganze Szenen in ihrem natür-
lichen Zusammenhang, in dem sie von Anfang an standen.
Dabei entsteht nun aber eine neue Frage: wie hat man sich den Gebrauch dieses verbin-
denden Erzählungstextes bei der Aufführung oder praktischen Benutzung (Rezitation) des
Dramas zu denken ? Als eine Beschreibung der durch die Spieler mimisch darzustellenden Hand-
Das Drama als Ganzes. I 7
lungen kann die Erzählung nicht angesehen werden, weil sie vielfach auch Dinge enthält, die
für den Gang und den Kausalnexus der Handlung bedeutsam, die aber schlechterdings nicht
darstellbar sind. So, wenn es heißt, daß es Geb reute, daß der Anteil des Horus dem des Seth
gleich sei, oder daß Geb den Seth und den Horus zu Herren in den beiden Reichshälften ge-
macht habe, den einen ,,da, wo er geboren war, in der Stadt Sw", den anderen ,,da, wo sein Vater
ertränkt worden war, in PssJ- ii.wj" (8). Diese Angaben, die bis auf die Ortsnamen wörtlich
der zugehörigen Rede des Geb nachgebildet sind, waren für die mimische Aufführung völlig
zwecklos und überflüssig; sie sehen aus wie eine Paraphrase, die diese Rede geradezu ersetzen,
entbehrlich machen sollte. Ebenso hat eine Angabe wie ,,und so wurde wieder vereinigt dieses
Land, benannt mit großem Namen Ti-inn, der südlich von seiner Mauer ist, der Herr der
Ewigkeit" (13c) in der Beschreibung einer Mimik keinen Platz. Desgleichen, wenn dem Namen
des memphitischen Gaus die Bemerkung beigefügt wird: ,,der Ort, wo die beiden Länder ver-
einigt werden" (14c) oder der Nennung des Ptah-Tempels die Bemerkung ,,die Wage der
beiden Länder, in der das oberägyptische und das unterägyptische Land gewogen worden sind"
(i6c). Vor allem wären dabei auch erklärende Sätze wie ,,das ist Horus und Seth, die sich ver-
trugen" (15c), ,,das ist der Sohn seines Sohnes, sein Erstgeborener" (iic/i2c), ,,das ist dieses
Land, wo . . ." (3. i6c), die Er man wohl zu seiner Auffassung von dem Kommentar gebracht
haben werden und die sich ähnlich auch im Ramesseum- Papyrus den erzählenden Stücken bei-
gefügt finden, undenkbar.
Man wird angesichts solcher Elemente in dem verbindenden Erzählungstext wohl nur
annehmen können, daß auch dieser Text bei der Aufführung von einer an der eigentlichen
Darstellung unbeteiligten Person, die selbst keine Rolle in dem Drama spielte, gesprochen
wurde, etwa von einem , .Vorlesepriester", der das .Spiel leitete. Auf moderne Verhältnisse
übertragen würde sich die Sache also so darstellen, daß bei der Aufführung selbst durch die
Darsteller nur gewisse prägnante Szenen unter Deklamation gewisser vielleicht altheiliger
kurzer Gespräche aufgeführt würden und daß alles übrige, was zum Verständnis der Handlung
nötig ist, den Zuschauern durch den Theaterdirektor erzählt würde. Die Parallele mit den
Zwischentexten der Filmaufiführungen, die schon einmal gezogen wurde, drängt sich auch hier
wieder auf; sie ist hier noch vollständiger.
Wenn sich demnach unser Text als eine Erzählung mit Einflechtung dramatischer Szenen,
bestimmt zum öffentlichen Vortrag und Aufführung vor den Teilnehmern eines religiösen
Festes, darstellt, so tritt er damit ganz an die Seite der mittelalterlichen ,, Mysterien", der
Oster- und Weihnachtsspiele, die aus den gottesdienstlichen Handlungen dieser Feste hervor-
gegangen sind und z. T. direkt aus dem Vortrag einer irrig dem Augustinus zugeschriebenen
Weihnachtspredigt entstanden sein sollen. Mit diesen Spielen hat unser Text auch das
gemein, daß er die einzelnen -Szenen, welche zur Darstellung kommen, nicht in streng chrono-
logischer Folge bringt. Er behandelt ja z. B. den Tod des Osiris nach der Thronbesteigung
des Horus, die nach der jedenfalls später herrschenden Form des Mythus erst darauf folgen
mußte, und ebenso scheint die Erbauung der ,, Königsburg" von Memphis erst nach ihrer
Erwähnung in der Erzählung vom Ende des Osiris berichtet worden zu sein. Auch die
Friedenstiftung der Isis zwischen Horus und Seth in 27 b — 35 b dürfte dort etwas post festum
UAe X, 1: Set he. 3
jö I. Das Denkmal memphi tischer Theologie.
gekommen sein. Was in einem streng die Handlung fortführenden Drama ganz unmöglich
erscheint, die Aufführung gelegentlich erwähnter Vorgänge der Vergangenheit, wie das bei
der Episode vom Ende des Osiris der Fall zu sein scheint, ist für die mittelalterlichen My-
sterienspiele geradezu charakteristisch. Wurde z. B. in einer der Weissagungen \-on der An-
kunft des Messias, die beim AVeihnachtsfest vorgetragen wurden, Bileam erwähnt, so erschien
ein Priester, der den Genannten darstellte, mit einem Esel im Chor der Kirche.
Der Vergleich mit den mittelalterlichen Mysterienspielen macht uns nun auch wohl
eine seltsame Erscheinung verständlich, die bei unserm Text wie auch bei den anderen ähn-
lichen Texten (Ramesseum-Papyrus, Ritual) auffallen muß, die Dürftigkeit der Götterreden,
die oft nur den trivialsten Inhalt in geradezu lakonischer Kürze und in scheinbar formloser
Gestalt bieten, in merkwürdigem Widerspruch zu der auszeichnenden Behandlung, die sie
augenscheinlich in der Niederschrift des Textes erfahren. Man wird dadurch zu der Annahme
gezwungen, daß ihnen irgendein anderer Wert für die Hörer innegewohnt haben muß, daß
es sich um ein altheiliges, pietätvoll gehütetes Gut handelte, etwa wie Bibelzitate in den christ-
lichen Mysterienspielen oder in einer Predigt. Man denke sich etwa eine Szene in einem Oster-
spiel, in der der Engel zu den zum Grabe des Heilands kommenden Frauen nichts weiter sagte
als ,,er ist auferstanden". Die in unseren Texten verwendeten Gespräche werden von dem alten
Ägypter als wirkliche ,, Gottesworte" angesehen worden sein. Worte, die die betreffenden
Götter bei dieser oder einer anderen Gelegenheit wirklich gebraucht haben sollten, wogegen
die einkleidende und verbindende Erzählung, die der leitende Priester vortrug, als Werk von
Menschenhand gegolten haben wird. Damit erklären sich, wie schon oben S. 8 gesagt
wurde, die alten Sprachformen und die alte Schreibweise in diesen Reden, die Er man so auf-
fielen. So kommen wir denn auf anderem Wege wieder auf Er man 's These zurück, daß die
Götterreden älter als der erzählende Text sein dürften. Stammt dieser vermutlich aus den An-
fängen der geschichtlichen Zeit, so können sie gegebenenfalls noch in die vorgeschichtliche
Zeit zurückreichen.
Im übrigen stellt sich das Verhältnis zwischen den erzählenden Teilen imseres Textes
und den Göttergesprächen, die er enthält, nach der Auffassung, zu der uns die vorstehende
Untersuchung geführt hat, gerade umgekehrt dar, als es Er man sich vorstellte. Tatsächlich
ist die Erzählung nicht ein Kommentar zu den Gesprächen, der ohne diese ganz in der Luft
schwebte, sondern die Gespräche sind Einlagen der Erzählung, die man herauslösen könnte,
ohne daß die Erzählung dadurch im geringsten gestört würde.
Der rechte Teil des Steines,
das Verhältnis seiner Texte (Er man 's B und C 2) zueinander
und zu denen des linken Teiles.
Nachdem sich uns die enge Zusammengehörigkeit des ,, Textes A" mit dem zugehörigen
Teile von C erwiesen und gezeigt hat, daß C die Rahmenerzählung zu den dramatischen
Göttergesprächen von A darstelle, wird man auch das Verhältnis des ,, Textes B" zu A und
zu dem zu ihm gehörigen Teile von C einer Revision zu unterziehen haben.
Der rechte Teil des Steines, das Verhältnis seiner Texte zueinander und zu denen des linken Teiles. ig
Wenn der erste Teil von C kein Kommentar zu A ist, so wird auch der zweite, wie Erman
erkannt hat, von ihm nicht zu trennende Teil (C 2) voraussichtlich kein Kommentar zu B,
der Liste der Erscheinungsformen des Gottes Ptah, sein, sondern er wird, wie dieses Stück
selbst, ebenso zu einer solchen, wenn nicht derselben religiösen Erzählung gehören, die zum
Festvortrag vor andächtigen Hörern bestimmt war. In der Tat sehe ich nichts, was einer solchen
Vorstellung widerspräche, noch auch was einer Anknüpfung dieses Textes an den ersten Teil
im Wege stände, wenn man annimmt, daß zu diesem zweiten Teil des Festvortrages entweder
keine dramatischen Einlagen gehörten oder in der Niederschrift, die uns vorliegt, weggelassen
sind, was ohne Schaden geschehen konnte, da es eben nur Einlagen waren, wie das oben für
den linken Teil des Steines festgestellt werden konnte. An sich wäre es durchaus denkbar,
daß solche Gespräche etwa in Form autoritativer Aussprüche des Schöpfergottes Ptah dazu
gehört hätten, aber notwendig scheint es bei dem mehr dogmatischen Charakter des Textes
nicht, abgesehen von den letzten Zeilen, die großenteils wörtlich mit der Szene vom Ende des
Osiris übereinstimmen und daher von Rechts wegen eine Wiederholung der dazu gehörigen
Gespräche haben sollten. Aber vielleicht ist diese Wiederholung eben der Grund dafür gewesen,
daß man die Gespräche hier wegließ. Diese Szene vom Ende des Osiris tritt an beiden Stellen
als eine gelegentlich augenscheinlich zur Begründung der Heiligkeit des memphitischen Bodens
erwähnte Episode auf. Es wäre durchaus denkbar, daß auch die mythologischen Stücke,
die den linken Teil des Steines füllen und in denen überall Beziehungen zu Memphis hervor-
treten, eigentlich überhaupt nur gelegentlich berührte Episoden in dem zum höheren Ruhm
von Memphis und seines Gottes Ptah verfaßten Texte gewesen seien.
KOMMENTARE
I. Weihinschrift des Königs Schabako.
Horizontalzeile mit monumentaler Schrift.
rechts desgl., aber mit '^^^ statt '-' » .
Es lebt König Schabako, der von Ptah bzw. Soker, der südlich vo7i seiner Mauer ist, Ge-
liebte, der lebt wie Re ewiglich.
Die für die Weihung von Denkmälern übliche Formel, durch die der Inschriftstein als ein
von dem äthiopischen König Schabako in den Ptah-Tempel von Memphis geweihtes Denkmal
gekennzeichnet ist. — .Soker ist, wie das Beiwort ,,der südlich von seiner Mauer wohnt"
deutlich erkennen läßt, einfach als anderer Name des Ptah angesehen.
2. Bericht über die Entstehung des Denkmals.
Horizontalzeile mit gewöhnlicher Schrift am Kopf des eigentlichen Textes.
kTfl^°Ii^k£Sä' kr¥(MiyDZ2i-^'^AfS
'^ Seme Majestät schrieb^ dieses Buch von neuem^ ab im Hause seines Vaters Ptah,
der südlich von seiner Mauer wohnt. Seine Majestät hatte {es) gefunden als ein Werk"^ der
Vorfahren, inder?i {es)^ von Würmern zerfressen^ war. Man kannte es nicht von Anfang
bis SU Ende^. Da schrieb es Seine Majestät von neuem abs, so daß {es'\ schöner ist^ als es
früher war\ damit sein Name dauere und seift Denkmal währe i?n Hatise seines Vaters Ptah,
der südlich von seiner Mauer wohnt, in der Länge der Ewigkeit^, als etwas, das der Sohn
der Sonne Schabako für seinen Vater Ptah- Ti-tnn ^ machte, damit er mit Leben beschenkt sei.
a) sphr , .abschreiben" (ypitpew) Kanop. 24. Math. Handb., Titel; speziell auch, wenn etwas
auf einen Stein abgeschrieben wird, der im Tempel aufgestellt werden soll, um das betr. Schrift-
stück zur öffentlichen Kenntnis zu bringen, Weill, Decrets royaux pl. 4,1. Kanop. 17. So hier. —
„Der König schrieb ab" im ägyptischen Sprachgebrauch für ,,ließ abschreiben".
1 Einfache Zahlen am Anfang der Abschnitte wie in den Verweisen beziehen sich auf die Zeilen des
Textes nach Erman-Breasted's Numerierung.
2 .So hat das Original nach dem Abklatsch,
Kommentar. Zeile l — 4. 21
b) n >/nwJ ,,von neuem" unorthographisch für m nßw.t.
c) ir ti „getan von" Part. pass. perf. mit Genitiv des Subjekts oder Relativform des
sdm-n-f. Die mask. Form bezieht sich auf sh pn „diese Schrift", vgl. Einsetzg. des Veziers
Note 59 (Unters. V 63).
d) iw ,,es ist" kein Fehler für hü-j.
e) wntn n „gegessen von" wie c.
f) Der Sinn dieses Satzes kann entweder sein, daß die Schrift bisher völlig unbekannt
gewesen war, was zu der Auffindung paßte, oder völlig unverständlich war; oder aber, daß sie
nicht mehr ganz vorhanden (falls man rh ,, gekannt werden" in dem modernen Sinne von
,,da sein" gebrauchen konnte), oder nicht mehr ganz lesbar war, was beides zu den Lücken
des Textes paßte. Keinesfalls können die Worte aber mit Er man so gedeutet werden, daß
dem Texte Anfang und Ende fehlte.
g) oder 'fi-n spkr 'ysli pn\ ,,da [wurde diese Schrift] abgeschrieben" ?
h) nfr sw ,,es ist schön", hier deutlich eingeschobener Zustandssatz, am besten mit ,,so
daß" zu übersetzen, w in Resten noch erhalten, wo Br. ein zerstörtes ni sah.
i) Zu dem seltsamen Ausdruck r imj-f hr-Ißt, der ,,a!s sein früherer Zustand" bedeuten
muß, vgl. außer den schon von Er man angezogenen Stellen: \\ ^^ ,,wie ihr früherer
Zustand" ÄZ l'].']}) (Perserzeit).
k) für m iivJ d.t, eine besonders im AR sehr beliebte Redensart für „ewiglich", die auch
kir\ r-^-^^l geschrieben wird. Das Determinativ ^^-^ deutet vielleicht auf eine be-
sondere Bedeutung von izvJ hin, da es bei iw ,,lang sein", 3w ,, Länge" (stets mask.) im AR
sonst zu fehlen pflegt.
1) Zu diesem Namen des Ptah s. u. zu 13c unter c.
3. 4. Bruchstück einer Erzählung (Erman's Ca). •
Die Entstehung Ägyptens aus, in und durch Ptah.
^ i\
T^' n Q
l
£^
fi
— ^^w.^,
3. . . . Ptah, das ist dieses [Land]^, benannt'^ mit großem Namen \Ti-i\nn^ ......
4. . . . das ist das ober- und unterägyptische Land^^. Der Vereiniger dieses [^Landes]^ ist
erschienen als König von Oberägypten und erschienen als König von Unterägypten^ ....&.
a) Pth pn ,, dieser Ptah" ist kaum möglich. Vor pn ist gewiß wie in 4 das Wort = ti
,,Land" ausgefallen, das in der alten Handschrift nur als ein Strich — stand und bei der schlech-
ten Erhaltung vom Abschreiber übersehen wurde. Der Text lautete also wie in 13 c. Ptah
wird hier wie dort als Verkörperung des Landes Ägypten bezeichnet sein, von dessen Ent-
stehung und Benennung die Rede zu sein scheint; sein Name wird hier aber wohl der Schluß
eines Satzes sein, ti pn ,, dieses Land" für Ägypten schon Pyr. 414c. 1095b. 1425c. 1455c
und besonders 199a in einem Zusammenhang, der sich in seinem kosmogonischen Gehalt
mit unserer Stelle (im übrigen aber mit der Parallelstelle 13 c) berührt, jedoch noch nach der
älteren heliopolitanischen Lehre Atum statt Ptah als Ursprung ,, dieses Landes" nennt: . — ai
22 I- Das Denkmal memphitischer Theologie.
^ au^ . . ^^ ,,du Stehst über ihm, diesem Land, das aus Atum hervorge-
kommen ist" (Ergänzung nach späteren Paralleltexten, s. Pyr. III, S. 13). Hier folgt auf das t^ p7i
ein Relativsatz (in Form eines Partizipiums), bei dem das Demonstrativ dann eine vorausweisende
Rolle, ähnlich wie in unserm ,, derjenige, welcher" spielen kann. Ebenso auch bei uns; und
daß das pn dabei in der Tat in der eben angegebenen Weise zu verstehen ist, macht i6c wahr-
scheinlich, wo wir genau die gleiche Wortfolge /5 pn p7v mit Relatixsatz in dem Sinne von
,,das ist das Land, wo das und das geschah" gehabt haben dürften. Ist das aber richtig, so
wird in dem verlorenen Anfang unseres Textes bereits einmal von dem Lande in irgendeiner
Form die Rede gewesen sein müssen (was ja ohnehin anzunehmen ist), damit das pzv (nicht
das pn) seine Beziehung erhält.
b) Zu mi/ von der Namengebung vgl. Urk. IV, 260/1 in dem uralten Text von der Thron-
besteigung des Königs, der, wie oben S. 4 gesagt, starke Berührungen mit unserem Texte zeigt.
c) Vor nn ist, wie Er man richtig gesehen hat, ' ausgefallen, vielleicht aber auch wieder
nur das -^=- wie vorher und nachher in 4. Näheres zur Sache s. u. zu 13 c, nach welcher Stelle
auch das unmittelbar folgende zu rsj inb. f zu ergänzen ist.
d) Die Schreibung mit 2 Stadtzeichen ist die seit dem NR übliche. — Die Voranstellung
Oberägyptens, die in unserem Texte überall vorliegt (mit Ausnahme von 12, wo wegen der festen
Verbindung ^^ >5:lj das Umgekehrte vorliegt) und auch in der Nennung des Seth vor Horus
in S und 10 zum Ausdruck kommt, entspricht dem Brauch der ältesten geschichtlichen Zeit
vor Dyn. 4 (s. AZ 44, 15) wie der späteren Zeiten seit Dyn. 6 und paßt also zu dem oben S. 5
vermuteten Alter des Textes.
e) Vor pn fehlt voraussichtlich wieder B ,,Land", da smSw ,, Vereiniger" allein ohne
Beziehungswort kaum korrekt sein dürfte. Vermutlich geht das Ganze immer noch auf Ptah,
der ja J ^^ „König der beiden Länder" heißt. Vgl. auch ^»^s^^^^t^^^^S^I^
,,ich erschien als Herr der beiden Länder wie Ti-tnn" Harr. 79,7 und wRit ^^ ^^ ^>. ^D I
EH'^^=_'^r%^^^Tl5^ ^'°" Ramses IL Ann. du Serv. 25, 191.
f) Die Nebeneinanderstellung der beiden parallelen Ausdrücke für das ,, Erscheinen"
des Palermosteines
ihr Seitenstück.
als König von Ober- und Unterägypten hat in der Schreibung
und des alten Thronbesteigungstextes von Derelbahri LVk. IV, 262
g) In der Lücke könnte etwa noch gefolgt sein: m rn-fpwn nswi t^ . wj ,,in seinem Namen
König der beiden Länder".
5. Größere Lücke der alten durch Wurmfraß zerstörten Handschrift,
angedeutet durch Freilassung der ganzen 5. Zeile des Steines.
ö. Bruchstück einer Erzählung (Erman's Cb).
Anerkennung des Ptah als Weltschöpfer durch Atum.
' (freier Raum) ^^]^«q™.^|' §2111111 HT' (f™er Rau,.)
' ,,der, der sich (selbst) erzeugte'^, so sagte Attim^ . ,,der die Götterneun-
heit gebar '"^
Kommentar. Zeile 5 — q. 23
a) 0 l('=u)J ^ rl ^ H '^^^ >><Jer sich selbst erzeugte, als noch kein Gewordenes
geworden war" heißt Ptah, Pap. Berlin 3048,3,1, anderwärts dem Sinne nach ebenso kpr
ds-f ,,von selbst entstanden", Stolk, Ptah (Leipziger Diss. 191 1) S. 20. Daß er auch hier
gemeint ist, zeigt das Folgende.
b) Erman faßte dieses In limiv als Anfang eines Satzes auf: ,,Atum ist es, der die Götter-
neunheit gebar". Das paßt nicht zu 49.50 58. 59 und zu anderen Stellen, wo Ptah und nicht
Atum als (liP'l'll oder sinnentsprechend ^2:^ il'l oder 0'^ |r^i genannt ist (Stolk a. a. O.),
und zu 56, wo „alle Götter, Atum und seine Neunheit" geboren sein sollen durch die Wirksam-
keit des Ptah.
Bei richtiger Auffassung des }/■/ Itni.w enthält das Ganze eine Anerkennung des Ptah
als älterer Gott durch den von ihm gewissermaßen entthronten Atum, die durchaus zu dem
Geist des ganzen Textes paßt. Die beste Übersetzung wäre hier, wo es sich nicht um die Wieder-
gabe eines Gespräches zu handeln scheint, wohl: ,,wie Atum sagte".
«=) Vgl. |^^^=-l-lZISl1iPä^?111i ^'^'■'- ^^^'^ ^°^"- '^^- ~" Die Schreibung von
psd.t ,,Götterneunheit" verbindet die alte Schreibung der Pyr. | j | | | | | 1 1 (") "''•'^ <^^''
jüngeren | | | (55- 56). — Das Ganze kann ebensogut eine Fortsetzung der auf Ptah be-
züglichen Worte des Atum sein wie die Worte einer anderen Person, die im Folgenden ebenfalls
durch ]n ,,so sagte" eingeführt war wie vorher Atum.
7 — g. Erzählung (Erman's C c. d).
Teilung des Landes zwischen Horus und Seth.
'(freier Raum) (| j' =^"111111111°^ ZTIä, f Zl^ " (fr"" '^='""'> '
^>H'=^P™— '|^@a" =\T~a V"^k^°\T = D V (Absatz).
1 .... es versammelte sich ihm die Götterneunheit^\ er schied Horus und Seih ^ ^.
8 Er verhütete, daß sie stritten <', und er setzte den Seth zum oberägyptischen König im ober-
ägyptischen Lande ^, an dem Orte, wo er geboren zvar^, in SwS. Und so setzte Geb den Horus
zum unterägyptischen König im unterägyptischen Lande, an dem Orte, wo sein Vater ertränkt
worden war^\ in Pss.t-ti .wj {^„Hälfte der beiden Länder'')'. Und so stand Hortis auf emer
Stätte^ tmd stand Seth auf einer Stätte^, indem sie sich verfrtigen in bezug auf die beiden
Länder"^ in "AJan'^, das ist die Grenze der beiden Länder (oder: das war die Abgrenzung
der beiden Länder) " °.
a) Vb mit Akk. bedeutet in den Pyr. stets ,,sich vereinigen mit jemandem", nicht ,, ver-
sammeln", dagegen bedeutet es mit Dativ ,,sich um jemanden versammeln", insbesondere
1 So gestellt im Original, 2 So J^ in der charakteristischen ahen Zeichenstellung.
3 So deutlich. das Original (Abklatsch), nicht
4 Im Original ebenso wie nachher so gestellt ^, nicht so wie Breasted gibt.
2^ I. Das Dpiikmal inemphitisrlicr Theologie.
auf seine Einladung, s. Pyr. 1617b. 1646b ('Pseudop. i plur.). 1647b, in einem Zusammenhang,
der lebhaft an unsere Stelle erinnert; denn auch dort ist esGeb, der die Götter so um sich ver-
sammelt. Daß er auch bei uns gemeint ist, und nicht etwa Thoth oder Ptah, der Pap. Berl.
3048, 12,3 ^ !^ ^^ Jn 3 ,,der die beiden Herren (Horus und Seth) schied" heißt^ geht aus
loa — 12a hervor. Es ist bezeichnend, daß in unserm Text wie im Ramesseum-Papyrus immer
Geb als das Oberhaupt und der Sprecher der Götter erscheint. — Dem l'S ging vielleicht
die Partikel sw voraus (wie in 61) oder es hing von einem anderen Satze ab.
b) Wo Horus und Seth in einem Atem genannt werden, befolgt unser Text die alte und
allgemeine .Sitte, den Horus (als Sieger) vorangehen zu lassen, die bis in die heliopolitanische
Periode der vorgeschichtlichen Zeit zurückgehen wird (s. Unters. V, 121); anders verfährt er,
wenn beide Götter einzeln nacheinander auftreten (8. 10. 11).
c) Z. 8 schließt sich inhaltlich so gut an den erhaltenen Text von 7 an, daß man zweifeln
kann, ob der Schreiber des Schabako hier die Lücke am Ende von 6 und 7 mit Recht angegeben
habe (vgl. zu 53). Es wäre ja möglich, daß er das Bruchstück fälschlich in der Mitte statt
am Ende der Zeile angesetzt habe.
d) snt ,, streiten" wird hier für altes r'in(^__ snti^j^ stehen, das Pyr. 1463 c {snt.t parallel
zu hnnw ,, Streit"). 492 b ijntt Passiv parallel zu snj ,, bestreiten", hw ,, schlagen", hsb , .ab-
wehren"). 892a vorkommt; später '^^ f^ Leid. V. 88,10, ^ ^1 Vogelsang, Komm.
zur Bauerngesch. S. 189. ^ o4 VsSJ "^^''^ Feind" Urk. IV, 1076'^
e) ^r bw . . . im ,,da, wo . . . ." mit dem aus den Pyr. bekannten Gebrauch von dr
statt m ,,in" in lokalem Sinne (s. Erman .S. 929), sticht hier von den parallelen Ausdrücken
,,im oberägyptischen Lande" und ,,in S.7ü" , die beide das gewöhnliche m bieten, ab. Das könnte
dafür sprechen, daß dieses dr hier nur deshalb gebraucht sei, weil es in der entsprechenden
Götterrede loa. lob vorkam', und daß unser erzählender Text also den ganzen damit gebil-
deten Ausdruck nur aus jener eventuell älteren Stelle übernommen habe. Der erzählende Text
hat in i6c, wo kein älteres Vorbild vorliegt, tatsächlich statt dessen m btv .... im. Anderer-
seits wäre es sehr wohl denkbar, daß dr bw .... in} ein geläufiger Ausdruck für ,,da, wo . . ."
gewesen sei, der sich (ähnlich wie dr bS/t ,, früher" neben m biJt) auch dann noch in Gebrauch
gehalten habe, als dr im übrigen im .Sinne von ,,in" schon nicht mehr gebräuchlich war und
man dafür nur noch 7ti gebrauchte.
f) Die Schreibung J R^^^^ für das nach loa auch hier sicher zu lesende J j ^ (||1 1 !^.=^
wird auf einer Lücke in der alten Handschrift beruhen. — w/-/ wird Part. pass. perf. sein nach
Verbum II § 899. 900. Nominalsatz S. 13. Zu den an letzterer Stelle zitierten Beispielen ist
als eines, das klar die Form erkennen läßt, zuzufügen: j I M Q^— ^O^V .»dieser Ort, an
den du gebracht bist" ÄZ 47, 105. Vgl. G|T|'*-=— O ^\, ,, der Tag, an dem er geboren ist" Pyr.
27 d mit der Var. (]] W) 0 ö '^-=— ÄZ 47, 122.
1 In offenbarer Übertragung von Thoth, dessen Rolle als ,, Befriediger" (shtp) des Sonnenauges (vgl.
Unters. V, 132) er ebenda spielt.
2 Auf dieses Wort hitj wird auch das kopl. ujonT und das Nomen x ll (1 (1 ^ *^ ,, Feinde" zurück-
/V^AAAA Uli /T jS
I I I
gehen, das, wenn es Nisbe von /;/./ (Infin. von /;?/) wäre, gewiß mit ?^ geschrieben würde
Kommentar. Zeile 7 — 9. 2 K
g) Der Name des Ortes, der hier als Geburtsort des Seth genannt ist, und auch sonst
eigentUch nur^ als Heimat dieses Gottes auftritt (zuerst auf den Statuen Sesostris' I. aus Lischt
belegt: Mem. Inst, frang. d'arch. Orient. 6,37), wird überall mit 3 1 geschrieben: I I '^©,
PPP©. PPO; (Karnak, Festtempel Thutm. III, Raum 7 der Zählung Cham pol lions). Das ist
ohne Zweifel ein Gegenstück zu den alten Schreibungen ö 0 (] y oder [1 (1 (1 für !w und "^^ ^ oder
^^ für /iw und also wohl Sw zu lesen, nicht Sssw, wie Er man meinte. Brugsch, Dict. geogr.
752 setzte den Ort ins Faijüm auf Grund von Harr. 61 b, 15, wo er in der Aufzählung der ober-
ägyptischen Städte von Süden nach Norden hinter Krokodilopolis (Medinet el Faijüm) und vor
dem ,,Haus des Amun, Herrn der Throne der beiden Länder in P/nv" und Aphroditespolis
(Atfih) genannt erscheint. Er lag also im nördlichen Ende Oberägyptens. Nach Rec. de
trav. 31, 34. 35, 134 nicht weit von Herakleopolis. Vgl. auch Pap. Salt 825 (ed. Budge), V 2,
wo der Ort mit andern Orten als Heimat (dmj) des Seth genannt ist.
h) m/t oder voller geschrieben m/iw (na) kann, da es perfektische Bedeutung hat, nur
Part. pass. perf. sein (wie das parallele ms-f, s. ob. f). Zu der Form mit w bei Verbis III inf.,
zu denen unser Verb gehörte, vgl. Verbum II, § 931. — Nach den von Erman (S. 934) ange-
zogenen Stellen in den ,, Festgesängen der Isis und Nephthys" soll das Ertrinken des Osiris
bei Atfih erfolgt sein (^^^© ib. 6,2 ; ^|||^,|i®^.'^ 14,28). Anderwärts scheint das
Ereignis in die Gegend des Burlos-Sees verlegt zu sein (Tempelinschriften von Beltim, Ann.
du Serv. 17,277/8), und es heißt einmal, daß Isis den ertrunkenen Gatten ,,auf dem Uter im
Norden von Busiris" gefunden habe (Junker, Stundenwachen S. 84). Auch bei uns ist
nicht das zu Oberägypten gehörige Atfih, sondern ein Ort in LInterägypten als Ort des Er-
trinkens angenommen. Diese Version läßt sich aber mit der, welche Atfih als Ort voraussetzt,
vereinigen, wenn man sich klar macht, daß bei uns das Gebiet des memphitischen Gaues ge-
meint ist, der sich ja gegenüber dem Gau von Atfih auf dem Westufer des Nils von Abusir
el Melek an nordwärts erstreckte (Untersuch. III, 123. AZ 44, 29)^. Dazu stimmen die Angaben
von 16 c fif. und 62 ff. aufs beste, nach denen der ertrunkene Osiris in die Festung von Memphis
gebracht worden sein soll. Es ergibt sich auch für unsere Stelle eine befriedigende Sachlage,
wenn Horus und Seth so in nächster Nachbarschaft nebeneinander herrschen sollen.
i) Pss.t-B.ivj ,,die Hälfte der beiden Länder", offenbar dem Ortsnamen Siv entsprechend
und gleichfalls als Ortsname aufzufassen ; es wird eine angebliche Residenz des Horus im Gebiete
des memphitischen Gauses sein sollen. Der Name, der auf die zentrale Lage dieser Gegend
zwischen Ober- und Unterägypten anspielt, erinnert an die ebendort heimischen Namen mhi.t-
B.wj ,,Wage der beiden Länder" (i6c) und ' nh-B.wj ,, Leben der beiden Länder" (s. zu 61).
k) Das "^ ^, auf dem Horus und Seth stehen sollen, erinnert an die \\ "^ ^^ ^^ des Horus
und des Seth, die in den Pyr. so häufig vorkommen und das Herrschaftsgebiet beider Götter zu
bezeichnen scheinen; ,,das Stehen" darauf an Urk. I, iio/i, wo es von König Merjenre' heißt,
er ,, stehe (V?', Var. h' j ,, erscheine") auf dem Rücken des Gebirgslandes". Man könnte danach
in unserer Stelle wie in 13 c einen Ausdruck für die Besitznahme der beiden Landesteile durch
die beiden Götter vermuten. Der Zusammenhang und die folgende Rede des Geb scheinen
I Ausnahme Sali. IV, 11,6. 2 Ist etwa Abusir el Melek, das alte Busiris, danach benannt.^
UAe X, i: Sethe. 4
26 I- l'as Denkmal mempliitischer Theologie.
aber eher dafür zu sprechen, daß hier von der Gegenüberstellung beider Götter beim Teihmgs-
akt die Rede ist, so daß man das zweimaHge hr i.t übersetzen müßte: ,,auf einer Seite" — „auf
der anderen Seite". Nur so erklärte sich auch wohl die Nebeneinanderstellung der parallelen
Worte in gespaltener Kolumne. Dazu gehört natürlich, daß auch die Namen der beiden Götter
ursprünglich neben- und nicht übereinander in der Kolumne standen, was ohnehin notwendig
anzunehmen ist.
i) htp ,, zufrieden sein", ,, ruhig sein" hat, wenn es von zwei Parteien wie Horus und Seth
gebraucht wird, die Bedeutung ,,sich versöhnen", ,,sich vertragen" wie im Kopt. g^ioTÜ. So in
15c. 29b; vgl. ferner Pyr. 1148c. R.I.H. 303,5. Siut I, 266. Pap. Sali. IV, 9,5, wo wie hier von
der Scheidung von Horus und Seth die Rede ist: ^ (? "^^^ S\\ o^^i ^
(2
I I I
,,es vertrugen sich die Herren, damit das Land in Frieden sei". Bei uns folgt dem htp nun
noch ein Objekt ,,die beiden Länder", das nur als Beziehungsausdruck aufgefaßt werden
kann: ,,sie einigten sich in betreff der beiden Länder". Ebenso heißt Pyr. 388b (Erman S. 931)
der verstorbene König erst ^ ,,der sich (mit Seth) einigte über die beiden Länder", unserer
Stelle entsprechend, dann 4.T(|0 „der die beiden Länder vereinigte", dem 14c unseres
Textes entsprechend. Vgl. auch =5=,^ * V zusammen 15c.
m) 'jn, der von Brugsch Dict. geogr. 117 ff. behandelte Name für das Steinbruchs-
gebiet bei Turra, in den Gaulisten der griech.-röm. Zeit als 21. Gau Unterägyptens gezählt,
in älterer Zeit als ,, östlicher memphitischer Gau" bezeichnet und mit Memphis zusammen
genannt (Champ., Not. L 811). Der Ort wird mehrfach als Heimat des Horus in seiner Eigen-
schaft als unterägyptischer Nationalgott {Bhd.tj) genannt, LD HI, T,;^g (wo Seth als sein ober-
ägyptischer Partner r«n .^ .... rffij^nni heißt); ib. 234. Und ebenso heißt die geflügelte Sonnen-
scheibe (jS'/^ö'.^) (^^p, Edfu I, II (Dyn. 30). — Der Ort, wo die Teilung stattgefunden
haben soll, lag also auf dem Gebiete des Gottes, der später das ganze Reich bekommen sollte.
Auf die Rolle, die der Ort an unserer Stelle spielt, deutet auch die Tatsache hin, daß in Turra
Thoth unter den Titeln V|^^^^:37']j p^"]^ "^ j^_J^|^ „der die beiden Leute schied,
der Herr der Gottesworte, der die beiden Götter zufriedenstellte, der große Gott, der B'h.i
vorsteht" verehrt wurde; s. Brugsch, ÄZ 5,91.
n) Die Worte iis ti.wj ptü werden ursprünglich vielleicht nicht als Erklärung zu dem
Ortsnamen ' j?i ,,das ist die Grenze der beiden Länder" gemeint gewesen sein, wie es die Deter-
minierung von tis in unserer Inschrift vorauszusetzen scheint, sondern der Satz wird sich
möglicherweise auf den Akt der Teilung des bis dahin ungeteilten Landes bezogen haben
(s. u. zu 12). Bs würde dann Infinitiv gewesen sein, wie er so mit piv gern in Sätzen zur An-
gabe eines Resultates verwendet wird (z. B. oft im Pap. Ebers): ,,das ist die Abgrenzung der
beiden Länder", d. h. ,,und so wurden bzw. damit waren die beiden Länder abgegrenzt".
o) Die Wiederholung der Worte ti.wj m ' jn Bs B.wj pw wird nur auf einer irrigen
Dittographie in der Urhandschrift beruhen können. Die Spaltung der Kolumne, die bei der
Einzelbehandlung des Horus und des Seth am Platze war, war in einem Satze, der die beiden
Götter in dem Pronomen hi ,,sie" und ,,die beiden Länder" in diesem dualischen Ausdruck
zusammenfaßte, nicht angebracht.
Kommentar. Zeile
27
loa/b — I2a/b. Gespräch des Geb bei der Teilung (Er man 's Aa. Ab).
—rr
°^b.
■"^.j^^nM:
lob
Hb
12b
^5^
A
f¥
^"^Geb spricht Worte zu Seth ^ : ,,geh an den Ort, ivo du geboren bist" "»b || Setk \\ Ober-
ägypten il <^
^'^^Geb spricht Worte zu Horus : ,,geh an den Ort, tvo dein Vater ertränkt ^ ivorden ist"
^^^ II Horus II Unterägypten '^ \\
"^^^ Geb spricht Worte zu Horus und Seth: ,,ich habe euch geschieden" ^2*» '| {vacat) \\
Unterägypten und Oberägypten \\ ^
a) Zu lesen Gbb dd mdiv h/t Sth; s. ob. S. 8.
b) Mit dem Worte mhw ,, ertränkt" ist natürlich ein Wortspiel auf den Namen von Unter-
ägypten {mhiü) beabsichtigt, durch das dieser Name begründet werden soll. Nach ägyptischer
Weise wäre es sogar möglich, daß damit geradezu die Namengebung gemeint war, d. h. daß
Unterägypten erst durch diesen Ausspruch des Geb zu seinem Namen gekommen sein sollte.
In der Rede an Seth ist ein solches Wortspiel nicht zu entdecken, wenn anders der Name von
Oberägypten sni .w zu lesen ist.
c) Die beiden aufeinanderfolgenden szenischen Vermerke sind etwa so zu deuten: , .blickt
auf Seth, weist nach Oberägypten" und entsprechend in den nächsten Zeilen. — Zu beachten
ist, daß hier die Namen der beiden Länder in ihrer Grundform ohne den Zusatz ti ,,Land"
genannt sind, der ihnen in dem erzählenden Teile, in 8 wie in 4 vorangestellt war.
d) Der szenische Vermerk mußte im ersten F"elde Horus und Seth nennen, deren Nennung
aber in der Urhandschrift wohl zerstört war und daher hier fehlt. Im zweiten Felde erscheint
,, Unterägypten und Oberägypten", abweichend von den früheren Erwähnungen hier mit
Voranstellung von Unterägypten, zu der die herkömmliche Reihenfolge ,, Horus und Seth"
nötigte, weil dem Horus eben Unter-, dem Seth Oberägypten gehörte. — Da die Rede des Geb
keine andere Beziehung auf den hier im szenischen Vermerk genannten Gegenstand enthält,
so werden die Worte ,,ich habe euch getrennt" nicht bloß auf die beiden Götter, sondern auch
auf die beiden Länder zu beziehen sein, die vorher vereinigt, jetzt geschieden worden sind.
Vgl. dazu die unten zu 22 unter d zitierte Stelle Berl. Pap. 3056, 2, 5.
IOC — I2c. Erzählung (E r m a n 's Cc).
Übertragung des ganzen Reiches an Horus.
■—%.$i %.dV"-™^«—^vS'' (Absatz).
1 Der Pfeil gibt an, daß die darunterstehenden Schriftzeichen im Original in entgegengesetzter
Richtung blicken als die übrige Schrift.
2 Hier kein Absatz, wie Breasted gibt; s. ob. S. 14 Anm.
4*
28
I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
^^^ Es ivar schlecht für das Herz des Geh, daß der Anteil des Horus gleich de?n A?iteil
des Seth war.
'^'^'^Ufid so gab Geb sein Erbe {ganz) dem Horus, d. i. der Sohn ^'^'^ seines Sohnes, sein
Erstgeborener'^.
a) Aus 17a scheint hervorzugehen, daß das wp h.t-f „sein Erstgeborener" hier auf das
erste s^ ..Sohn" (also Horus) zu beziehen ist und nicht auf das zweite (also Osiris), was an
sich näher läge, auch sachlich gerechtfertigter wäre, da eine solche Bezeichnung bei Osiris als
dem ältesten von 5 Kindern durchaus angebracht war und auch wirklich oft gerade von ihm
gebraucht vorkommt (z. B. Pyr. 8f. ; Lacau, Sarc. anter. au Nouv. emp. II, .S. 79), während
sie bei Horus, der immer wie der einzige Sohn behandelt erscheint, eigentlich überflüssig wäre. —
Zu dem Gebrauch von zvp h.t ,,der den Leib öffnete", das von Rechts wegen nur auf das Ver-
hältnis zur Mutter paßte, mit Bezug auf den Vater vgl. 5>ra\/ 1'^'=^ I " ■ ,,sein
ältester Sohn, sein Leiböffner, der Herr aller seiner .Sachen" Rec. de trav. 30, 82 (Dyn. 21).
i3a/b — i8a/b. Rede des Geb vor der Götterneunheit (Erman's Ac. d).
Verkündigung des Horus als alleinigen Erben des Reiches.
13a-
14 a
15a
16 a
17 a
18 a
J211lili^'
\^\
G
ft'
13b
14b
^
1 15 b
^'
16 b
^^!
i7b
^^
i8b
Ä
^vm
111*
III
fllv,^,[^]
13a— i8a(9^^ Spricht Worte zu der Götterneunheit :
^'i^ ,,ich habe bestimmt"^ '"■'^^W {weist auf) Horus \\ ,,dich^ zum wt.w-Schakal'^, ^^^dich
allein"^ Mb|| {weist auf) Horus \\. ,,Mein Erbe^ '^'i^ gehöre jenem Erben" ^ ^s'' || {weist auf) Ho-
rus II , ,,mein Erbe ^^^gehöre^ dem Sohne meines Sohnes'' ''•''II {weist auf ) Horus \\ ,,dem ober-
ägyptischen {}) Schakal^, '^1^ einem Öffner des Leibes" {d. i. Erstgeborener)"^ '7b || {weist auf)
Horus II ,,dem Öffner der Wege {d. i. der Schakalgott Wp-wi.w.t)^. ^^^Ein Sohn ist das,
der geboren wurde" ^ ^^^\\ {weist auf ) Horus \\ ,, am Geburtstage des Wp-wi.w.t"'".
a) Die perf. Form sdm-n-f ist in den Reden der Götter allgemein üblich, und zwar steht
sie, wie z. B. das stereotype A w^^ ,,ich habe gegeben" (in Hermapion's Obeliskenübersetzung
durch SsSwpyiixa.'. wiedergegeben), auch da, wo es sich um eine Verheißung zu handeln scheint,
die im Augenblick der Rede erfüllt sein soll (vgl. Gunn's Studies in Egyptian Syntax S. ögfif.).
Daher kann man hier auch ,,ich befehle" übersetzen im Sinne von ,, hiermit soll befohlen sein". — ■
wd „befehlen" mit doppeltem Objekt im Sinne von ,, jemanden zu etwas bestimmen" kenne
ich sonst nicht, wohl aber mit m vor dem 2. Objekt: "^ %> -^«^^^ 1 ^ ^= I ^k. ^ ifl ^s, ^ ^ "^^^^
I So -nnrd das zerstörte Zeichen, von dem Breasted noch eine Spur sah, zu lesen sein.
Kommentar. Zeile lOc — l8b. oq
,,Geb hat ihn (deinen Namen) zu einem geachteten (/w5) in seiner Stadt bestimmt" Pyr. 138a
(IrJ dem später üblichen unveränderUchen Irj entsprechend); Y '^l y ' .^^ ,,er (Thoth)
ist zum Stadtvorsteher ernannt (unter den Göttern)" EdfuII, 80. Vgl. ferner Sonnenlitanei 145,
wo Erman, Zur ägypt. Wortforschung II (Sitz.-Ber. Berl. Akad. 1912, 918) das wd für ver-
derbt aus altem \>^=^^ „machen (zu etwas)" ansehen wollte. Dieses letztere Zeitwort kann aber
an unserer Stelle nicht in Betracht kommen, da das wd „befehlen" zu trefflich an den Anfang
dieses Erlasses des Geb paßt. Daß das w in Fällen wie dem unsrigen fehlen kann (sei es nur in
der Schrift oder auch in der Sprache), lehren Sätze wie "=;:==« ^ ^ U aaaaaa 1 1 1 ^ „du machst
dich zum Zweiten von diesen drei" Bauer B i, 150 (Vogelsang S. 129); vgl. auch Pyr. 2001b
(ohne m) mit 727 b (mit m).
b) Daß sich der zu einer Versammlung Sprechende in seiner Rede an eine dritte Person,
die zugegen ist und von der die ganze Rede handelt, wendet und sie in der 2. Person apostro-
phiert, haben wir im Ramesseum- Papyrus (Z. 90) in viel krasserer Form, wenn Geb zu den
Kindern des Horus und den Gefolgsleuten des Seth sagt: [,, dienet dem] Horus, du (seil. Horus)
bist euer Herr".
c) %>o-^, das hier die Würde des Horus zu bezeichnen scheint, erinnert zunächst an
den Titel ^^ , den im AR nahe Angehörige des Königs tragen und der nach einer Variante in
der unterirdischen Sargkammer des Mereruka-Grabes (1 j-, o \> wt-Inp.w zu lesen ist. Vgl.
auch Pyr. 574a, wo der Redende, der sich eben mit Horus verglichen hat, zu dem verstor-
benen König (seinem Vater.'') sagt: 5 -'^^z^ ,,ich bin dein wi-Inp.iv" (var. ^^)>^^}-
Der Ausdruck, der hier vermutlich den pietätvollen Sohn bezeichnet und seinerseits an die Be-
zeichnung gewisser Totenpriester als %>^ erinnert (vgl. .1^^%^^ als Priestertitel im MR,
Lesestücke 70, 4), wird mit dem Worte ^^^ wi.w zusammenhängen, das in den Pyr.-
Texten den zur Erbfolge berechtigten ,, ältesten" Sohn bezeichnet. So nennt Nut den König,
ihren Sohn: ,,to/.w eines Königs (^■^(ll^; vgl. dazu Pyr. 593a), der auf dem Throne des
Geb ist" Pyr. 2; und Geb selbst wird wiederum ,,der älteste Sohn des Schu, sein wLw
(ci%%'^'=-)" genannt, Pyr. 1615c. An anderen Stellen findet sich in gleicher Bedeutung die
reduplizierte Form %^%>"|(] "wtwt.j Pyr. 1289a. 1690c. 1698c. 1814b (neben (l- — fl^'^ä
,,Erbe"). 1870b. Sehr deutlich bezeichnet das von demselben Wortstamme gebildete Ver-
bum wt den Vorrang in der Erbfolge, wenn zu Osiris gesagt wird: ,,Geb hat dich auf deinen
Thron gesetzt, Horus hat deinen Feind (Seth) unter dich gestreckt" ^ (| ,,du bist mehr
wt (Pseudop.) als er", ,,du bist vor ihm (aus dem Mutterleibe) hervorgekommen" Pyr. 650a. Der
Text Pyr. 576a hat an Stelle der Worte wt.tj ir-f im gleichen Zusammenhang ^=> ^ ^ ^^ 0 ^_
,,du bist größer (d. i. älter) als er". Von demselben Stamme wt kommt ohne Zweifel auch
die bei göttlichen Schlangen so beliebte Bezeichnung v\ ^ wt.t, die in der <^5^ ^^-Z „der
Großen", einer häufigen alten Bezeichnung für die Göttin Buto, ihre Parallele haben wird.
Sehr wohl denkbar, ja fast wahrscheinlich ist es, daß, wie hier das Bild der Uräusschlange,
so an unserer Stelle das des Schakals nur Ideogramm einer Benennung dieses göttlichen Tieres
sein soll (vgl. die Nennung des Wp-wi.wt in den folgenden Zeilen) imd nicht lautlich zu lesen
ist, im Unterschied zu dem eingangs besprochenen Titel wt.w-Inp.w. Daß es das Bild eines
■30 I- Das Denkmal memphitischer Theologie.
gehenden Schakals ist, spricht jedenfalls gegen die Deutung auf Anubis, sie paßt zu der auf
Wp-wB.wL Bedeuten muß der Ausdruck zvLzv den göttlichen Thronerben oder Herrscher in
Schakalsgestalt, wie es eben der Wp-wi.iüt gewesen sein soll.
d) ^ , dem im Unterschied zu TO'a'./ ,. das Erbe" (14b. 15 b) und r.w ,,der Erbe" (15a)
das Zeichen des Fleischstückes fehlt, wird das Pseudop. (2. sg.) von w'j ..einzig sein" sein, das
bekanntlich zum Ausdruck für ,, allein" gebraucht wird. Zur Sache vgl. die folgenden An-
fangsworte eines Hymnus an Wp-wi.wt" , der bei dem (memphitischen!) Soker-Feste durch den
König rezitiert wurde: |~T^/)^^^^ =^ — ^ "^i:^ ^=;a c^ ^3j ,^--^ t^ ^^37 ■2:3:^
c^
I I lil.^ D
,,steh auf (als Könige), Horus, und erbe diese deine beiden Erbteile, Herr der 4 (sie ?) Erb-
teile, du allein" Champ.,- Mon. HI, 2i4bis (Med. Habu, von mir koU. 1905), wo in dem
Schlußworte dieselbe Pseudopartizipform in jüngerer Schreibung vorliegt.
e) Hinter w' wJ vermißt man die an sich entbehrliche Bezeichnung des Possessivsuffixes
I. sg., die in der Nachbarzeile da ist. und das um so mehr, als die Schriftzeichen von w' iv.t in
beiden Zeilen Zeichen für Zeichen genau nebeneinander stehen und also für das / des Suffixes
hier genau der gleiche Raum frei ist, den es in der Xachbarzeile einnimmt. Vielleicht bot die
Urhandschrift hier wieder eine Lücke. — Angesichts der eben zitierten Stelle aus Medinet
Habu, die \on den ,, beiden Erbteilen" redet, könnte man daran denken, die doppelte Nen-
nung \on IV w.t ,,das Erbe" mit ,,mein eines Erbteil" und ,,mein anderes Erbteil" wieder-
zugeben, wie bei Bi in 9.
f) Das pf V .w ,, jener Erbe" für Horus mit Voranstellung des Demonstrativums setzt ein
gedachtes/»« i zü , .dieser Erbe" für Seth voraus, der demnach wohl bei diesem Akt zugegen
sein muß.
g) Bei Erman's Auffassung dieses Textstückes, nach der die Worte n s3 n si-j
eine Apposition zu 7J pf i .w wären, wäre die Wiederholung des dativischen n vor Si min-
destens sehr auffällig. Sie ist selbstverständlich, wenn man den Text so liest, wie es oben
geschehen ist.
h) sib sni ,, oberägyptischer Schakal". Die Lesung sBb für den Schakal, die die gegebene
ist, wird durch den Anklang an das si ,,Sohn" in 15a gewährleistet (s. ob. S. 11); auf sni'
führt der als senkrechte Linie in der Mitte der Zeile erscheinende Zeichenrest. Vgl. dazu
Pyr. 727b. 1015c. 1257c. 2001b, wo der verstorbene König so bezeichnet wird, z.T. in Ver-
bindung mit 'nd-tnr psd.t ,, Distriktchef der Götterneunheit", also als Götterherrscher. Hier
von Horus gebraucht, bezeichnet der Ausdruck ihn wohl als den, der Oberägypten in Besitz
nimmt, und hängt mit der Bezeichnung Wp-wi.wt zusammen.
i) Wenn es auch denkbar wäre, daß Geb in i8a seinen Enkel Horus als seinen Sohn be-
zeichnet habe, so würde doch der Ausdruck wp-h.t ,, Leiböffner" kaum ebenso frei mit Bezug
auf den Großvater gebraucht werden. Daher ist wohl nur ,,ein (nicht: mein) Erstgeborener"
zu übersetzen; so, ohne Angabe der Eltern, findet sich wp-h.t z. B. auch Festgesänge der Isis
und Nephthys 8, 26. 9, 15. Zu dem selbständigen Gebrauch (ohne si ,,Sohn" davor) vgl.
Lacau, Sarc. anter. au Nouv. emp. H, S. 79: ,,Osiris, mein Leiböffner".
I Zu dem Gebrauch von //' vgl. unten zu 13 c.
Kommentar. Zeile 13a — iRb. 1 j
k) Die Beziehungen des Gottes Wp-mi.wt zum oberäg. Königtum und zu Horus als
Nationalgott des späteren oberäg. Reiches von Hierakonpolis spiegeln sich in Gestalt und F'eld-
zeichen der oberäg. ,,Horusdiener", der „Seelen von Hierakonpolis", deutlich wieder (vgl. Unters.
III, i6ff. Borchardt, Grabdenkmal des .Sahu-re' II, Text S. 103). Auch in den Pyr. tritt Wp-
wi.wt nicht selten im Parallelismus zu n-szv.t ,, König" ^Pyr. 1374c. 1638b) und zu Horus (ib.
953 c. 2032a) auf. x\n diesen wie an anderen Stellen wird der verstorbene König dem Wp-
züi.zü/ gleichgesetzt oder mit ihm verglichen (Pyr. 126c. yögd. 1009c. 1287c. 1379c. 1979b).
In dem oben zu d zitierten Hymnus vom Soker-Fest werden Wp-ivi.wi und Horus geradezu
gleichgesetzt. In dem von Schäfer behandelten Text, der die Osirismysterien zu Abydos
betrifft, spielt der Auszug des Wp-wi.wt, ,,um seinen Vater zu rächen", eine Rolle (Unters.
IV, 65); auch hier ist also \V. = Horus. An unserer Stelle könnte nach dem vorhandenen
Räume gegebenenfalls auf den Namen Wp-wi.wt noch ein Beiwort gefolgt sein.
1) si pzv muß wie wp-h.t indeterminiert aufgefaßt werden: ,,ein Sohn ist das". Die Er-
gänzung eines vorhergehenden si in 17 b, durch die man zu einem \si\si-j pm ,,der Sohn meines
Sohnes ist das" käme, ist durch das si n si-j in i6a nach Form und Inhalt ausgeschlossen.
Das gleiche gilt für eine Ergänzung {si n\si-j auch wegen der Stellung des />w, vgl. iic/i2c.
Gegen die Lesung si-j msiv-j ,,mein Sohn, der von mir erzeugt ist", wie Er man las und wozu
"^^ 'jn::^ III v> '^^iz:^ Pyr. 1069 b eine gute Parallele gäbe, spricht das gleiche Bedenken wie oben
zu i. Durch die Verbindung mit 18 b erhält man auch ohne das Suffix i. sg. für mszt' , .geboren"
einen guten Sinn; ja diese Verbindung schließt die Lesung msw-j wohl geradezu aus, da es
sich nun ja nicht um das Erzeugen, sondern um die Geburt handelt.
m) msiw.t) Wp-züi.wi ,, Geburt des Wp-züi.wt" (vgl. Pyr. 1438a. Pal. -.Stein Rs. i, 2),
gewiß als Zeitbestimmung ,,am Geburtstage des W." aufzufassen, etwa in dem Sinne, daß der
betr. Tag deshalb den Namen , .Geburt des W." bekommen habe. Derartige Geburtstags-
feste von Göttern sind uns ja aus den Jahresbezeichnungen des Palermosteines und der VVein-
krug-Täfelchen der i. Dyn. wohlbekannt; auch die Benennung der 5 Epagomenen als ,, Geburt
der Isis" usw. sind Beispiele dafür. — Die Schreibung |T| ohne c-, ist die dabei in der i. Dyn.
übliche (Unters. III, 62 ff.). — Der Raum von i8b reicht gerade für den Rest des Namens
Wp-iüi.zvi aus. Sollten zwei Wp-züi.ivt (der ober- und der unterägyptische .f") genannt ge-
wesen sein, wie anscheinend Pal. -Stein Rs. i, 2, so müßten beide Schakale nebeneinander
gestanden haben in der Art von ^\ und ^^, wie das in alter Zeit so beliebt ist (vgl. meine
Pyramidentexte IV, § 22). — Beachtenswert in hohem Maße erscheint, daß die , .Geburt der
beiden Wp-ivi .zvt -Götter" an der zitierten Stelle des Palermosteines zu den Festlichkeiten
der Thronbesteigung des Königs gehört, also mit der ,, Vereinigung der beiden Länder" und
dem ,, Umzug um die Mauern", dem mutmaßlichen Triumphzug des Menes um das von ihm
neugegründete Memphis (Unters. III, i35)\ verbunden ist. Das paßt zu unserer Stelle und
dem, was darauf folgt, prächtig. Es paßt auch zu dem Auftreten des Wp-zai . züt in dem Soker-
feste (in Medinet Habu, s. ob. d), denn dieses ist ja mit jenem ..Umzug um die Mauern" bzw.
1 Eine hübsche Parallele zu diesem Siegesfest bildete der feierliche Umzug um die Mauer der Stadt
Mexiko, der bis zum Ende der spanischen Herrschaft alljährlich am 13. August stattfand, weil Cortez am
13. Aug. 152 1 die Stadt eingenommen und damit der Krieg mit den Azteken sein Ende gefunden hatte.
AA^/^A^
^2 I- Das Denkmal memphitischer Theologie.
um Memphis identische — Die Konstruktion von msj , .geboren werden" mit dem Akkusativ
des Geburtstages ist ganz gewöhnlich (z. B. Lesestücke ^"j , i8).
13c — 14c. Erzählung (Erman'sCf).
Horus als Alleinherrscher in Memphis gekrönt.
^^'^ Horus stand auf {als König) über dem Lande'-^. Und so wurde {wieder) vereinigt
dieses Land^, benannt mit großem Namen Ti-tnn {d. i. das Tnn-Land)^, der südlich von seiner
Mauer ist, der Herr der Ewigkeit. Es wuchsen '^^^ die beiden Zauberreichen {Kronen von Ober-
und Unterägypten) aus seinem Haupte*^. Und so war es, daß Horus erschien als König von Ober-
und König von Unterägypten, der die beiden Länder vereinigte im Mauer-Gau {d. i. der Gau
von Memphis)^ an dem Orte, wo die beiden Länder vereinigt werden^.
a) ' h' „aufstehen" mit prägnanter Bedeutung vom Antreten der Königsherrschaft (wie das
hebr. pS? Dj5) ist sehr gewöhnlich sowohl in den Verbindungen ,,als König aufstehen" oder
„aufstehen in diesem Lande" (z. B. Urk. II, 103), als auch selbständig (z. B. Urk. II, 44. III,
3g) wie in dem oben zu 14a unter d zitierten Beispiel, zu dem LVk. IV, 100 zu vergleichen:
f ^ Ib "^~^ „steh auf und vereinige die beiden Länder". Vgl. auch das zu 3 unter a zitierte
Beispiel. — Während an der letzteren Stelle das Land, über das die Herrschaft angetreten wird,
mit hr, anderwärts mit ni ,,in" (s. ob.) angeknüpft wird, steht bei uns die alte Präposition tp
,,über", ,,an der Spitze von", die früh ungebräuchlich geworden ist, aber in den Pyr. noch oft
in ähnlicher Anwendung vorkommt, zumeist allerdings von Personen, z. B. ® -¥■■¥•-¥■ \\ ,, über die
Lebenden" Pyr. 906 f., vgl. 392d. i574d. 969a. 950b. An die gewöhnliche Bedeutung von //> /5
,, auf Erden" vom Lebendigsein im Gegensatz zu ,,im Totenreich" darf jedenfalls nicht ge-
dacht werden.
b) sio ist die unserem Text eigene Erzählungspartikel, nicht das Pronomen 3. m. sg.,
das hier swt lauten müßte. — dmd ,, vereinigen" bezeichnet im Unterschied von stni, das die
Vereinigung mehrerer selbständiger Elemente {smi ti.wj die Vereinigung der beiden als
selbständige Staaten nebeneinander stehenden Länder) bezeichnet, die Vereinigung der zu
einem Ganzen -gehörigen Teile; daher kann es auch von einem Singularis, der dieses Ganze
bezeichnet, stehen'-. So hier, wo man das Wort gewiß mit ,, wiedervereinigen" übersetzen darf;
das ,, wieder" pflegt ja in solchen Fällen im Äg. nicht besonders ausgedrückt zu werden, so
z. B. bei wiederkommen, wiedersehen, wiedergeben, wiederaufbauen, wiedergeboren werden.
Von der Vereinigung der ,, beiden Länder" liegt dmd a.n der unten zu zitierenden Stelle Berlin
Pap. 3048 vor in einem Beinamen eben des Gottes Ptah-Ti-tnn , von dem auch hier wieder
die Rede ist.
1 Für die Identität der ,, Mauern" und der „Weißen Mauer" = Memphis dabei vgl. außer den ^■on mir
bereits früher angeführten Stellen auch Bud ge, Lady Meux Coli. p. 38 : n )r^ ^=^ V\ =^.=^ j— j E I «^
,,dem Soker folgen an seinen Festen des Tages des Umzuges um die Weiße Mauer (-Stadt)".
2 In den Pyr. kommt es von der Wiederzusanunensetzung des zerstückelten oder zerfallenen Körpers
vor, wde auch von den Knochen oder Gliedern im Plural.
Kommentar. Zeile 13c nj
c) Wie vennutlich auch an der Parallelstelle in 3 wird hier Ptah von Memphis als Ver-
körperung des Landes bezeichnet in seinem Namen Ti-t7in, der in dieser von unserem Texte
überall gebrauchten und vermutlich ältesten Form 11 (13c. 64), '^S (2), = il (s8) ja
auch das Wort /5 ,,Land", ,,Erde" geradezu zu enthalten scheint. Diese Namensform, die auch
noch im NR die vorherrschende ist, dort aber schon in mannigfach wechselnden Schreibungen
auftritt (in ramessidischer Zeit oft mit ci v\ statt des s=, vereinzelt auch mit ^=*^[1(] Totb.
Nav. i8ü, 14), ist sonst, soviel ich sehen kann, in älterer Zeit nur in Inschriften des MR am
.Sinai belegt, wo der Gott ^^ J) (ohne Nennung des Ptah) im Parallelismus mit dem Erdgott
Geb als -Spender der Mineralschätze genannt wird (Gardiner- Peet , Inscr. of .Sinai pl. 17.49).
In dieser Rolle als Berg- oder Erdgott begegnet er uns gleichfalls selbständig, ohne Bezug-
nahmeauf Ptah, auch in der 18. Dyn., zunächst noch unter demselben Namen (Urk. IV, 96), dann aber
in kürzerer Form ohne das Wort ^=- ,,Land" nur s=^ J 1. (Urk. IV, 876) oder ^^^IIJ)
(ib. 889) genannt, welch letztere Schreibung an die oben erwähnte Variante Ti-tzvnn der
Ramessidenzeit erinnert. Entsprechende Schreibungen wie X^m) und „^ j| sind in griech.-
röm. Zeit auch für den Beinamen des Ptah üblich, der in der Rosettana demotisch durch ////
(ebenso ÄZ 49, 35, Z. 11), griechisch durch ö ij.i-{y.c wiedergegeben wird, als ob er \on ////' ,, er-
heben" käme, und dessen Bild damals in der .Schritt als Lautzeichen für /// gfebraucht wurde.
— Daß der in älterer Zeit wie in unserem Texte Ti-tnn geschriebene Name des Ptah später in
der Tat nur noch Tu gelautet hat, geht völlig klar auch aus den Schreibungen her\or, unter
denen der Name des Ortes Tebtynis in den demotischen l'rkunden der Ptolemäerzeit er-
scheint. Dieser Name enthielt nämlich den Namen unseres Gottes Ti-tn>i. und zwar in der
nämlichen kosmischen Bedeutung, die er an unserer Stelle hat. Er lautete Ti-nbJ-Ti-f/i ,,die
Herrin des Ti-tn" , wobei das Wort Ti-tri mit der regelrechten Schreibung von ti ,,Erde"
geschrieben und zum Schluß mit dem Gottesdeterminativ versehen ist. Nicht selten lileibt aber
auch dieses ti ,,Erde" weg, und der Name erscheint nun in der P'orm Ti-)ib.t-Tii, die der
durch die griech. Porm TsßTLiv'.; bezeugten wirklichen Aussprache mit nur einem t-Laut ent-
spricht'. — Während es hier das ti ..Land" ist, das verschwunden zu sein scheint, ist es in den
folgenden Varianten, die sich in der Ramessidenzeit lür den memphitischen Gott (Ptah) finden,
vielmehr das aus dem g — > des alten Elements Tun herx'orgegangene /, das fehlt: . ' 4-4- ni
LD III,. 140a; vgl. -Sali. IV. 9, 7). "ZZj^^ Menephthah Libyerkrieg 6. ^^ Mar. Abyd. II, 14.
"^^"4--!-'^ Karnak Ramses III. (eig. Abschrift). , ^ ^^^ ^ ibid. Ramses IV. (passim) ; und
mit Ersetzung von ti durch die Schreibung tür / ,,Brot", die sonst in P'remdwörtern das /be-
zeichnet: ^4,4.^ Na\-. Totb. 183, 15. r\ 4. 1 Bologna 3004-. Die Ignorierung des t
von tun tritt sehr deutlich auch in einer Etymologie des Gottesnamens hervor, die eine z. T.
1 Ti-nb J-t^-in geschrieben: Kairo 30605, 4. ,30606, 5. 30607, a. E. 30608, a. E. 30609 a. E. 30619, .\.
30620, 7. — T i->ib.t-tir. Kairo 30610, 10. 11. 30613, 8. 30616, Rs. 2. 31.^47, 11. — Die Lesung tpj, die
Spiegelberg AZ 49, 130 statt /j> ,,Land" vorschlug, scheitert an dem Haken, der über dem Zeichen schwebt
und der zu ti, aber nicht zu ipj gehört.
2 Diese Schreibungen erinnern an die seit dem NR üblichen Schreibungen =_j,.4- [jj und
( 14- -1 r~\ *"■■ den alten memphitischen Ortsnamen ^=^4""ron ^^^^^ '^'^'^^ ^^^4-4- c^ ^"'^^ "^
dem Göttertitel ////tj Tnnt) und mögen durch sie beeinflußt sein.
U.'\e X, I : Sei he. ;
ii I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
augenscheinlich uralte Bestandteile enthaltende, inhaltlich sehr merkwürdige und gerade auch für
uns sehr lehrreiche Stelle des Ptah-Hymnus Berlin Pap. 3048, 4, 7 enthält:
,,du bist aufgestanden^ (als König) auf dem Lande (/5) während seiner Müdigkeit (««), von der es
sich erst hernach zusammengerafft hat, indem du in deiner Gestalt des Tl-tnn, in deinem Wesen
desDmd-ii.wj (Vereinigers der beiden Länder) warst. Was dein Mund erzeugte, was deine Hände
schufen (seil, das Land), du hast es herausgenommen aus dem Nun (Urozean). Das Werk deiner
Hände ist nach deiner .Schönheit ((\. i. deiner schönen Gestalt) gestaltet" {shüte.\g. ,, porträtgleich
gemacht"). — Neben dieser kosmogonischen Erklärung des Namens Ti-tnn scheint es andere ge-
geben zu haben, deren Spuren uns auf den \on Chassinat-Palanque, L'necampagnede fouilles
äAssiout v^eröffentlichtenSärgenderHerakleopolitenzeit unddes frühen MR vonSiut entgegentre-
ten. I neiner dort üblichen ////>-^'-;'«/a;/-Formel finden wir im Parallel ismus zu den gött liehen Personi-
fikationen — ^^ oder =_^^^^ „das ganze Land" und ^^^^^^ oder ^^ ^^
:in=E M*. V ""^'^ beiden Länder in ihrer Gesamtheit" als Gottheit ferner genannt: ===1 Ijj'
(p. 13), ^^Wl^^ (p. 19), =--äJ5 ^P- 53). ^^\^ (P- «o), =^Ö (p. 136), =-
ö^^und-^Ö^(p. 138, ähnlich 186. 218),=^^' ö^^^" und =^^'^(P- 191)- Das kann
doch nur unser Ti-tnn sein, der hier mit den ,,ürgöttern" Nw und Nn.t bzw. mit der Himmels-
göttin Niv.t in Verbindung gebracht erscheint und der, wenn das zutrifft, nicht nur damals
schon sein /, sondern auch bereits das eine der beiden n verloren hatte, wie in den späten
Formen und insbesondere in dem Namen Tebtynis, — Da der aus dem alten Ti-tnn hervor-
gegangene Gott Tn /J" als charakteristischen Kopfschmuck ein Diadem zu tragen pflegt, das
dem alten Abzeichen des thinitischen Gauses Ti-wr ,,das große Land" und seiner Hauptstadt
This (äg. Tnj) f eigentümlich isf*, so liegt der Gedanke nahe, seinen Namen mit diesem Namen
der Heimat des Menes, des Begründers von Memphis, zusammenzubringen. Aber wie.''
d) Vgl. im Amunsritual Berl. Pap. 3055, 15, 5/6: ,, deine Augen kamen hervor aus deinem
Haupte als oberägyptische Wr.t-hk3.w und als unterägyptische Wr.t-hki.w (beide determi-
niert als Göttin mit der Schlange)", "^^^^^ '(^ (] H t\ ® ' ,,wie aus deinem Haupte gewachsen".
e) Zu der Abkürzung ,,der Mauergau", die hier statt der offiziellen Benennung des mem-
phitischen Gauses \ \ \ ,,der Gau der weißen Mauer(n)" steht, vgl. u. zu 31a.
f) Über Memphis als Ort, wo die ,, Vereinigung der beiden Länder" durch Menes voll-
zogen ward und \on den späteren Königen bei ihrer Thronbesteigung wiederholt wurde, s. m.
1 Zu beachten die altertümliche Schreibung von (1 .
2 Im Original das Krokodil mit nach vorn schlagendem Schwanz.
3 Das hier durch 3 wiedergegebene Zeichen ist in Chassinat's Publikation durch eine Drucktype
wiedergegeben, die auf dem Kopfe des Gottes -jj zwei hörnerartige Aufsätze zeigt, welche stark an die Federn
des Gottes Ti-pm erinnern.
4 Das Bild des betr. Kopfschmuckes findet sich als phonetisches Zeichen für /« gebniucht schon im
Anl.mg der iS. Dyn. in „änigmatischcn'- Inschriften (No rt ha rnpt on , Excav. in tlu- Theban Nccropolis S. 11*).
Kommentar. Zeile 13 c — 15. ? r
Untersuchungen III, 133 ff. Mit Rücksicht aut diese Sitte möchte ich es vorziehen, den Re-
lativsatz bw s?ni ß .tvj hfl imperfektisch zu nehmen (vereinigt werden), nicht perfektisch,
wie es Erman u. a. taten. — Die Schreibung J für 5w ,,Ort" ist nicht als jung anzusehen;
sie ist gerade alt, \gl. das J S^- tu biv nb ,,an jedem Ort'' auf den Steinen mit dem Namen des
Königs Nb-ki (3. Dyn.) in Berlin 1141/2 (LD II, 39a) und Leipzig. Man kann sie hier noch
als rein ideographische Schreibung ansehen, da das Zeichen 1 ja offenbar die ,, Stelle" dar-
stellt, das Wort, von dem es erst sekundär seinen Buchstabenwert b bekommen hat.
15c — i6c, Fortsetzung der vorhergehenden Erzählung (E r m a n ' s C g).
Die Vereinigung des Landes symbolisch im Ptah-Tempel von Memphis verewigt.
l6c <
AAA/\Aft
*sc Es geschah, daß man Binse und Papyr^is setzte^ an die beiden Aiißentorbantcn des
Hauses des Piah^^. Das ist Horiis und Seth, die sich vertrugen und vereinigten'^ , datnit {oder:
indem) sie sich verbrüderten'^, damit ihr Streit anj hör e^ ***^ ati \jedem\ Ort, an den sie ge/a>igtenK
vereinigt {sind sie) " im Hanse des Ptah, der ,,Wage der beiden Länder"^\ in der das oberägyp-
tische U7id das tinterägyptischc Land gcivogen ivordeti sindK
a) hpr-n diu ,,es geschah, daß man setzte" wörtlich ebenso häufig im Pap.; dw wird dabei
die alte mask. Infinitivform diu des Verbums lüdj (vielleicht eine Form wie ' b.w ,, Reinigung"
von w' b und arab. /idatun von wa/ada) sein, die für die älteste Sprache charakteristisch ist;
sie findet sich in ganz ähnlicher Bedeutung wie hier in dem alten Thronbesteigungstext von
Derelbahri Urk. IV, 261, wo vom , .Einsetzen" der Königsnamen in Bauten und Urkunden
die Rede ist. — sn , dessen Lesung sich schon aus Breasted's Faksimile entnehmen ließ und
sich am Abklatsch als völlig sicher bestätigte, ist offenbar eine altertümliche phonetische Schrei-
bung für sm' , das im demotischen Text der Rosettana (an Stelle des gewöhnlicheren I . "^ sw.t)
als Name der Wappenpflanze Oberägyptens neben ivt, d. i. das alte wid, als der unterägyp-
tischen Wappenpflanze genannt wird (Urk. II, 193). Zu der Schreibung von n für ;;/ s. Verbum
I, § 227/8. Ursprung des Alphabets S. 153. Das Ideogramm von sn hatte nach dem, was davon
erhalten ist, die Form I. die ja auch sonst als Gegenstück zu | aufzutreten pflegt, und zwar, wje
es in älterer Zeit dabei die Regel ist, mit geradem Schaft wie die Binse in tiiij. Die Anbrin-
gung der beiden Wappenpflanzen gerade in dieser Gestalt am Tempeleingang als Symbole
für die Vereinigung der beiden Länder wird auf das beste illustriert durch die beiden Granit-
pfeiler Thutmosis' III. im Tempel von Karnak.
b) Die Bezeichnung//!.^ Pth ,,Haus des Ptah" (ebenso i6c. 61) an Stelle eines zu erwartenden
h.t-ntr nt Pth ,, Gotteshaus des Ptah" (vgl. Urk. I, 37. 84. ^7. 119) und entsprechend h-i Skr
in 17c ist altertümlich und entspricht dem Vorkommen des einfachen V ,, Diener" statt |u,, Gottes-
diener" in gewissen alten Priestertiteln wie V [| ,, Diener der Isis" (ÄZ t,-], Taf. i), ■■^■| ,, Diener
der Ss." (Pal. -.Stein Vs. x, 7), '^^O ,, Diener der Seelen von Hierakonpolis" (Urk. I, 118) u.a.
o
5 I. Das Denkmal memphitischt-r Theologie.
Der Ausdruck //./'. /"//^ findet sich indessen auch später noch oft' und scheint geradezu der Name
des Heihgtumes gewesen zu sein.
c) Mit der ,, Vereinigung" des Horus und Seth wird ihre Verschmelzung in der Person
des Horus gemeint sein, wie sie uns in den Benennungen ,, Horus und Seth" und }ib.ivj ,,die
beiden Herren" für die Person des Königs als \'ereiniger der beiden Länder entgegentritt.
d) hisn-sn wohl sdm-f, sei es Zustandssatz oder Fortsetzung nach Art des W'aw conse-
cutivum und des kopt. Konjunktivs.
e) tm snt.t-sn Finalsatz, snt.f das alte 9 ^ \J snt.t ,, Streit" von Pyr. 1463 c. — Der Ge-
brauch von tm. wie er hier vorliegt, ist in der alten Sprache sehr gewöhnlich, besonders von dem
Aufhören oder Nichtmehrstattfinden unangenehmer Zustände; vgl. 0 ^-l^^v (1 ':;:3^ , .da-
mit das, was an dir ist, aufhört" Pyr. 639 (vgl. 830. 843) ; _i^ 0 <^ ^c^:^ J ^ , .damit die
Trauer aufhört" Pvr. 1009, _-i_ v\ (J v\ , .damit das ,*///;'. zt' aufhöre" Pvr. 1244b 'parallel:
,, damit das (1 V^ vertrieben werde") ; -jjo: %\ ^^^^ ' aw^ o^ I^,wvva ,,es hört auf ihre
Furcht und ihr Respekt" Lacau, Text, relig. 12, 43.
f) Von den Worten, die aui hifJ-sn folgten, las Breasted ^\ \>^4$^ 0 k^ > ''""^lem
er die beiden ersten Zeichen als zerstört bezeichnete. .Sie sind aber völlig sicher; das ^ steht aber
nicht in der Mitte der Zeile, sondern so, daß notwendig etwas da\or gestanden haben muß. Man
wird nicht im Zweifel sein, daßesdas j von (5a' ., Ort" gewesen sein muß. Zu diesem Zeichen, das
unser Text nach alter Weise klein zu machen pflegt, paßt denn auch der Zeichenrest, den man
\or dem ^ zu sehen meint. Das Zeichen, das unmittelbar über dem wohlerhaltenen stand,
ist, auf Abklatsch und Original deutlich erkennbar, ein .Schiff. Darüber scheint <=> gestanden zu
haben. Das würde auf das Zeitwort spr , .gelangen" führen, das in alter Zeit so determiniert wird ;
vgl. [In "^^ Pyr. ii88d (von eineni Schwimmer), n ^ ""^ in Hs A = 0 ^ a^. in Hs C der
Stelle von Totb. 17, die Grapow Urk. V, 27, 14 in anderer Orthographie wiedergegeben hat (von
einem Himmelswanderer). Ob nun wirklich so zu lesen oder nicht, das Fehlen des Tempuscharak-
ters// \or dem .Suffix s>i zwingt uns dazu, den Relati\satz imperfektisch aufzufassen. Er wird
sich also nicht auf etwas beziehen, das damals bereits geschehen war, sondern auf etwas, das
noch geschehen konnte. Im Zusammenhang mit dem negativen ft/i snt.t-sn könnte dabei hinter
bw das Adjektiv ^:r:7 gestanden haben, so daß man eventuell zu einem W'ortlaut ni hiv nb spr-sn
'im mit dem .Sinn ,,wo immer sie hingelangen und sich treffen würden" käme, im in der Be-
deutung ..dahin" (bzw. ,, wohin" im Relativsatz) ist für die alte Sprache charakteristisch,
wenn es auch bei spr wohl bisher nicht belegt ist.
g) snß , .vereinigt" wohl Pseudopartizip, auf ,, Horus und .Seth" in 15 c zu beziehen, über
die dazwischenstehenden Attributivsätze hinweg direkt an Hr-St/i piü anschließend und diesen
Satz erst zu einer wirklichen Erklärung des hpr-n dio m loid r rw.tj h.t Pth vervollstän-
digend.
h) In mhi.t ,,Wage" ist das Ideogramm deutlich die Wage ohne Standbalken, nicht das
Zeichen des Hauses [^zd, das man bisher dafür las. Mhi.t-ti.ivj nicht Name des Ptah-Tempels,
I s. Stolk, Ptah S. t^t,. 34. 38; ferner Louvre C. 3oß, 19 aus dem MR und auf den Grabsteinen der mem-
phitischen Hohenpriester der Ptolcmäerzeit.
Kommentnr. Zeile 13 c — i8c. i-j
sondern der Stadt Memphis bzw. eines Teiles derselben (so nach Brugsch, Thes. VI, 1394/5),
in dem der Tempel lag (vgl. Rosettana Urk. II, 172, 9).
i)/5./ Part. pass. perf., also ,,die Wage tler beiden Länder, in der sie gewogen wurden",
nämlich beim Teilungsakt \on 8. 9, der im Gebiete \on Memphis stattgefunden haben sollte.
Erman S. 933 übersetzte ,,in der sie gewogen werden", was/55./ heißen müßte, und deutete
das so, daß sich beide Länder in Memphis, das in der Mitte liege, das Gleichgewicht hielten.
i6c — i8c. 19. Schluß der vorhergehenden Erzählung (E r m a n' s Ch)'.
Entstehung der Beziehungen des Osiris zu Memphis durch seinen Tod daselbst.
AAAAAA , r
'>AAA AA/\A/\A ' *
^**^ Das isi dieses La>id^ ^T^ \tt'o\ des Osiris im Hause des Soker^.
I8c
Nephthys und Isis'^ ohne Verzug"^, ^9 lüeil Osiris in seinem Wasser ertrunken war (oder: in
sein Wasser gefallen zvar)^, so daß (od. indem) Isis \und Ncphthys\ es sahen^. ^Sie erblickten
ihn 7/nd entsetzten sieh über ihn. Da befahl Harns der Isis und der Nephthys ohne Verzug,
daß sie den Osiris packten\, damit sie [verhüteten^, daß er ertrinke (bzw. versinke)^.
a) /5 pn , .dieses Land" hier nicht Ägypten, sondern die Gegend von Memphis, von der
eben die Rede war (Erman). Das />/'/' muß durch einen Relativsatz komplementiert werden
,,das ist das Land, in dem das und das geschah". Das gibt dann eine passende Überleitung
zu dem Thema von iScff., der Ertränkung des Osiris.
b) Es ist klar, daß hier von der Beisetzung ,,des Osiris in dem Hause des Soker", d. h.
des memphitischen Totengottes, mit dem er ja später identifiziert worden ist, die Rede war.
Das gab den Anlaß, die Geschichte vom Tode des Gottes anzuknüpfen. — Vor den Worten
nt Ws-'r glaubte ich in Anlehnung an die \-on Breasted angegebenen Zeichenspuren auf
dem alten Abdruck I ^ zu erkennen, doch bestätigte sich das am Originale selbst nicht;
auf ihm ist hier -cä_ tatsächlich nichts mehr zu erkennen.
I
c) In der Lücke vor der Nennung der Isis und Nephthys, in der die letztere wohl nur
versehentlich voransteht, wird etwa gestanden haben, daß die Göttinnen ein Klagegeschrei
ausstießen oder daß Horus auf ihre Hilferufe herbeigeeilt sei.
d) m dd (mit der später üblichen .Schreibung des Wortstammes ddj ,, dauern", ,, währen",
die sicherlich nicht in der l'rhandschrift stand) hier und in 62 nicht ,,in Busiris", wie Erman
zweifelnd übersetzte, was ja aber gar nicht in den Zusammenhang paßte, sondern es liegt das
1 Die Berechnung der Lücken hei Erman ist ungenau, weil sie auf Breasted's Zeichnung beruht,
die die Größenverhältnisse des Originales nicht immer richtig wiedergibt.
2 Größe der Lücke 18 cm = etwa 10 Gruppenquadrate.
3 Größe der Lücke 26 cm = etwa 14 V., Gruppenquadrate.
4 Grf>ßc der Lücke 32'/., cm = etwa 19 Gruppenquadrate.
-lg I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
unpersönliche Verbum dd „es dauert" vor in einer Anwendung, die wir aus den Pyr. kennen,
nämlich in negativen Sätzen mit der Bedeutung ,,es dauert nicht lange", ,,es verzögert sich
nicht" mit folgendem sdm-f im Sinne von ,,bis" bzw. ,,daß er hört", s. m. l'nters. \', q6. An
unserer Stelle fehlt ein solcher abhängiger .Satz und die Negation ist das alte 7n der Pyr., das
speziell in Zustandssätzen wie im vorliegenden Falle gebraucht wird; \gl. Verbum H. § 1014,
wo alle Beispiele mit ^^.^ oder ^y— "^ so aufzufassen sind und mit ,,ohne daß . . ." übersetzt
werden können. Wir haben demgemäß bei uns also zu übersetzen: ..ohne daß es lange dauerte
(seil, bis es geschah)", d. h. ,,ohne Verzug".
e) n nih-n Ws-'ir hr mw-f ist ebenso Kausalsatz wie das entsprechende n wn.t Ws-]r tn/j-f
der Parallelstelle 62. Ungewöhnlich die sdm-n-f-Yorm nach ;/. Diese Form, die zeigt, daß
wir es im Unterschied zu 8. iia mit einem intransitiven Verbum zu tun haben (wie nachher in
hw-sn m/i-f), findet sich auch in den Varianten, die die jüngeren Pyramiden M. und X. in dem
jenen .Stellen entsprechenden Satze dr bw mh-k 'im ,,an dem Orte, an dem du ertränkt worden
bist" (Pyr. 24 d. 61 5 d. 766 d) an .Stelle der älteren passivischen Form »ili-k bieten. Es ist dort
also an Stelle des ursprünglichen ,, ertränkt werden" ein , .ertrinken" gesetzt worden. Nach der
Fassung, die unser Passus in 62 hat, könnte auch bei uns das n jüngere Interpolation sein;
man könnte auch denken, daß es (wie übrigens möglicherweise auch an jenen Pyr. -Stellen)
aus einer alten Schreibung des Determinativs des Wassers (^~v^A^ statt w~w) mißdeutet sei. Sollte
AAAAAA
das // demgemäß zu streichen sein, so würde das Verbum im sdm-f stehen und also an seiner
intransitiven Natur nichts geändert. Diese tritt uns übrigens, abgesehen von den unter g zu
zitierenden Stellen, völlig zweifellos auch an einer anderen Stelle entgegen, die gleichfalls den
Tod des Osiris betrifft. In dem magischen Text Rec. de trav. 14, 14 heißt es mit Bezug
auf S„h als B6se.id„: WT^Z.^ ü^\.-f^\.^^-Aä.^''y'ß^
,,wie das, was er getan hat gegen Osiris vordem, als er ihn im Wasser ertrinken ließ" (Text
nach einer Abschrift von Card in er berichtigt). — Das lir mit\ das wir hier ebenso wie
bei uns an Stelle eines zu erwartenden w W7C' haben, ist guter alter Sprachgebrauch:
vgl. ÄZ 58, 62. Von dem im Wasser schwimmenden Osiris liegt es Metternichstele '^'?^^-
vor. — Zweifeln kann man nun noch, wie das Wort mh zu übersetzen ist. Da nachher
davon die Rede ist, daß Isis und Nephthys verhindern sollen, daß Osiris mh- mache, so
würde das Wort, wenn man es dort mit ,, ertrinken" wiederzugeben hätte, bei uns nicht
wohl , .ertrunken sein" bedeuten können; es könnte hier nur ,,ins Wasser fallen" o. ä.
bedeuten. Andererseits ist ja kein Zweifel, daß Osiris auch in imserem Texte wirklich er-
trunken sein soll. Unter diesen L'mständen scheint es vielmehr geboten, an der anderen Stelle
für das w//, das Isis und Nephthys \'erhindern sollen, eine besondere Bedeutung anzunehmen;
es wird sich da wohl um das Forttreiben oder Untergehen des Ertrunkenen handeln, auf dessen
Bergung und Wiederbelebung es ankam. — Das auch in ö2 ebenso wiederkehrende Suffix
/bei mw hat Er man auf Osiris bezogen, der damit als Gott der Überschwemmung dokumen-
tiert würde. Ich würde es eigentlich lieber auf ti pn ,, dieses Land" oder den Ptah beziehen,
die dann freilich wohl irgendwie in der Lücke genannt gewesen sein müßten. Denn eine Be-
«ugnahme auf den Ort (Memphis), wie sie damit gewonnen würde, erwartet man hier doch
ebenso wie in 62. Dort könnte das Suffix aber, wenn anders der Text \ollstandio; ist, nur auf
Kommentar. Zeile l8c — ig. -^n
Ptah bezogen werden, und auch dessen Nennung liegt dort so weit zurück und ist so neben-
sächlicher Art, daß man doch wohl bei Erman's Auffassung bleiben und das Fehlen einer
direkt ausgesprochenen Bezugnahme auf den Ort hinnehmen müs.sen wird. Sie wird zwischen
den Zeilen zu verstehen sein. Die Beziehung zwischen der fruchtbringenden Natur der Über-
schwemmung und dem Wassertode des Osiris ist ja auch ganz offenkundige Voraussetzung in 62.
f) ^o,v\ nahm Erman, obwohl ihm in 62 .^ *K^ci entspricht, für »ßto.t „Neuheit"
und verband es mit miü zu dem Ausdruck miü miw.i ,, neues Wasser", den er aus jüngeren
Texten (seit dem NR) belegen konnte. Ein »iiv-f miiv.t ohne nii) vor dem Genitiv würde ja auch
durchaus möglich sein, wenn es sich um seine alte teste Verbindung handelte; es ist aber zweifel-
haft, ob die l'mschreibung von ,,neu"' durch den Genitix' von t/iizv.t überhaupt so alt war. Läse
man mit Erman miv-f »i3n).f, so würde mit dem folgenden /i./ schwer etwas anzufangen sein.
Das in 62 folgende /'/'r-//'/ ,,sie schauten" zeigt aber, daß das nß .t nicht anzutasten ist, was denn
auch Erman dort nicht getan hat. niii und />//' gehören in dieser Reihenfolge in der alten
religiösen Literatur wie zwei Korrelate zusammen; vgl. Pyr. 25ga. 476a. 939a. 1472a. 1980a.
Es ist vielleicht auch nicht belanglos, daß an 2 von diesen Stellen gerade Isis und Nephthys
die beiden Worte \om Anblick des Osiris brauchen (939a. 1472a) und daß gerade das von
Erman eliminierte itß^ öfters von der Auffindung des toten Osiris durch Isis und Nephthys
gebraucht wird (Pyr. 584a. 1292a. 2oo9d. 2r44b). Das <=> ^r" ''^' ""^ ist gewiß aus einem schlecht
erhaltenen ^^^^s des alten Textes verlesen. Aul schlechte Erhaltung desselben wird auch das
Fehlen des -cs^ zurückzuführen sein, für das man sonst auch auf die alten Schreibungen y
^^ 'kJ j.die denHorus und .Seth sieht" (Grabsteine der i. Dyn.) und ^^ ,, Großer der Seher"
(Titel des Hohenpriesters von Heliopolis) verweisen könnte, bei denen dieW'eglassung des Zeichens
auf abergläubischen Gründen beruhen dürfte (Furcht vor dem bösen Blick ?). Für die sd»i.t-J-
Form von w55, die bei uns mit ,, indem" oder ,,so daß" zu übersetzen sein wird, vgl. <::> .^
|[j ,,so daß die beiden Länder es sehen", Urk. IV 348. — Die Namen der Isis und der
Nephthys sollten natürlich auch hier wie sonst in gespaltener Kolumne nebeneinander-
stehen.
g) Wie Erman bereits bemerkt hat, füllt der Text der Parallelstelle 02 hier genau
die Lücke. — Zu dem \htv-\sn »th-f, zu dem Erman die oben .S. 25 erwähnten Stellen aus
den ,, Festgesängen der Isis und Nephthys" zitieren konnte, vgl. ferner den folgenden Passus
eines alten Textes, der auf saitischen Särgen aus Sakkara wiederzukehren pflegt (Ann. du
Serv. I, 179. 256) und nach Verbesserung einiger offenbarer leichter Verderbnisse lautet:
,, Osiris NN., deine Schwester Isis kommt zu dir, froh über deine Liebe, sie schaut dich, sie
wehrt deinen Füßen", a^/ v ^"^^ V ^ Mv ^^-^ °^ ^ ""^"^ "^'^ schützt dich> damit du nicht
ertrinkst", ,,sie gibt dir Luft in deine Nase und du lebst (wieder), sie läßt deine Kehle atmen
und du stirbst nicht (mehr) ewiglich"- Es handelt sich also um die Wiederbelebung des Er-
trunkenen, und so wohl auch bei uns. Zu dem Ausdruck für das Verhüten des Ertrinkens vgl.
— »- ^^ %> "^ fc^ ^ =«=^ § ^^" =^,=_ ,, verhüte, daß er ertrinke" Bauer B i, 238 (dazu Vogel-
sang S. 175).
AQ I. Das Denkmal memphi tischer Theologie.
2oa — 2ia. Gespräch bei der vorhergehenden Szene (Erman's Ac).
^"^//orus spricht Worte zu Isis und Neplitliys : ,, geht, faßt i[h/i"^ \\ (weist auf) Osiris \\ ^]
^^^/s7S und Nephthys sprechen Worte zu Osiris: ,,wir kommen, mir nehtnot dich" \\
[{blicken auf) Osii-is ||]b.
a) Zu ergänzen (1 v ['^'=^-]. dem >n Ws-'ir nach ndr-sn in 62 entsprechend. Zu der
Konstruktion \on fidr mit w vgl. Pyr. 390b. 1250b. 1300a und vor allem ib. 3c. d. 1630c.
1786b, wo es genau wie bei uns von Isis und Nephthys mit Bezug auf den toten Osiris
gebraucht ist. B; 0(1 ^^^^^==^ A O^^^^'^^ |j^:=^,..sie faßt dich, sie gibt dir dein eigenes Herz
(wieder)" heißt es dabei in den .Sarginschriften von den Göttinnen, die zu Kopf und zu Füßen des
Toten stehen sollen (Pyr. 3 c. d; in i. Person als Rede der Nephthys 1786b), also wieder deut-
licli im Zusammenhang mit der Wiederbelebung des unzweifelhaft Gestorbenen.
b) Ob auf die Worte im-f bzw. kii: noch etwas folgte außer dem szenischen Vermerk,
der nacli dem Pap. nicht fehlen durfte und in beiden Zeilen sicherlich den (Jsiris nannte, ist
nicht zu sagen. Nach dem Beispiel der szenischen Vermerke in 10 — 12 könnte diesem Vermerk
noch ein zweiter Vermerk vorangegangen sein, der die beiden Göttinnen nannte, in 20a als
Angeredete wie in 10 — 12 und 13 — 14, in 21a als die in 1. Person Redenden.
20b. 2 I b. 22. Erzählung (Erman's Ch).
Bergung der Leiche des Osiris.
/VWW\"> _ r.,-rrrrrrrr.
^'^^ I ^ und so\ ließen sie ihn gelangen atis ^^^ \La>td\ ''
] •^ [Und so geriet Osiris in\ die Erde in ^^ der
,, Königsburg" auj der Ä'ordseite [dieses Landes, zii dem er gelangt tvar'^ ]
[ Y
a) Die Lücke wird durch die Worte /»/ir-i// tp r tr, die an der Parallelstelle 63 auf //7t'-//'/ mh-f
folgen, nicht gefüllt. Vielleicht waren hier die Sätze ndr-sn tn Ws-h hiv-sn mh-f, die dort
von dem Satze ,,Horus befahl" abhängig sind und in gleichem Zusammenhang auch hier in
19 gestanden haben werden, noch einmal in passender Abänderung der Formen als Aussage-
1 Größe der Lücke auf etwa 27 cm zu schätzen = etwa 16 Gruppenquadrate.
2 Größe der Lücke etwa 29 cm = 17 Gruppenquadrate, wovon etwa 5 bis 6 auf da.s ergänzte Stück
gehen werden.
3 Im Original hat der König Stab und Keule wie in den Bildern des Ramessumpapyrus.
4 Größe der Lücke hinter °<=>< mit Ausschluß des Raumes für das O des nächsten Abschnitts etwa
49 cm = 29 Gruppenquadrate, wovon etwa 6 auf das ergänzte Stück zu rechnen sein werden.
Kommentar. Zeile 20a — 22. /j.1
sätze wiederholt, um die "Ausführung des Befehles zu melden. Der Raum würde dazu gut
passen. -, ^
b) Nach der Stellung des ü in //>;>- wird entweder 0 oder ''^ J gestanden haben. Die Zeichen-
I AAAAAA , , , . . "fV 1
Stellung in | ] und die abgekürzte Schreibung von iw ohne Y\ wegen Raummangels am
Zeilenende sind charakteristische Erscheinungen der alten Zeit. — spr r B wird hier geradezu
die Bedeutung ,, landen" = ,,an Land bringen" haben, nachher in 22 ,,an Land kommen";
vgl. dazu die .Schreibung mit dem Schiff ob. S. 36.
c) Die Lücke faßt den umfangreichen Wortlaut, der in 63 hier folgt, bei weitem nicht;
sie würde gerade ausreichen für die Worte ' k-f sbh. let sii.ivl m dsr.iv mv nb.w >i/th. die in 63
genau iSVaCm einnehmen. Das sind die Worte, die eben das aussprechen, was (wenigstens in
seinem ersten Teile bis stB. wi einschließlich) als Voraussetzung für das folgende sw hpr Ws-ir
m ti absolut notwendig ist. Die weiter folgenden Sätze in 63/64 enthalten demgegenüber
nebensächliche Dinge, die wohl entbehrlich waren.
d) Die erhaltenen Worte beim Zeilenwechsel 21^22 la.s.sen keinen Zweifel, daß genau so
dastand wie in 64. Insbesondere war auch die Zeichenstellung in gs »ih.tj genau die gleiche;
das Zeichen t ist in seiner kurzen, die Zeilenbreite nicht füllenden F"orm ganz erhalten, darunter
der Kopf des ■^s, (wie in B reasted's Faksimile; E r man 's Wiedergabe ist nicht richtig). —
Die ., Königsburg", in der Osiris bestattet sein soll, ist hier vielleicht nur als Name eines .Stadt-
teiles von Meinphis genannt, da die Erbauung erst nachher erzählt wird. Der Ort wird Pyr.
Var. (1 ci v\ I erwähnt, woraus sich der Lautwert h.t-
i658d als
:fl5
^E Var. u . ib. 640 b als
w
Uiv ergibt', ein Name, der das Wort J /iJ, das wir gemeiniglich mit ,,Haus" übersetzen, ein-
mal deutlich in der Bedeutung ,,Burg", , .Schloß" zeigt, die ihm Maspero immer vindiziert
hat. Es handelt sich ohne Zweifel um die ,, Königsburg" von Memphis, -k hi Msf/cpso ßocciXsia,
von der Manethos überlieferte, daß sie von "A&ojö-t?, dem Sohne und Nachfolger des Menes,
erbaut worden sei. Es kann kein Zufall sein, daß das in dem Namen dieser ., Königsburg"
enthaltene Wort für ,, König" ii(/iv, Uw, das [1 ci der Pyr., später (1 jjOOra ''iJJ) diesem Königs-
namen so außerordentlich ähnlich, ja fast gleich ist. ob Manethos nun an den ersten der Menes-
nachfolger des Namens Atothis gedacht hat, den Horus g^ Dr ( ?), mit Eigennamen 0 oder c^il
d. i. '/t- (Petrie, Royal Tombs II 15,109), auf dem Kairiner Annalenfragment des AR Cn^-/\
d. i. '/(/•^, in der Königsliste von Abydos mißverstanden zu (^0. hn Turiner Königs- ! ^'' )
papyrus aber noch richtig ((jj^] j. oder an den zweiten ('A&wdr,; ötiwvujxoq bei Eratosthenes),
den Horus Ü DJ, mit Eigennamen O | '///' (Petrie a. a. O. I 18,2. 3), in der Königstafel von
Abydos noch richtig ([j^j] genannt. Hier muß ein Zusammenhang bestehen, sei es nun,
1 Zu der .Schreibung mit der Festungsmaucr für J vgl. |^l^|[ für //.i-k^-P/h als Xame von
Memphi.s Totb. 125, Konf. 10 im Papyrus des Ani, ed. Budge pl. 31.
2 Vgl. die Schreibungen für it-R' ,, Vater des Re'" im Namen des Gottes Amenophis' IV., Nachr.
Gott. Ges. d. Wiss. 1921, 118. 3 Vgl. meine Ausgabe der Pyramidentexte IV, § 18.
U.\e X, i; Seihe. g
p
A2 J- Das Denkmal memphitischer Theologie.
daß die Königsburg in Wahrheit nach ihrem Erbauer Atothis benannt war, sei es daß ihre
Erbauung diesem König wegen der Namensgleichheit fälschhch zugeschrieben worden ist.
An jenen Stellen der Pyr. -Texte ist es ebenfalls wie bei uns Osiris, der als Herr dieser
„Königsburg" von Memphis genannt wird. Dagegen nennt die von Er man aus Menephthah's
Libyerkriegsbericht (Z. 6) zitierte Bezeichnung für Memphis 3 E 14 © w^v /vw^/v^ m) „die Königs-
bürg des Ti-7iti" vielmehr den Ptah als Herrn des Ortes, wozu die Nennung dieses Gottes
bei uns in 64 heranzuziehen ist. Vgl. auch: V^^fl! ^0 ft® ^1^ £: ^sSPk
7^^*v n^ f . T^ ' "'^^'^ \'\'&'iX. die beiden Länder geschieden in der Königsburg als Ti-
tnn, der Alteste der Urgötter" Berl. Pap. 3056,2,5; die , .Königsburg" ist in diesem Hymnus
infolge der Ersetzung des alten Festungsideogramms durch die Mauer später in Jf?® "Clit-
Weiße Mauer", d. i. Memphis, umgedeutet worden, Brugsch, Reise nach d. gr. Oase
Taf. 26,35 (Perserzeit).
e) Die Lücke bietet reichlich Raum für den Text von 64. der dort am Ende der ganzen
Inschrift aus Raummangel außerordentlich zusammengedrängt in \-iel kleinerer Schrift nur
2ü cm einnimmt. Der bei uns vorhandene Raum für etwa 23 Gruppenquadrate würde xon
dem Text in normaler Schreibung wohl gerade ausgefüllt werden.
22 — 23. .Schluß der vorhergehenden Erzählung (Erman's Ch).
Erbauung der ,, Königsburg" von Memphis.
22 1
iiii 11 11 11 11 11 IIP
" Es geschah "^"i, daß man die ,. Königsburg'' baute ^. [
]
a) kd wwA Infinitiv sein. In der ungewöhnlichen Schreibung erkennt man die alteSchrei-
bungder Pyr.X '' \ \ wieder, die dort in senkrechter Zeile meist der damals herrschenden Schreib-
sitte gemäß so verstellt erscheint :
nehmen will, daß die Erbauung
Ö
(\gl. Pyr. -Texte IV, S. 32), Wenn man daran Anstoß
der Burg erst hier erzählt wird, nachdem schon vor-
her von ihr die Rede gewesen ist, so bleibt einem die Möglichkeit, das Wort kd mit ,, wiederauf-
bauen" zu übersetzen. Wahrscheinlicher ist aber doch wohl, daß vorher bei der Einbringung der
Leiche des Osiris nur \"on dem Orte die Rede war, wo hernach die Burg stand, die die Er-
zählung dann an unserer .Stelle vermutlich um die Ruhestätte des Osiris erbaut werden ließ.
24a — 35a. Gespräch zwischen Geb und Thoth (und anderen Personen?) über
den Bau der ,, Weißen {}) Mauer" (Erman's Af).
Erhalten nur Anfang von *4a: "^-^ J ''^y^ ^H/ '^"'-^ Ende \on 3ia. j t y^^^\ y^^ 32a- j t_
Schon Er man hat bemerkt, daß dieses am Anfang von 24 beginnende Redestück^ sich
1 Lücke 51 Va cm = etwa ,30 Gruppenquadrate.
2 So, aber gewiß nur ein verstümmeltes oder unvoÜNtändig ausgeführtes ^^.
3 Daß 24 von Brcasted nicht durch eine Horizontallinie in zwei Teile (24a und 24 h) getrennt ist,
muß auf einem Versehen beruhen. Er hat ja selbst ganz richtig bemerkt, daß diese Teilung bei allen Zeilen,
die Reden enthalten, zu beobachten ist (AZ 39, 42, Anm. i).
Kommentar. Zeile 22 — 23. 24a — 35a. 24b — 27 1
43
bis 35a erstreckt haben könnte. Tatsächlich muß das notwendig der Fall gewesen sein, da nur
so die Anordnung der aus kurzen Erzählungen und den zugehörigen Reden bestehenden Stücke
24b — 26b und 27b — 35b unterhalb \on 24a — 35a verständlich ist.
Die Zusammengehörigkeit von 24a — 35a ist aber auch nach dem wenigen, was da\on
erhalten ist, und nach dem, was voranging, wahrscheinlich. Es handeil sich augenscheinlich
tun ein Gespräch, das Geb, der .Sprecher der Götter mit Thoth, dem Gott der Wissenschaft
im Anschluß an den Bau der ,, Königsburg" über ein anderes Gebäude führte.
Am Anfang von 24 a lesen wir: ,,Geb spricht Worte zuThoth", und am Ende der Zeilen 31 a und
32a ist uns von dem szenischen Vermerk, der hier stehen mußte, das Wort : : (deutlich so, nicht
etwa das Zeichen der,, Königsburg") erhalten : es wird die Bezeichnung des Gebäudes, von dem die
Rede war, darstellen oder zu ihr gehören. Es ist kaum zweifelhaft, daß es sich hier um die
, .Weißen Mauern" bzw. die ,,W^eiße Mauer" handelte, den Kern der späteren Stadt Memphis,
in deren .Süden der Tempel des Ptah stand, der daher selbst den Beinamen ,,der südlich von
seiner Mauer ist" führte (bei uns in 13c). Nach der Stellung des Zeichens j : inmitten der Zeile
wird auch an unserer .Stelle nur diese Abkürzung des Namens dagestanden haben, also nicht
die pluralische Form oder .Schreibung und nicht mit dem Adjektivum ,,weiß", sondern bloß
,,die Mauer". Das entspricht auch der Form, imter der uns der nach der Stadt benannte mem-
phitische Gau LLi ,, der Gau der weißen Mauer" in 14c begegnete: ,,der Mauergau". Die ab-
gekürzte, wie ,,die Mauer" aussehende Namenstorm ist uns aus alter Zeit in dem Ausdruck
^^^ uT l l "^'"^'^'^ö "^"^ *^'^ Mauer" (s. ob. S. 31/32) oft belegt, in dem später die pluralische Form
oder die vollere Form ..die weiße Mauer (-Stadt)" geschrieben wird. Es wäre denkbar, daß
es sich auch bei uns um nichts anderes als diese Zeremonie des Thronbesteigungsfestes
gehandelt habe.
Über dem j [ von 32a scheinen nach dem Abklatsch noch, durch den I]-
Trennungsstrich von ihm geschieden, die Zeichen 0 <=^ zu stehen:
24b. Kurze E rzählung. Verloren.
25b — 26b. Gespräch dazu (Erman's A g).
25 b
26 b
Daraus, daßdas'jM) genau in der gleichen Höhe steht wie in den folgenden Zeilen, kann
nicht auf die Personen, die das Gespräch führten, geschlossen werden. Auch in loa — 21a
steht es überall gleich, und man muß damit rechnen, daß die Gleichstellung nur aus ästhetischen
Gründen durchgeführt war (s. ob. S. 12). In 26b scheint von dem Namen der angeredeten
Person noch ein jj zu erkennen zu sein, das angesichts dessen, was in 27b folgt, wahrscheinlich
auf Isis zu deuten ist.
27b. Kurze Erzählung (bei Erman irrig zu Ag genommen).
I Lücke, etwa 2,1 cm brutto = i Gruppenquadrat.
2 Lü(-ke 25V2 cm = 15 Gruppenquadrate.
6*
44
Das Denkmal memphitischer Theologie.
^"7^ [Es geschah (P)-"!] daß Isis veranlaßte, daß [ '\ geholt wurde^ [ ]
a) Für das zu erwartende % erscheint der Raum etwas zu klein. Ob 1"^ (gestellt wie in
13c. 14c) gestanden hat?
b) ^ an Stelle des von Breasted zweifelnd gelesenen ^ sehr wahrscheinlich, aber nicht
ganz sicher; dagegen ist das von Erman angezweifelte o> \öllig sicher. Was Isis holen ließ,
ist \öllig verloren, es könnte eventuell Seth gewesen sein oder Horus und Seth.
28b — .35b. Ermahnung der Isis an Horus und Seth (Erman'sAg).
^^^ \ ^ t\ K^r >=^ t\ '-' 11 m ^ %. m. <-•->■ ^° <^'" = R^'"™ für ■ 2 C.ruppen
29 b
30b
31b
32b
33b
34 b
3Sb
n'=^= fl ^ s==3 pp 22 V2 cm = Raum für i •? Ouppen
oD'i'^;^» ■. . . .
b pp iS^'j cm = Raum für ii (Iruppen
gg^ = <^% 17 cm = Raum für lo Gruppen
II
1, 11 ii 11 ii 11
■<^m
28b |jij5 35 b /„•.,- spricht Worte zu Horus und Seih :
^sb ,Jiöret {?)-^ \ ]
29b vertragt euch [ ]
S"** \inchf tvird] euch das Leben angenehm sein, t>is^' \ ihr gnädig stimmt]
3»'' ihn' , damit er eure Tratten trocknet ^"^ \ ]
Das übrige zerstört.
a) Vielleicht [</] vn^ fJ p-^ '^^ ergänzen, doch ist es nicht sicher, daß vor dem m fin das
PI hineingeschoben, wie das üblich ist) wirkHch noch etwas gestanden hat. Ist das nicht der
Fall, so wird man bei dem m an die Negation des Imperativs denken.
b) )idm, von Erman ergänzt, schien mir durch die Abklatsche bestätigt zu werden, auf
denen ich das Zeichen | deutlich über dem ^\, auf gleicher Höhe mit dernl von 31b stehend,
zu erkennen glaubte. Vor ndm würde ich gern die Negation —fu. ergänzen (sei es zwischen die
Zeichen fpl gesetzt, wie eventuell das^i^in 28b, sei es am Ende von 29b), um den in der Über-
setzung angenommenen Sinn zu erhalten. Natürlich besteht aber auch die Möglichkeit ohne
dies auszukommen, wenn man ir als ,,wenn" nimmt. In beiden Fällen wäre in dem darauf
iolgenden / der Anfang eines Verbums, etwa eines Kausativums, zu sehen. Man könnte an
etwas wie ,,bis ihr den und den Gott zufriedenstellt" bzw. ,, gnädig stimmt" (etwa Pl „ shtp)
denken, um damit Anschluß an die folgende Zeile mit ihren Pronomina 3. m. sg. Zugewinnen.
Und dieser zu vermutende Gott wird kein anderer als Ptah gewesen sein. Für ihn hat Kees
Rec. de trav. t,j, 74, 15. 16 als besondere, anscheinend zusammengehörige Kultformen die
Namen ly^fl* und ^I^)^^^^^ nachgewiesen, von denen der letztere seine Anspielung augen-
scheinlich in 31b, der erstere eben hier in 30b gefunden hat (so auch Kees a. a. O. 63). Sie
Kommentar. Zeile 27 b — 35 b. ac
werden beide wahrscheinlich in den zugehörigen szenischen Vermerken geradezu genannt
gewesen sein. So bestätigt sich die Lesung nd»/ auch von dieser Seite her.
c) Das sw hat Erinan als ,,ihn" aufgefaßt, und das ist wohl auch der anderen Möglich-
keit vorzuziehen, es für die unserm Texte eigentümliche Erzählungspartikel zu halten, die hier
kaum am Platze wäre. Als Objektspronomen könnte man es direkt an das für 30b vermutete
Verbum shtp-tn, oder wie nun zu ergänzen ist, anschließen: ,,bis [ihr] ihn [gnädig stimmt],
damit er eure Tränen trocknet". Das Übergreifen eines Satzes von der einen Zeile zur anderen
in einer fortlaufenden Rede liegt uns, abgesehen von 13a — i8a, augenscheinlich auch in 32a
vor (sowie möglicherweise am Übergang von 2gb zu 30b, wenn die dort vermutete Negation
in 29b statt in 30b stand). Daß es in einem solchen Falle auch nicht notwendig war, daß die
Zeile an der Bruchstelle des Satzes bis zu Ende vollgeschrieben war, wie anscheinend in 32a,
lehrt 13a — 18a. .So ist denn auch daraus, daß eine Ergänzung wie I „" den verfügbaren
Raum in 30b selbst bei reichlicher Bemessung der Felder für die szenischen Vermerke bei
weitem nicht gefüllt haben kann, kein Bedenken gegen die unmittelbare Verknüpfung mit
dem siv \'on 31b zu schöpfen.
d) Von dem Ausdruck ' h rtNJ.f ,,die Tränen trocknen"', den Erman aus Pyr. I983d und
Urk. IV, 1078 (= ÄZ 60,70) belegte und der in unklarer Verbindung mit dem Horusauge auch
Metternichstele 39 vorkommt (das . ^^ M x ^^^ als nicht anzutastendes Wesen genannt), ist,
wie schon oben unter c erwähnt wurde, ein Kultname des Ptah gebildet, den man, zumal in
Anbetracht unserer Stelle, die augenscheinlich darauf Bezug nimmt, als ,, der Tränentrockner"
deuten würde. Derselbe Name begegnet uns dann auch in der folgenden Stelle eines Ptah-
Hymnus (desselben, dem die ob. S. 34 angeführte Stelle entnommen wurde), wo Ptah als Sonnen-
gott gefeiert wird und es im Verlauf der Rede heißt: I ^ ff^^v^vl' ^~w~^^^
^^^' ' 'C^^^f P ^ ^ ""^ ["^^^ '^ T^ "'^^^ sorgst für die Bewohner des Westens, nach-
dem du die Feinde des Tränentrockners vertrieben und die Ss?/tLf (d. i. die löwengestaltige
Göttin von Memphis = .Sachmet) beruhigt hast" Berlin Pap. 3048,7,5. Hier sind die Be-
ziehungen des ,, Tränentrockners" zu Memphis ja offenbar, aber der Deutung desselben aut
Ptah steht als schweres Hindernis entgegnen, daß es eben dieser Gott, freilich in .Substitution
tür den Sonnengott, sein soll, der den anscheinend in der Unterwelt hausenden, mit der Mu-
miengestalt determinierten , .Tränentrockner" schützt. Steht hier eine Form des Ptah der an-
deren gegenüber oder hat man in dem , .Tränentrockner" einen ganz anderen Gott, etwa Osiris
zu sehen } Handelt es sich bei der von Kees nachgewiesenen Form des Ptah, die diesen Namen
führte, etwa um eine Verschmelzung des Totengottes Osiris mit Ptah, in dessen Stadt ihn
unser Text ja begraben sein läßt imd der später oft genug als Ptah-Soker-Osiris auttritt.''
Wenn der Name ursprünglich dem Osiris gehört haben sollte, so würde man angesichts der
.Stelle Pyr. 1983 d an der Bedeutung ,, Tränentrockner" zweifeln müssen, da dort gerade davon
die Rede ist, daß des Osiris Tränen getrocknet worden seien. Man würde danach eher mit
Kees, der dies mit Recht geltend machte, an eine Bedeutung ,, tränengetrocknet", d. i. ,,mit
getrockneten Tränen" denken, die unter Umständen auch an der Stelle der Metternichstele
passen könnte (,,das tränengetrocknete Horusauge").
46
I. Das Denkmal mempliitisclifr Theologie.
»iiiiiiiiiiii
36ff. Erzählung (Erman's Ch).
G a
m
iiMMMMM
ren.
36 [ ] die ,,Kömgsburg'\ \Das ist\ dieser Ort^, \tv6\
[ ] Rest des Textes verloren.
a) Das b{w) pH steht hier wahrscheinlich an der Spitze eines Satzes mit p7v wie fi pn in
i6c (S. },']).
45 — 47. .Schluß einer Erzählung,
die zu dem theologischen Teil des Textes hinübertührte (Erman's C i).
Erhalten sind nur die Zeilenanfänge:
45
46
47
ü
11
■
■
■
]
45 Groß und gewaltig ist (?) der Herr, der in \
46 vereinigt (?) | ]
47 ganz [ ]
Die vereinzelten Worte, die hier erhalten sind, scheinen, wieErman bemerkte, zu zeigen.
daß der Text hier schon hei den theologischen Dingen angelangt war, die ihn in 53 ff. erfüllen. —
Der mit wr'5 ,,Groß und gewaltig" beginnende .Satz in 45 entspricht dem 'nv zvr '5 Pth ,,groß
und gewaltig ist Ptah" in 53.
48 — 52. Liste der 8 Erscheinungsformen des Ptah
und ihre Erklärung (Erman's B).
überschrfft: ^^IlSTko
50a Q
51a G
^i
(3
OOÖc
52a n
r t — 1
fl ^ PI äM
_»
1^
^^-°nn]"
Wie weit die kurzen Zeilen, deren Ende zer-
stört ist. weiter beschrieben waren, ist ungewiß.
50 b
%: 58;%; «?%: «iJ«? ^~y>^
ifliniT
fS^IPllT
sib^f ppif ^^ et ff ^
52b ii^
\m
vJll u
IG Ä O k
o^ I iiJ-v37
I Lücke etwa 25011= 15 Gruppenquadrate. 2 Lücke etwa 29Cin= 17 Gruppenquadratc.
3 41- wie in 61, nach Abklatsch, im Original bei der schlechten Beleuchtung desselben nicht zu erkennen.
4 Nicht freigelassener Raum, wie Breasted angab.
6 In deutlichen Spuren erhalten.
.So deutlich der Abklatsch.
Kommentar. Zeile 36 — 49a.
47
^^ Die Götter, die in Ptah Gestalt gewonnen haben '^.
^9^ Pta/t, der auf dem großen Throne^, — (Erklärung zerstört).
So^Pia/i-A'un^, — der Vater, der A tum [erseugte]'-^
s^^Pta/i-A^aunet'', — die Mutter, die Atum gebar''.
5^^ Ptah der Große", — das ist Her:: und Zunge der \Götter]/u'unheit ''.
^9b[Ptah ]. — [ ], der dte Götter schuf K
50b yPtah ], — [ \ der die Götter schuf \
51b [Ptah ]. — [ 1
5^^ [Ptah ] — [ Nef erstem au der (odi?r: die) Nase des Re alle Tage^.
a) Wiewohl hpr nt sonst fast immer ,,zu etwas werden", ,,die Gestalt von etwas anneh-
men" bedeutet, hat sich Erman hier für die Deutung ,,die Götter, die aus Ptah geworden sind"
entschieden. Dafür scheint auf den ersten Blick eine Stelle aus dem schon öfter zitierten Ptah-
Hymnus (Berlin Pap. 3048, 10,9) zu sprechen, wo es heißt: ,,heil dir, Ptah, heil den | | | J') i^*^~^
^,^^0 'cz^ Göttern, die aus deinem Leibe geworden sind". Bei näherer Überlegung wird
man aber auch diese Stelle nicht als beweisend anerkennen können. Auch da wird man übersetzen
können: ,. die Götter, die in deiner Person Gestalt gewonnen haben", wie es an unserer Stelle das
Gegebene erscheint, zu übersetzen: ,,dieGötter. die in Ptah Gestalt gewonnen haben",,, zu Ptah
geworden sind". Diese Übersetzung scheint gegenüber der von E rman schon dadurch gerecht-
fertigt, daß diese Götter in der Liste nachher geradezu in der Gestalt des Ptah dargestellt sind
und den Namen Ptah führen, dem lediglich als unterscheidender Zusatz der Name einer andern
Gottheit zugefügt ist. Es sind verschiedene Formen des Gottes Ptah, in denenGötter, die eigent-
lich nach älterer Auffassung etwas Selbständiges gewesen waren, wie z. B. die ,,Urgötter" Nun
undNaunet, nun nach der neuen memphitischen Theologie mit Ptah verschmolzen, d.i. eben,, zu
Ptah geworden" sein sollen, gerade wie in Amon-Re', Chnum-Re' usw. Amun und Re', Chnum
und Re' eins geworden oder miteinander verschmolzen sind. Auch Amon-Re' könnte demnach
als ein ,,Gott (nämlich Re'), der zu Amun geworden ist" bezeichnet werden. Das Verbum hpr ist
in der Anwendung, in der wir es hier finden, also ein spezifischer Ausdruck der dogmatischen
Theologie, der das erklären soll, was wir bei der Betrachtung der ägyptischen Religion als
Angleichimg, Verschmelzung, Identifikation, Synkretismus bezeichnen; es bezeichnet den
Vorgang, der dieser Erscheinung zugrunde liegen soll. Der Ägypter bezeichnet das, was unser
Text die ,, Götter, die in Ptah Gestalt gewonnen haben" nennt, dann als Gestalten des Ptah;
vgl. die von Stolk, Ptah .S. 24,25 angeführten Stellen, wo es von Ptah heißt, er wirke dies
und jenes ^ M \(^ ,,in seiner Gestalt (oder P^orm) als Nun" als Illustration zu
unserm 50a.
b) hrj is.t ivr.t ,,der aut dem großen Throne" ein häufiges Beiwort des Ptah, das ihn als
König bezeichnet. Die Hohenpriester von Memphis führen den Titel eines , .Hüters der Ge-
heimnisse {hrj-ssti) der r|ci^5" Sharpe, Eg. Inscr. I, 27.48. B rugsch, Thes.V, 910/1 1. VI,
1256/7. Vgl. auch die Nennung der j| ^ ^^o neben dem |q|J ..Hause des Ptah", Proc.
Soc. bibl. arch. 1913, 170, und in unserm Text Z. 61 und 63, wo is.t wr.t geradezu ,,die Resi-
denz" Memphis zu bezeichnen scheint.
^g I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
c) Die Identifikation des Ptah mit dem Urozean Nun, aus dem alles entstanden ist, ,,dem
Vater der Götter", ist ganz gewöhnlich; vgl. Stolk, Ptah S. 24. Auch in Edfu heißt Ptah
P^'^^®'T7 .,Nun der Große, der in der Urzeit entstand" Edfu I, 99. In seltsamem Gegensatz
hierzu macht Cicero (de nat. deor. 3, 21) den Ptah, den er Volcanus, den Vater der Sonne
nennt, zum Sohne des Nils, während ihn die ägyptischen Texte ebenso wie dem Nun so auch
dem ,,Nil", der mit diesem im Grunde identisch war, gleichsetzen.
d) Der parallele Ausdruck in 51a ,,die Mutter, die den Atum gebar" verlangt, daß hier
,,der Vater, der den Atum erzeugte" gelesen wird. In der Tat paßt das Loch unter dem o
von ;V ,, Vater" gut zu der durch den Sinn gebotenen Ergänzung ■<s=^ i.der machte" (vgl. -«s:-
1%^ , .sein Erzeuger"). Wir haben dann die gute alte Schreibung für ,, Vater", das in alter Zeit
ja nie \\ ^ geschrieben wird. — Durch die Identifikation mit den Urgottheiten Nun und Naunet,
deren Präexistenz vor Atum wenigstens für den Nun ja auch die heliopolitanische Religion
anerkannte, ist Ptah zu der Elternschaftsrolle gegenüber dem Atum gekommen, die ihm unser
Text vindiziert. Als Vater des Sonnengottes gilt er auch sonst, so z. B. in dem Ptah-Hymnus
Berlin Pap. 3048, 12,4, und bei Manethos, wo er als erster König und Vorgänger des Re' ("HXio?
6 'HtpawTO'j ijiöc) genannt ist, und bei Cicero a. a. O. (s. ob. unter c). Das ist eben die in
geschichtlicher Zeit herrschende memphitische Lehre, die sich über die ältere heliopolitanische
gelegt, richtiger sich diese ein\erleibt hat. Direkt als Atum bezeichnet ist der so zum Sohne
des Ptah degradierte Sonnengott z. B., wenn sich Ramses IL ,, König (///'), Sohn des Ti-pin
wie Atum" nennt (Ann. du .Serv. 25,34/5).
e) Naunet, die Gemahlin des Nun (alt -vw^O^), noch in ihrer ursprünglichen, später ganz
/VAAAAA
vergessenen Bedeutung des ,, Gegenhimmels", des Himmels unter der Erde, in den Pyr. ©Ci
Var. "©" (149b) oder 11 ® (i66c), 11 ® (207b. 446a), 11 ^ (1091b) ge-
schrieben.
f) Zu der Mutterrolle, die hier dem Ptah neben der männlichen \'aterrolle zugeschrieben
wird, vgl. Berl. Pap. 3048,3-6. wo Ptah genannt wird: Q ^5^ ^^P^ 1 Hj^ i^^^^^l
"^37 '^iD ,,Chnum. die Mutter, die die Götter gebar, der Erzeuger aller Menschen": sowie Edfu
I, 85, wo Ptah-Tnn heißt: 2=ä(^ jM ci^==j, T "1 "1 ,, der empfing(als Frau), baute (gleich Chnum)
und erzeugte die Götter". Als Parallele vgl. man die Stellen aus dem Sonnenhymnus des Suti
und Hör, wo die Sonne ,,die treffliche Mutter der Götter und der Menschen", und aus dem
kleinen Atonhymnus von El Amarna, wo sie ,, Mutter und Vater" ihrer Geschöpfe heißt
(Davies, Amarna IV, pl. 32).
g) Auf dem Abklatsch glaubt man unter zvr noch Zeichenspuren zu erkennen, die indes
nur auf Täuschung zu beruhen scheinen. Man könnte nach 53 hier wr 'i statt des einfachen
wr erwarten, und es wäre mögflich, daß das in einer Lücke, die die Urhandschritt hier aut-
gewiesen haben könnte, verloren war wie das ,,Horus und Seth" in 12 b.
h) Die,,Götterneunheit", deren ,, Herz undZunge" dieseForm des Ptah bedeuten soll, deutete
Er man auf eine von der gewöhnlichen heliopolitanischen Neunheit verschiedene memphitische
Neunheit, die er aus den hier aufgeführten 8 Formen des Ptah und einer dazu supponierten 9.
,, Urform" desselben Gottes bestehen lassen wollte. Ich sehe dazu keinen Anlaß. Unter einer
Kommentar. Zeile 50.1 — 52a. 49 1) — 50b. 40
Göttergemeinschaft, die schlechtweg /»y;/./ genannt ist, ist zunächst immer die bekannte Neunheit
von HeHopoHs zu verstehen, die ,, große Neunheit", die wirkhch aus g Göttern bestand (Atum an
der Spitze und ohne Horus und Thoth), und ich möchte glauben, daß die,, Neunheit" von Mem-
phis, die gewiß einmal im Laufe der Zeit wie im NR die von Theben (,,die große Götterneunheit
von Karnak") konstituiert worden ist, auch ähnlich wie diese ausgesehen haben wird, d. h.
sie wird aus der wirklichen alten heliopolitanischen ,, Neunheit" bestanden haben, der der Haupt-
gott des Ortes (Ptah, in Theben Montu) vorausgesetzt, gewisse andere Gottheiten (in Theben
außer Horus und Hathor die Gottheiten Suchos von Rizagät, Tnn.t und ' Iwnj.i) am Ende
zugefügt waren. Eine memphitische Göttergesellschaft, deren Zusammensetzung dem ent-
sprach, war die erste Götterdynastie, mit der der Turiner Königspapyrus und Manethos die
Reihe der ägyptischen Könige begannen. Da sind die männlichen Mitglieder der alten Neunheit
Re' ("Häioc), Schu (JLZtvA oder 'Aya&oSaf,|xwv), Geb (Kvjß y\~v. Kpovo?), Osiris, Seth (Tüepwv),
denen Ptah ("Hcpaia-roc) vorangeht und zunächst Horus und Thoth folgen, eben die beiden
Götter, die im folgenden Herz und Zunge verkörpern und deren Vereinigung eben die hier
an 4. Stelle genannte Form des Ptah bilden soll.
Wahrscheinlich wird es sich bei uns um diese ,, Neunheit" handeln, die ebensowenig wie
die von Karnak wirklich aus 9 Mitgliedern bestand und die ihren Namen, dessen Schreibung
I j I ja auch gar nicht mehr den Zusammenhang mit der Zahl g erkennen läßt, lediglich
von der alten heliopolitanischen Neunheit geerbt haben dürfte. Daß die Bezeichnung ,,Herz
und Zunge der Neunheit" nicht etwa in sich schließt, daß Ptah selbst außerhalb der Neun-
heit stand, lehrt die entsprechende Bezeichnung des Sonnengottes als 7^ 1 li ..Zunge der
Götterneunheit" Pap. des Ani pl. 19 (links). Die ,, Neunheit" gilt in der Tat als ein Körper
( ij, dessen Glieder die zu ihr gehörigen Götter sind. Ptah (bzw. an der eben zitierten Stelle
Re') gehört als Vereinigung von Herz und Zunge zu diesen Gliedern, unter denen er als Träger
der geistigen Funktionen des Körpers den Primat besitzt.
Betreffs der 8 Formen des Ptah aber dürfte Maspero das Richtige getroffen haben, wenn
er darin eine Nachahmung der ,,Acht" von Hermopolis, der ^5./ tp.t , .ersten Urzeit" (zu der
ursprünglich auchAmun gehörte), erkannte. Wir brauchen dazu keine 9. Urform anzunehmen.
Diese Achtheit steht hier ebenso wie in Theben ganz unabhängig neben der ,, Neunheit" (die
keine Neimheit mehr war), mit der sie sich in einzelnen Gliedern unter Umständen überschneiden
konnte wie in unserem Falle.
i) ms ?itr.iv hier wohl nicht ,,der die Götter gebar" wie an der oben zu f zitierten Stelle,
sondern ,,der die Götter schuf", sei es als Künstler, wie man Statuen schuf irnsj ist Terminus
technicus dafür), oder als -Stammvater. Das Prädikat führt Ptah auch sonst oft, vgl. Edfu I,
99. II, 37.68. Stolk, Ptah .S. 20, sowie bei uns 6. Synonyme Ausdrücke ,, Vater der Götter",
,, Vater der Väter aller Götter", ,, der die Götter machte" (-<s::-) s. bei Stolk S. 19.20.43. Nicht
selten sind diese Ausdrücke mit einem anderen Ausdruck verbunden, der Ptah auch als Schöpfer
der Menschen bezeichnet (^^1 Stolk, S. 43, fl ^ Cha'emhet, -o:- Totb. Ani 1,6, '^ f===^^- ob.
unter f). Da imÄgyptischen meist die Menschen vor denGöttern genannt werden, so ist es wohl
denkbar, daß auch hier in 4g b und 50b ein solches Prädikat dem ms ntr.zv vorausging; vgl.
unten zu 58.
UAe X, i: Sethe. 7
rQ I. Das Denkma) memphitischer Theologie.
k) Nefertem als Lotusblume an der Nase des Re auch Pyr. 266a: Edfu I, 99 heißt er ,,die
große Lotusblume (nAi)". Es ist die Frage, wie vor dem Namen des Gottes zu ergänzen ist
und welches Verhältnis zwischen Ptah und dem Gotte, der sonst als sein Sohn gilt, hier statuiert
war. War auch Nefertem selbst einer der ,, Götter, die in Ptah Gestalt gewonnen haben",
waren also Vater und Sohn miteinander identifiziert ? War etwa von Ptah etwas ausgesagt,
das er mit Nefertem getan habe ? Das letztere scheint die Fassung ,,an der Nase des Re' alle
Tage", insbesondere die darin enthaltene Zeitangabe nahezulegen. Man könnte sich den
Text etwa nach dem Beispiel von Pyr. 266a so lautend denken: ,,Ptah — [der
erscheint als Neferjtem an der Nase des Re' alle Tage" oder auch ,,[der erscheinen läßt den
Neferjtem an der Nase des Re' alle Tage".
53 — 54. Beginn der theologischen Erzählung.
Entstehung des Atum als Gedanke des Ptah (Erman's Ck — Gl).
53 f £s entstand in dem Herzen ^ 1 .
[ein Gedanke) in der Gestalt des Atum b. Groß und
\ Es entstand auf der Zunge \
gewaltig ist Ptah'^, der [seine Kraft] vererbte [an] alle [Götter]'^ und ihre kl-Geister^
( dieses Herz \ ^ . in dem Horus geworden ist \
durch . \. I \ zu Ptahs.
\ diese Zunge J \in der Thoth geworden ist J
a) Erman wollte diese Worte als Fortsetzung zu dem verlorenen Schluß von 47 aufgefaßt
haben, weil sie sich an 48 — 52 (Erman's B) nicht anknüpfen ließen und er mit Breasted
in dem hpr ein auf Ptah bezügliches Partizipium sah. Die Anknüpfung an 47 muß nach
der veränderten Auffassung vom Verhältnis der Textteile (Erman's A, B, C) zueinander,
die oben (S. I3ff.) gewonnen wurde, d. h. daß alles auf dem Stein in seiner richtigen
Reihenfolge steht, als ausgeschlossen bezeichnet werden. — Für hpr bietet sich uns nun
aber nach dem alten Krönungstext von Derelbahri, mit dem unser Text so manche Be-
rührungen zeigt (s. ob. S. 4) eine andere Deutung dar. Dort heißt es Urk. IV, 261:
(J l-^^^c^ A 'wwvA 1 rJf n m ■==* ¥^ vy^^^AA^ — »— VM ^ "^^ (J ^ ^ l -.der
1 I jM\i lA I iZj U W Jif^ \y \ \ \ O:. ^w.A^ ~ww. ^«A~« © \l O ^^-_ 1 JiJ?i, JilJ?i ^^■'—^
Gott hatte es aber in ihren Herzen (seil, der Priester, die die Namen der Königin fest-
stellen sollten) entstehen (bzw. in ihre Herzen geraten) lassen, ihre (der Königin) Namen zu
machen wie er sie vorher gemacht hatte". Hier bedeutet das unpersönliche hpr m Ib ,,es ent-
steht im Herzen" bzw. ,,es gerät in das Herz" soviel wie ,,es entsteht der Gedanke", ,,es
kommt in den Sinn". Ebenso noch im ,, Kuhbuch" (Destruction des hommes), 60/61: ^J^~^
I °^^ (sie, lies -^^t^^a) I v\=±=:^ 1 wvw i^^;::::^ rjj] ,,es kam mir in den Sinn, daß
1 Vielleicht in 1 Y\ zu emendieren und dann zu übersetzen : ,,Und so wurde groß und gewaltig Ptah".
2 So deutlich das Original. 3 aiVaCm, für 14 Gruppenquadrate ausreichend.
4 So, nicht ^^, wie Erman meinte, und nicht mit der Vertauschung der beiden Götter, wie er sie gab.
Kommentar. Zeile 52b. 53. cj
ich sie deinem Sohne Osiris überantwortete"; desgl. noch im Demotischen: hpr-s n hitj.iv dd
bn-iw (= iine-) Fi-dJ-isJ Ir w' J wmvJ hv-f " nh ,,es entstand in ihrem Herzen (der Ge-
danke): Pete-ese soll keine einzige Stunde mehr lebend verbringen" Ryl. 9, 3, i. So wird auch
bei uns davon die Rede sein, daß ein Gedanke im Herzen und auf der Zunge des Welt-
schöpfers entstand. Der Inhalt dieses Gedankens, in den obigen Beispielen durch einen
Infinitivausdruck oder einen Satz indirekter oder direkter Rede ausgesprochen, liegt bei
uns wohl nur in den Worten -m tj.t ' Itm.w, die den Gott Atum als diesen Gedanken zu
bezeichnen scheinen.
b) Die Worte tj.t 'It7n.1v übersetzte Breasted ,,eine Emanation des Atum", Erman
,,Teil des Atum". Die früher übliche Übersetzung ,,Teir' von tj.t, die auf Verwechslung
mit dni.t beruhte, ist aber falsch; das Wort bedeutet überall ..Bild", ,, Abbild", ,, Zeichen"
und nichts anderes, m tj.t aber bedeutet ,,in der Gestalt von" wie die synonymen Ausdrücke
m hpr.iv und m ir.tv; vgl. 0 y ^ ^^ 4/ 1 '^^^^^ s^* Q dv fl \^ H "'*-'^ ^^'^'' '" *^^'' F^rm
und Gestalt des ' Iwn-?nw.t-f" Urk. IV, 157 mit ^^,^ (1 <s=- U =^.==_ ^^ ß ^^ ,,in seiner Gestalt
als 'Izon-fnw.t-f" AZ 45, 3/4 (Dyn. 22); ^ H h.=_ — »— jv^^h^^w^^ '^ ,,er wandte sich
um in seiner Gestalt als Harpunierer" Naville, Mythe d'Horus i; ferner den Titel eines
Hohenpriesters (I ^^^^^^ ^v 4 tvj '^"^^ 'Ls/ "der den Amun sieht in seiner prächtigen
Gestalt" Ann. du Serv. 25, 27. An unserer Stelle kann sich das ,,in der Gestalt des
Atum" wohl nur auf den Gedanken beziehen, der in der Person des Atum körperliche
Form angenommen haben soll und wie ein Kind des denkenden Schöpfers angesehen wird
(vgl. dazu 50a. 51a). Wie ein Kind bei der Zeugung einen Teil des Wesens seiner Erzeuger
mit sich nimmt, so auch hier Atum, durch den es dann weiter durch Zeugung auf die jüngeren
Cjötter vererbt wird (s. u.). Die Art der Entstehung des Atum aus Ptah, wie sie hier ausgespro-
chen ist, steht in sehr bemerkenswertem Gegensatz zu der Art, in der nach heliopolitanischer
Lehre die Kinder des Atum entstanden sein sollten. Dem körperlichen Akt der Onanie des
Atum steht hier ein rein geistiger Akt des Ptah gegenüber ^ Zwischen der Gedankenwelt
der vorgeschichtlichen Periode von Heliopolis und der geschichtlichen des Alten Reiches von
Memphis offenbart sich hier ein bedeutsamer Fortschritt vom Niedern zum Höhern.
c) Dieser dogmatische, pathetisch klingende Satz fällt aus dem Rahmen des übrigen
ganz sachlich gefaßten Berichtes heraus. Er scheint sich, so wie er dasteht, deutlich als eine
Rede zu charakterisieren und könnte daher wohl den Wortlaut des Gedankens darstellen,
der im Herzen und auf der Zunge des Schöpfers entstand und in Atum seine Verkörperung
fand. Dazu würde die Einleitung mit hü passen, die sich auch später gern am Anfang einer
Erzählung findet und dem Satze eine gewisse Selbständigkeit gibt (vgl. Erman, Äg. Gramm. ^,
§ 340. 341). Zuzugeben ist aber demgegenüber, daß der Satz inhaklich nicht eben gut für den
Gedanken des Schöpfers paßt. Gardiner schlug mir daher eine andere Auffassung vor;
I Vgl. dazu was Lepsius in seiner l<lassischen Abhandlung über den ersten ägyptischen Götterkreis
(Abh. Berl. Akad. 1851, 196) schrieb: „Ptah wurde nicht mit Ra identifiziert, sondern als eine geistigere Potenz
angesehen und als solche in der memphitischen Lehre wenigstens noch über Ra gesetzt". Ich fand diese
Steile zwei Jahre, nachdem der obige Text niedergeschrieben wurde, zufällig als eine schöne Bestätigung für
das, was ich geschrieben hatte.
7*
r2 I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
er wollte in dem Satze die Begründung für den wunderbaren Entstehungsvorgang finden
und ihn also dem Erzähler in den Mund legen. Dafür könnte vielleicht das »i fßtj pi7 ni ns
pn sprechen, das sich in dem Gedanken des Ptah etwas wunderlich ausnähme. Legt man den
Satz aber dem Erzähler in den Mund, so liegt es dann doch wohl nahe, eine leichte Korrektur
daran vorzunehmen, nämlich das 0^. das dem Satz ein so fremdartiges Aussehen gibt und das
in unserm Texte sonst kein einziges Mal wieder vorkommt, in ^ zu emendieren, eine Ver-
schreibung, die ja oft genug vorkommt (vgl.z. B. Pyr. IV, § 156). Dann hätten wir die in unserm
Texte so beliebte Erzählungsform: ,,und so wurde Ptah groß und gewaltig". — Klar ist jeden-
falls, daß der Satz mit der Benennung des Ptah zusammenhängt, die er in 52a in seiner Eigen-
schaft als ,,Herz und Zunge" der Götterneunheit führte: x ^^ ,,Ptah der Große". — Die Ver-
bindung ^^* ist als Beiwort von Göttern und göttlichen Dingen sehr beliebt in den Pyr.-
Texten, vgl. Pyr. 455c (Orte). 1523a (Wort des Thoth). 1689c (die beiden Götterneunheiten).
igSi b (die beiden Schwestern, Isis und Nephthys). 2200b (desgl.) : insbesondere kommt es auch
gerade von „den beiden Göttern" vor, die unter Umständen mit dem an unserer .Stelle genannten
Götterpaar Horus und Thoth identisch sein könnten, Pyr. 952 b. 1690 a. Bei uns stehen die
beiden synonymen Adjektiva im Prädikatsverhältnis zu dem Gott, dem sie eignen sollen.
Die gleiche Erscheinung zweier paralleler Prädikate mit einem ihnen folgenden gemeinsamen
Subjekt ist gerade in der alten Sprache gar nicht selten; vgl. \^<::z=> x Ö """i^o^z^ ^"=:3:^ ,,was
dein Herr will, lobt und befiehlt" Urk. I, 129; .iT^, h*^ ^4^ , .stark und zahlreich ist
die Truppe" ib. 127; und die Formel htp dj niw.t ,, gnädig sei der König und gebe".
d) Für den .Schluß der Lücke ergibt sich aus 61 und Pyr. 776b. 824a/b. Totb. Nav. 181,
8 (la). Berlin Pap. 3055, 15, 7 (altes Ritual), wo überall dieselbe alte Redewendung ,,alle Götter
und ihre>^3's" vorliegt, mit völliger Sicherheit die Ergänzung m'I'I ^3:^1%. — Vor der Lücke
stehen die Zeichen n|, die nichts anderes als das Wort swd , .vererben" darstellen können, das
hier gewiß in der Form eines Partizipiums (,, der vererbte") als Attribut zu Ptah stand. Es ist offen-
bar von der Vererbung gewisser Dinge oder Eigenschaften die Rede, die Ptah auf die später
entstandenen Götter übertragen haben soll (s. ob. S. 51). Der Raum, der für die Nennung
dieses Objektes und die Dativpräposition w>a^ vor ntr.iiö iib.zü noch zur Verfügung steht, ist so
klein, daß außer dem IJIJ , .seine Kraft", das ich nach 59 hierfür vorschlagen möchte, nichts
mehr gestanden haben kann. Es muß also auch nur Ri ohne phonetisches Komplement und
ohne Determinativ dagestanden haben, und das genügt auch durchaus; vgl. [1 | ^ swd.t-k
in einer alten Götterrede Urk. IV, 558.
e) Die der alten Sprache eigentümliche, nach Art des lat. -quc gebrauchte Postposition
(ins= (so überall in den Pyr.), später außer in der zitierten alten Wendung nur noch selten
in religiösen Texten belegt^ und dann zumeist wie bei uns in 61 nur [in is geschrieben^, liegt
1 Sprüche für das Kennen der Seelen VI, 41 in der Fassung des MR fAZ 58. Taf. 30*). | ,
_^i>=^ ^ S ^"""^ "^^^^ Götter und alle Dinge" Rec. de trav. 14, 35 (nach den Verbesserungen bei Lacau,
Sarc. anter. au Nouv. Emp. I, 75. 77, Variante von Pyr. 847).
2 So Berlin Pap. 3055, 15, 7. Rec. de trav. 14, 35 (in dem einen Parallelte.xt). Edfu I, 85 (in dem Ptah-
Titclj. — Totl). ]8i, 8 (la) hat (I 1 Ist. Ebenso ,,die Götter von Ober- und Unterägypten" nfV^'^
Kommentar. Zeile 53 — 54. rj
hier sowie in 5Ö. 59 in einer Nebenform l^;:^;? vor, die sich gleichfalls auch später noch gelegent-
lich in religiösen Texten findet', speziell in einem gewiß sehr alten und für uns aktuellen Titel
des Gottes Vta)r.-T?tn : ^ '=iS)V§^i |^jl) 1 ,, Vater der Männer und der Frauen" Edfu I, qq.
11,37 mit der Variante ^_ (] [I ib. 1,85, die neben der ganz altertümlichen Schreibung
von h»i.vjt die eben erwähnte jüngere Schreibung Is für das alte (1)//^ bietet. In diesem [l
werden wir wahrscheinlich eine ältere Entwicklungsstufe derselben Wortform zu erkennen
haben, die uns in den Pyr. als (1 ls= vorliegt. Es liegt der Lautwechsel k >t (eigentlich c)
vor, der uns u. a. aus der frühen Ersetzung von '^:=:^ v\ ,,dich" durch das in der Pyr. -Zeit schon
herrschende s=3 ^ wohlbekannt ist und den man am handgreiflichsten vielleicht an der Partikel
^1|n'::3^ ddk ,,auch" = ,,ipse quoque" (Pyr. 17. 826) beobachten kann. .Sie wird bereits in den Pyr.
auch in der jüngeren Form ^^^ug=^ (28. 1614. 1800) gefunden, die später von den Ägyptern
mißverstanden und u I oder uc:^^. ll[] geschrieben worden ist (Er man, Hymnen an das Diadem
9, 4. 17, i). Daneben kommt aber die sehr bezeichnende Schreibung ^^U,^ ^ vor (Pyr. 27),
die den alten Laut neben seinem Ersatz zeigt, gerade wie das '-' in '-' 'li/'-y </€/- d^^
in n ^^ \\ AWAA ^ siv/ < szvr u. ä. Altertümlich wird bei unserem y'^zz^ auch die Schreibung
ohne (] sein, die es im Unterschied zu (10^=' zeigt, das selbst im AR in einer entsprechenden
Schreibung 0?= nur da erscheint, wo es vor dem durch ,,und" anzuknüpfenden Worte steht
(Urk. 1 2, 14. 3, 2). Vermutlich war es in dieser Anwendung stark enttont, wie ja auch die
zur Einleitung von Zustandssätzen dienenden Partikeln |l^;:r::^ und ls==', die vermutlich mit
unserem 0-;=:^ — Ojlg^- identisch waren (vgl. den arab. Gebrauch von iva- ,,und"), voraussicht-
lich in einem solchen Zustande der Enttonung gestanden haben werden. Im Unterschied dazu
müßte unser ^^=^ und seine jüngere Erscheinungsform OP^^ dann noch selbständig betont
gewesen sein, etwa wie im Kopt .die Negation n\\ im Unterschied zu ü- und im MR ^^^
im Unterschied zu —t— .
f) Es ist die Frage, ob die Worte m h3tj pii m us pn zu dem Hauptsatz 'nv wr 'i Pili oder
zu dem Relativsatz swd {ph.tj-f n ntr.tü nb?^tv gehören, ob Herz und Zunge die Organe sein
sollen, durch die oder in denen Ptah seine Größe offenbarte bzw. gewann, oder ob sie das Mittel
sein sollen, durch das er seine Kraft an die Götter vererbte. — Das Demonstrativ pn dürfte
wieder ähnlich wie in i6c und 36 gebraucht sein mit einem dazugehörigen Relativsatz, dessen
Schluß uns in dem Satz am Anfang von 54 erhalten sein dürfte. Ob die Lücke, die unser Stern
am Ende von 53 anzudeuten scheint, wirklich vorhanden war, ist ebenso wie in dem gleichen
Falle am Ende von 7 zweifelhaft, da der Text von 54 so gut an den von 53 anschließt, daß
nichts dazwischen gefehlt zu haben brauchte.
g) Die Spaltung der Kolumne bei diesem Satze zeigt, daß von den beiden nebeneinander
genannten Göttern der eine (Horus) mit dem Herzen, der andere (Thoth) mit der Zunge des
Schöpfers, die in dem Hauptsatz in 53 in gleicher Weise in gespaltener Kolumne nebenem-
\\ ^^^^ 1 rZI '^ ^__ || n ,,die im Gefolge des Amun und seines Tempels sind" oder „sowie das Gefolge
des Amun und seines Tempels" .^ Luksor, Amenoph. III., Raum Q (Bäd.) mehrfach.
I Sprüche für das Kennen der Seelen V, 39 a in der MR- Fassung (AZ 58, 19. Taf. 19*).
-j I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
ander standen, in Beziehung gesetzt sein soll. Die Beziehung ist in dem ii7i-J ,,in ihm" ausge-
drückt, das das Pronomen relativum des Relativsatzes enthält und nur die Bedeutung der
Wesenseinheit haben kann {?n =3 essentiae); die beiden Götter sind selbst Herz und Zunge
des Schöpfers. So haben auch Breasted (ÄZ 39, 50) und Er man (S. 937)^ das /w-/ genommen,
wenn sie im übrigen auch den ganzen Gedankengang anders auffaßten, weil sie 53 nicht richtig
verstanden. In der Tat heißt in den .Tempelinschriften der griech.-röm. Zeit Thoth oder in
Theben Chons, der ihm ja als Mondgott entspricht, oft .,Herz (Y) des Re', Zunge (| q|) des Ti-tn7i
(m) oder s^^ geschrieben), Kehle (Y . Q^ de?,' /tn?t-rn-f"^, worin augenscheinlich die kosmogo-
nisch-theologischen Lehren der 3 Hauptstädte des Landes Heliopolis (der vorgeschichtlichen Zeit),
Memphis (des AR) und Theben (des NR) nebeneinander zum Ausdruck kommen. — Horus
und Thoth, die nach unserer Stelle Herz und Zunge des Weltschöpfers Ptah darstellen sollen,
werden also zusammen den ,,Ptah den Großen" von 52a bilden; sie sind zwei ,, Götter, die zu
Ptah geworden sind", mit 48 zu reden, und das kommt in den Schlußworten >/t Ptli unseres
Passus zum Ausdruck, die mit dem Verbum des Relativsatzes hpr-n . . . verbunden dieselbe
Redewendung wie dort in 48 ergeben. Die perfektische Form dieses hpr-n zeigt deutlich,
daß die beiden Götter, was ja auch der Zusammenhang erfordert, vor den anderen Göttern
entstanden sein sollen, die selbst erst durch ihre Wirksamkeit zur Entstehung gelangten, wie
insbesondere ja auch Atum als Gedanke des Schöpfers Ptah offenbar durch sie als sein Denk-
und Sprechorgan entstanden gedacht ist. Diese gesonderte Entstehung der ,, beiden großen
Götter", wie sie Pyr. 1571a genannt werden, hängt wohl damit zusammen, daß sie, obwohl
mit dem Kreise des Osiris eng verbunden (vgl. z. B. Pyr. 175/6), doch außerhalb der ,, großen
Götterneunheit" von Heliopolis standen. Als Paar treten sie auch sonst oft zusammen auf,
z. B. bei der Reinigung des Königs, in der Sonnenlitanei (Sethos L, ed. Lefeb. L pl- 12, 183)
und anderwärts, wo Thoth oft die Rolle des verfehmten Seth als Vertreter Oberägyptens über-
nommen hat. Zu ihrer Stellung in der Götterdynastie des Turiner Königspapyrus s. ob. S. 49.
Mit der Rolle, die der Osirismythus dem Horus sonst und auch in unserem Texte (i i b. i6a. 64)
zuweist als Sohn des Osiris, läßt sich diese Sonderstellung als Herz des Ptah. aus dem u. a.
Atum hervorging, schlecht vereinigen. — Da die Entstehung des Paares Horus und Thoth
bei uns nur gelegentlich (in einem Relativsatz) erwähnt wird, ist vielleicht anzunehmen, daß
schon \'orher in dem verlorenen Teile \"or 48 ausführlicher davon die Rede gewesen ist.
1 Bei Er man .sind beide Götter versehentlich vertauscht und Thoth zum Herzen, Horus zur Zunge
gekommen. Dies ist dann auch unbeanstandet von Stolk (Ptah S. 17), Boylan (Thoth S. 113) und Gardiner
(Proc. Soc. bibl. arch. 39, 138) übernommen.
2 z. B. ,,Herz des Re', das alles weiß, Zunge des T^-liui, die das Seiende verkündete {ssr), Kehle des
^Imn-rn-f. die die Wahrheit zu seiner geheimen Kapelle aufsteigen läßt" Karnak, Bab el Amara u. o. ähnlich
(nach meinen Abschriften). Vgl. auch Edfu I, 273. — In Dendera scheint nach Brugsch, Thes. IV, 759 in
dieser Reihe der Epitheta des Thoth der T^-tnn regelmäßig durch Atum ersetzt zu sein. Dementsprechend
heißt auch in Theben Chons an anderen Stellen gelegentlich ,, Zunge des Re " (Heft 4, S. 81 meiner theb.
Abschriften) oder „der aus Re kam, seine Zunge {whm) und sein Herz" (Heft 5, S. 3). Hier könnte man
die Verwirrung darauf zurückführen, daß Chons nicht nur dem Thoth (der ,, Zunge des T^-tnn), sondern
auch dem Horus (dem , .Herzen des Ptah" nach unserem Texte) als ,, Horus, Herr der Freude" entsprach.
Kommentar. Zeile 54. ^C
54. Herz und Zunge gewinnen die Vorherrschaft über die anderen Glieder und
wirken als Vertreter des göttlichen Schöpfers in allen Lebewesen (Erman's Gl).
"s™?k^"i'kit'['4.']\rpj'W"" - "'"-
I ^
54 _Es geschah, daß Herz und Zufige Macht erlangten^ über \alle\ Glieder'^, indem sie
lehrten, daß er {Ptah) sei"^ {als Herz) in jedem Leibe'^, (als Zunge) in jedem Munde^ aller Götter,
aller Mefischen, alles Viehs, alles Gezvürms {und) was {sonst) lebt^, indem er {als Herz) denkt
und indem er {als Zunge) befiehlt alle Dinge, die er wzll^.
a) In hpr-n ihm ib ns hat man gewiß nicht die Entstehung eines mysteriösen „an Herz
und Zunge mächtigen" Wesens zu erkennen, sondern es liegt das in 15 c. 58 und ständig im
Pap. zur Fortführung der Erzählung (ähnlich dem späteren ' If -n) gebrauchte Hilfszeitwort
hpr-n ,,es geschah" vor, dem der eigentlich zu erzählende Vorgang als Subjekt entweder in
Form eines Infinitivausdrucks (so wohl 15c. 58) oder eines Verbalsatzes im sdm-foder , .endungs-
losen" Passiv (so oft im Pap.) beigefügt wird. Dieser im Deutschen mit ,,daß" wiederzugebende
Subjektssatz steht hier im sdni-f. — Die Worte ,,Herz" und ,, Zunge" standen im Urtext gewiß
wieder nebeneinander. Die rein ideographische Schreibung, die sie hier haben, könnte im
Unterschied zu der sonst von unserem Schreiber angewandten ^=^ und '-— < I die alte sein.
b) Das, worüber man Macht gewinnt, was man \ermag, pflegt stets durch >u eingeleitet
zu werden. So auch hier. Bei dem zerstörten, mit ' beginnenden Worte, das darauf folgte,
könnte man nach 56 an 'rkj.t , .Erkenntnis" (o. ä.) denken, doch hat nach dem Abklatsch
sicher kein r unter dem ' gestanden, sondern anscheinend ^ (^, also './,, Glied". Das gibt ja auch
einen guten Sinn: Herz und Zunge regieren alle Glieder.
c) zmi.t-f ,,daß er (ist)", das alte Äquivalent von nt.t-f {vg\. Verbum II, § 749. AZ 50, 112),
setzt ein vorhergehendes Verbum der Wahrnehmung oder des Sagens voraus, von dem es als
Objekt abhängt. Der Abklatsch zeigt, daß in der Tat hr sbi ,, indem sie (Herz und Zunge)
lehrten" bzw. noch lehren (?) vorherging. — Das Suffix/ ,,er" ist hier, wenn man w?i.t als
Partikel ansieht, Subjekt eines echten Nominalsatzes mit präpositionellem Prädikat, während
in den analogen Beispielen Urk. I, 42, 10. 128, 8 ein verbales Prädikat vorliegt. Das ,,er" be-
zieht sich, wie der Anfang von 55 zeigt, auf Ptah, der in allen lebenden Wesen als Herz und
Zunge wirkt und den Gliedern dies durch diese Organe selbst zu Bewußtsein bringt.
d) Die Worte 7n-hnt h.t nb ,,in jedem Leibe" und m-hnt r nb ,,in jedem Munde", die jetzt
auf dem Stein einander folgen, standen im Urtext gewiß nebeneinander (Gardiner), so daß
sie die gleiche Stellung nebeneinander einnahmen wie Herz und Zunge, denen sie entsprechen.
Eigentlich sollte also der Text dieses Abschnittes sachgemäß übersetzt so lauten: „es geschah,
daß das Herz Macht gewann über alle Glieder, indem es lehrte, daß er (Ptah) in jedem Leibe
sei, es geschah, daß die Zunge Mächt gewann über alle Glieder, indem sie lehrte, daß er (Ptah)
in jedem Munde sei . . .". — m-hnt ist eine der ältesten Sprache eigentümliche Präposition,
I Reste der hier angegebenen Zeichen, die bei Breasted fehlen, auf den Abklatschen deutlich, auf
dem Original infolge der schlechten Beleuchtung nicht erkennbar.
cß I. Bas Denkmal niemphitisrliir Theologif.
die nicht einfach ,,vor" bedeutet, sondern — wie übrigens auch das einfache //;;/' oft -- als
Synonym von w, vielleicht mit einer besonderen Nuance („vorn in" statt .,in", , .hervor aus"
statt ,,aus") erscheint. So findet es sich z. B. für .,in" auf die Frage ..wo.''" Pyr. 370b. 715b.
731c. desgl. auf die Frage ..wohin?" Pyr. i24C)b. 1262b. für ..unter" einer Anzahl Pyr. 288c.
1239a, für ,,aus" Pyr. 507a. io64c^
e) Das ?/ vor )itr.'w nd.w ist nun natürlich mit Breasted für den Genitivexponenten zu
halten, nicht für die Präposition ,,für", wie Er man wollte. — ' w.i ,,Vieh" steht hier, da Vögel
und Fische nicht genannt sind, vielleicht schon in der allgemeinen Bedeutung , .Tiere", die es
z. B. Weste. 8. 17 (für Vögel und Rind). Urk. II. 128 (Cwa). Thes. V, 904/5 hat. — 'nh.fw-'xrd
nicht Beiwort der vorhergenannten Tiere (oder gar der zuletzt genannten, wie Erman wegen
der fem. Form annahm), sondern neutrisch ..was lebt" sein und die Aufzählung der Lebe-
wesen abschließen und ergänzen sollen. Man vermißt dahinter ?ib ..alles": ,.und alles was
(sonst) lebt".
f) Was oben unter d über die Spaltung der Kolumne gesagt wurde, gilt auch für die Worte
hr kii.t ,, denkend" (mit Erman in ki.t zu emendieren) und hr wd{t)-mdw ,, befehlend", von
denen die ersteren auf die Tätigkeit des Herzens, die letzteren auf die der Zunge gehen, als
eigentliches Subjekt aber den Ptah haben, der in diesen Organen wirken soll. Es wird also in der
Urhandschrift etwa so , 1 1 I gestanden haben, vorausgesetzt, daß die ungewöhnliche
u}
Schreibung des Wortes -yi. kij ,, denken" mit dem Zeichen \ ), die unser Text überal
o
gebraucht, die aber -ts^ =i:i=. i sonst nur in den vermutlich vom gleichen Stamme
kommenden Wörtern M ,, Geist" und l I ta ,, Arbeit" üblich ist. gut überliefert ist. Daß sie das
ist, ist gerade wegen ihrer Ungewöhnlichkeit wahrscheinlich. Die irrige Schreibung des In-
finitivs ki.t mit 2 nK wird auf Beeinflussung durch die Stellen in 56 beruhen, falls nicht auch
dort das doppelte n^ zu beanstanden ist. — ivd mdw ,, Worte befehlen" ist eine in den Pyr.
sehr häufige Verbindung, die schlechtweg ,, befehlen" bedeutet. Das nidw ersetzt dabei ein
besonderes Objekt; es ist ein fast bedeutungsloses Komplement des Verbums. Es geht daher
auch nicht an, mit Erman ein Attribut fib ,.alle" dazu zu ergänzen-. Vielmehr ist hier das
ihJ nb ,,alle Dinge", das Erman dem nach ihm herzustellenden mdw nb (er schrieb ?;?</./ «^./)
als zweites Objekt an die Seite stellen wollte, offenbar gemeinsames Objekt oder Beziehungs-
ausdruck zu beiden Verben ki.t und lüd.t-mdw. — Der Infinitiv von tvd-mdw, der bei
uns vorliegen muß. lautet voll ausgeschrieben Y v ^^1 ^s, I ^^^^ V wd.t-mdw, in der abge-
kürzten Schreibung, wie sie bei uns vorliegt und im AR das Gewöhnliche war, aber
k \ ; vgl. Pyr. iiSgf., wo beide Schreibungen zu finden sind, und dazu Pyr. IV, S. 23. So
^ muß auch an unserer Stelle gelesen werden (mit oder ohne i-^-^). Der Ausdruck findet
sich bemerkenswerterweise auch in den alten Thronbesteigungstexten von Derelbahri wieder-
holentlich (Urk. IV, 257. 259).
1 Auch an der von Erman passend herangezogenen Stelle Eb. 99, 5 (= Lesestücke 58, 18) bedeutet
Imt ,,in" und nicht ,,vor'' : ,,das Herz spricht i n den Gefäßen jedes Gliedes".
2 Der ganze Ausdruck wd.i-mdw, als Substantiv im Sinne von „Befehl", „Erlaß" gebraucht, könnte
natürlich ein solches Attribut sehr wohl erhalten; vgl. 0| ,, dieser Erlaß" Urk IV, 359.
Kommentar. Zeile 54 — 55. qy
55. Die Götter neun hei t des Ptah und ihr Verhältnis zu der des Atum (E r ma n's C m).
P
Ci
SS Seine {des Ptali) Götterneunheit ist vor ihm als Zähne und Lippen^. Das sind {die
Zähne nämlic/t) der Same und {die Lippen nämlich) die Hände des Atum^^. Es entstand
ja die Götterneunheit des Atum durch seinen Samen und seine Finger'^. Die Götterneunheit
{des Ptah) aber sind die Zähne und die Lippen in diesem Munde ^, der den Namen aller Dinge
nannte^ und aus dem Schu und Tefnut hervorgekommen sind^.
a) Der Satz, der den Gott Ptah nur im Pronomen 3. m. sg. nennt, ist vielleicht eigentlidi
als Zustandssatz an das Vorhergehende anzuschließen. Dazu paßt, daß auch in ihm von
dem Munde des Gottes die Rede ist. Die ,,Neunheit" des Ptah ist in Gestalt seiner Zähne und
Lippen Zeuge oder Beisitzer der Zunge. Diese Rolle ist durch das m-bih ,,vor" ausgedrückt,
das ja ott diese Bedeutung \on ,,in Gegenwart von" =^ coram hat, \gl. Erman-Grapow,
Wb. I, 420. Dabei steht es in der Regel vor der Nennung der Zeugen, also umgekehrt als bei
uns, so z. B. in der speziell für unsere Stelle bezeichnenden Stelle: ,,Geb gab ihm sein Erbe
^^^ ""^^ 1 ll 1 11 11 I ^ '-"' *^^'" großen Götterneunheit" Pyr. 2. — Daß hier von Ptah, wie
es der ganze Zusammenhang verlangt, und nicht etwa von Atum die Rede ist, dessen Nennung
viel zu weit zurückliegt, geht auch daraus hervor, daß Atum gleich nachher mit Namen genannt
ist. — Die Scheidung der Neunheit in Zähne und Lippen könnte nach dem Geschlechte erfolgt
sein; die Zähne sind männlich, die Lippen weiblich. Erstere könnten also den Göttern, letztere
den Göttinnen, deren es aber mindestens 4 in der Neunheit gab, entsprechen.
b) Das Verständnis dieses zweiten Satzes war für die bisherigen Bearbeiter dadurch er-
schwert oder versperrt, daß die in gespaltener Kolumne geschriebenen Worte ibh.io und mtiv.t,
sp.tj und d.tj so hintereinandergesetzt sind*, daß nicht in die Augen sprang, daß mtzv.t und
d.tj nicht zu demselben Satze gehörten wie ibh.iv und sp.tj, sondern den Anfang eines neuen
Satzes bildeten, der zu jenem ersten Satze in engster Beziehung stand und dessen parallele,
in gespaltener Kolumne nebeneinandergesetzte Teile offenbar in unmittelbarem Anschluß an
die ebenso gearteten und behandelten Teile des ersten Satzes gelesen werden sollten*. Daher
mußte sich Er man, der das wahre Sachverhältnis nicht durchschaute, über die Reihenfolge
Zähne und Samen, Lippen und Hände wundern und ein Versehen des Steinmetzen annehmen.
Ein solches liegt aber nicht vor. Gesagt sein soll, daß dem, was in der memphitischen Theologie
I In (I V> zu emendieren. 2 Im Original das Granitgefäß.
3 Die beiden Sätze sind eigentlich wohl in etwas anderer Weise zusammen zu lesen, s. Anm. 5.
4 Die Zeichenstellung ist in B r e a s t e d ' s Faksimile ziemlich genau wiedergegeben.
5 Die Art, wie die Worte mtiv.t und d.tj auf dem Stein auf ibh.w und sp.tj folgen, führt in der Tat
darauf, daß die Sätze (anders als oben der Einfachheit halber übersetzt ist) eigentlich so zu lesen sind:
„Seine Götterneunheit ist vor ihm als Zähne, das ist der Same des Atum. Seine Götterneunheit ist vor
ihm als Lippen,' das sind die Hände des Atum".
UAe X, I: Set he. 8
Text nachher
alten Schreib
falscher Aus-
cg I. Das Denkmal ineiiiphitischfr Theologie.
die Zähne und die Lippen des Schöpfers (Ptah) seien, in der heliopolitanischen Theologie der
Same und die Hände des Atum entsprächen, die beiden Organe, durch die Atum seine Kinder
erzeugt haben sollte (s. im übrigen unter d). Man beachte die Entsprechung der pluralischen
Ausdrücke Zähne und Samen (nach ägyptischer Weise wie alle flüssigen Stoffe als Pluralis
angesehen und demgemäß determiniert) und der dualischen Lippen und Hände, die nebenbei
beide weiblich sind (die Hand des Atum bekanntlich der Hathor gleichgesetzt). — fntw.t
„Same" von Er man unrichtig für fni.iü ,, Adern" erklärt, das hier in einem Anfall von Prüderie
für ein älteres Wort für „Phallus" eingesetzt worden sei. Das Wort hat aber ganz das normale
Aussehen der alten Zeit, wo es oft so wie hier ohne das phonetische Komplement c^ des .Stammes-
zeichens =tJ) Jftt geschrieben wird; vgl. ^. °"^ c^> Pyi"- 532a. •=5) oOi'^a Pyr. 510c (in ?ib
mtw.t, vgl. Pyr. HI, S. 27). =a) v^o Pyr. 1416c. 1417a. =ö)^ Pyr. io6ib. Wenn unser
schreibt (wo ||| das ältere °°° vertreten wird), so kann das nach den
sitten sehr wohl nur eine Variante derselben Schreibung sein, mit
einanderziehung des ^^ in v statt in S , wie das in den Pyr. -Texten
so unendlich oft zu beobachten ist; s. Pyr. IV, § 15. — Das O lk ist, wie schon Erman arg-
wöhnte, sicherlich aus altem (1 v verderbt, dessen charakteristische Zeichenstellung (s. Pyr. IV,
§66 ff.) Schabako's Schreiber noch getreu wiedergegeben hat'. Wäre ein altes ipi gemeint,
würde ja auch sicherlich das Zeichen A^ pi verwandt sein. Das ipw steht hier offenbar als
Pluralis von Q y:> ,,das ist", wie sich auch c^ noch gelegentlich in den Pyr. -Texten nach
weiblichen Worten und -, V^ wie unser jpw nach pluralischen Ausdrücken statt des früh
unveränderlich gewordenen pw findet (s. m. Nominalsatz § 89). Es ist zweifellos als ein An-
zeichen sehr hohen Alters unseres Textes anzusehen. Die Stellung des \p-w hinter dem Genitiv
'/fm.w ist dieselbe, die he\ piv üblich ist; sie ist Zeichen für das .Status constructus-Verhältnis
in der Genitivverbindung ohne Genitivexponenten.
c) Da deutlich hpr-n dasteht (vom ^^A^^^ der Anfang erhalten), kann in der Lücke nur ent-
weder ein von ,,es geschah daß" abhängiges Verbum (,,es geschah, daß die Neunheit entstand")
oder eine enklitische Partikel wie ü ' in 56 gestanden haben. Das letztere scheint besser in
den Zusammenhang zu passen, da man nach dem, was vorhergeht, hier nicht die Erzählung von
der Entstehung der Neunheit als ein neues Ereignis erwartet, sondern eher eine Erklärung für
die vorhergehenden Worte; und dazu würde ein Satz mit is, zu dem auch ein Zeichenrest paßt,
wohl geeignet sein. — Die ,,Götterneunheit des Atum" hier im Gegensatz zu der des Ptah.
Zum Ausdruck vgl. | | | | | | ll | 1 | 1 1 | M | ] ^^ "*^'^ beiden Götterneunheiten des Atum"
Pyr. 3046, in Abschriften des MR zu j|°0^ ,,die Neunheiten des Re'" geworden
(Chassinat-Palanque, Une campagne de fouilles ä Assiout p. 39).
d) Die Götterneunheit hier ist natürlich wieder die im Anfang genannte, die, wenn man
Ptah und die Herz und Zunge dieser Neunheit repräsentierenden Götter Horus und Thoth
abrechnet, mit der Neunheit von Heliopolis zusammengefallen sein wird. In Heliopolis Same
und Hände des Atum sind die zur Neunheit gehörigen Götter in Memphis Zähne und Lippen
des schöpferischen Mundes geworden. — Vor km vermißt man die Nennung ,,des Ptah". —
I S. ob. S. 3.
Kommentar. Zeile 55 — 56.
59
ptü als unveränderliche „Kopula" zwischen Prädikat und Subjekt neben dem pluralischen
ipw, das wir vorher als selbständiges pronominales Subjekt fanden, hat in dem Nominalsatz
§ 89 Anm. I zitierten Beispiel Pyr. 900 seine Parallele. — In r pn „dieser Mund" liegt wieder
derselbe Gebrauch des vorausweisenden Demonstrativs mit folgendem Relativsatz vor, den
wir zuletzt in 53 (S. 53) antrafen.
e) Der ,,Mund, der alle Dinge benannte" i^m^t rn wörtlich ebenso in den Thronbesteigungs-
texten von Derelbahri Urk. IV, 260/261), das Organ des Weltschöpfers, mit dem er nach mem-
phitischer Lehre die Schöpfung vollbrachte, ist identisch mit dem Munde, aus dem Schu
und Tefnut kamen, das erste Paar, mit dem die natürliche Fortpflanzung durch Vereinigung
von Mann und Weib begann. Die von Atum durch Onanieren in der Vereinigung von Samen
und Händen bzw. Fingern erzeugten Kinder sollten von ihm durch Ausspeien geboren worden
sein. Hier ist es nun der Mund des Weltschöpfers Ptali, aus dem sie gekommen sein sollen.
Auf ihn ist also die Rolle des Atum ebenso übergegangen wie die der heliopolitanischen
Neunheit auf die memphitische. Und so lesen wir denn in dem Berliner Ptah-Hymnus
von dem zum Sonnengott gemachten Ptah: "^ _A | | ] rf) I ^, '^— ''^"^ ^'^ Ix ^^'^'^
,,aus dessen Munde die Götter, aus dessen Auge (Ägypten) die Menschen hervorgingen", Berl. ■
P. 3049, 2, 6. Die Frage kann dabei sein, ob nicht auch hier die rohe körperliche Vorstellung von
dem Hervorkommen aus dem Munde durch Ausspeien schon in die geistigere Auffassung
der memphitischen Lehre umgebogen war, nach der an die Stelle des Speichels das ge-
sprochene Wort treten mußte.
56. Erschaffung der äußeren Sinne und ihre Unterstellung unter Herz und Zunge
TE r m a n ' s C m. n).
^^ Die Götternetmheit schtif das Sehen der Augen, das Hören der Ohren, das Luftatmen
der Nase ^, {damit) sie Meldtcng erstatten dem Herzen ^. Es {das Herz) ist es, das jede Erkenntnis
hervor- bzw. emporkommen läßt^ , die Zunge ist es, die wiederholt, was vom Herzen gedacht isf^.
a) ms'-n psd.t könnte grammatisch wohl ,,sie gebaren die Götterneunheit" bedeuten, der
Auffassung Er man' s entsprechend, sei es, daß das Subjektspronomen /« als selbstverständlich
ausgelassen wäre (vgl. Lesestücke 72, 20. Urk. IV, 346, 5) oder das von mirAZ 44, 85 bespro-
chene Demonstrativum nj vorläge, wobei dann allerdings das nur ungern zu entbehrende
sdm-n-f sich in ein sdm-f v^erwandeln würde. Sachlich ist Erman's Auflassung aber bedenk-
lich, weil dabei unter der ,, Neunheit" nur die 6 letzten, auf Schu und Tefnut folgenden Glieder
der Gesellschaft verstanden wären. Vor allem aber würde dann dem Folgenden jede Ver-
bindung mit dem, was vorherging, fehlen. Aus allen diesen Gründen ist gewiß Breasted's
Auffassung ,,die Neunheit schuf das Sehen usw." der Vorzug zu geben. — mü ,, sehen",
sdm ,, hören", sin ,, einatmen", das altes II /i/^./" m junger Orthographie mit q statt AA/v^^A
wiedergibt^ sind nominal gebrauchte Infinitive, denen ihr logisches Subjekt als Genitiv bei-
gefügt ist.
Vgl. die später übliche Orthographie von ssn 11^ Urk. II, 41, 3, die unser Stein in 64 für altes snin hat.
8*
5o I- Ds* Denkmal memphitischer Theologie.
b) s'r-sn hr ib , .damit (oder: und) sie melden dem Herzen". Der gleiche Gebrauch von
y V ohne Objekt und mit hr in dem Thronbesteigungstext von Derelbahri Urk. IV, 257 {r s'r.t
hr nsw.i „um dem König es zu melden"). Die Sinne als Zuträger des Herzens.
c) prj wird hier, wie in alter Zeit meistens, noch die Bedeutung des Emporsteigens haben,
wofern von dem Wege des Gedankens vom Herzen zur Zunge die Rede ist. Gardiner wollte
in der Verbindung rdj prj vielmehr einen Ausdruck für ,, hervorbringen", ,, produzieren"
sehen, dem er das whm der Zunge als ,, reproduzieren" gegenüberstellen wollte. — 'rkj.t wird
als Ableitung von 'rk ,, erkennen" eher ,, Erkenntnis" (im Gegensatz zur \\'ahrnehmung) als
,, Beschluß", wie Erman meinte (im Ag. \Vb. I, 212 ..Entschluß"), bedeuten. Das letztere
dürfte auch in sachlicher Hinsicht zu eng gefaßt sein.
d) whm ,, wiederholen" (seil, die Gedanken) ist ein so üblicher Ausdruck für die Tätigkeit
der Zunge, daß es später geradezu die Bedeutung des Berichtens bekommen hat und die Zunge
selbst I ^\ T7 whm ,, Wiederholer", ,, Berichterstatter" genannt wird. — Bei kii.t könnte
man, da das Denken dem ,, Wiederholen" vorausgehen muß. wieder daran denken, die Gemination
als Kennzeichen einer imperfektischen Verbalform (Relativform des sdm-f) zu beanstanden.
Vgl. aber ^^^^^^^^'^ l w '-' V ^ ^s. ^ "^ ,,was von meinem Herzen erdacht war, war
was durch meine Hand geschah ' LD H, 136h, 5/6 (^ Lesestücke 83, 23); m v ^^'^^^
"^v^^^^ I Sr "^^ 8^^^ keine Verminderung für das, was von meinem Herzen erdacht war"
Rifeh 7, 34. Vielleicht haben wir es hier, wie in der Übersetzung angedeutet, mit einem alten
Part. pass. perf. zu tun. das nach Art von Verbum H, § 932 und der ib. § 927 be-
sprochenen Formen von alten Verbis HI. inf., die in geschichtlicher Zeit schon 2 rad. geworden
sind (wie ^°1 , [ ^^^), die Gemination zeigte. Hingegen spricht die geminationslose Form
V'ci^, die im nächsten Abschnitt (Anfang von 57) dem kii.t gegenübersteht, dafür, daß dort
jedenfalls nur kiJ stehen sollte (s. daselbst).
56. 57.ZusammenfassungdervorhergehendenSchöpfungsgeschichte[;^Erman'sCo).
5^ Und so wurden alle Götter erschaffen, Atum und seine Götterneunheit^. Es entstand
aber jedes Gotteswort durch das, was vom Herzen gedacht, 57 von der Zunge bejohlen war^.
a) Die Erzählungspartikel sw leitet hier und in den folgenden Abschnitten einen .Satz
in der Form des ..endungslosen" Passivs ein. Es liegt kein Grund vor, das Wort hier mit Erman
für das Subjekt eines Nominalsatzes zu nehmen an Stelle eines korrekten 1 ^^ oder '^ , das
unser Text noch eben ganz richtig gebraucht hat. Der Satz faßt zusammen, was in 53 — 55
über die Entstehung der Götter gesagt war. — Zu {)sk ,,und" s. ob. S. 52/53.
b) Wie in 55 wird auch hier der mit hpr-n is beginnende Satz eine Art Nebenbemerkung
enthalten. Diese wird sich, da vorher von den Göttern die Rede war, auf das beziehen, was
in den vorhergehenden Abschnitten sonst an Dingen, die die Götter persönlich nicht an-
gingen, erzählt war, also die Regelung der Tätigkeit der Sinne, ihre Abhängigkeit von Herz
und Zunge, und deren göttliche Macht in allen Lebewesen. Diese göttliche Ordnung wird hier
unter dem rätselvollen Ausdruck mdw ntr ,, Gottesworte" gemeint sein. Die Personen der
Götter und die ,, Gottesworte" oder göttlichen Gesetze, wie man sie nennen könnte, stehen
Kommentar. Zeile 56 — 57. 5l
sich hier einander ergänzend gegenüber. — Das m kii.i hitj, das hier wieder mit Gemination
des 5 auftritt, verlockt geradezu zum Vergleich mit dem später so häufigen Ausdruck ^. '^^
"^V I J;^ „nach seinem eigenen Gedanken" (Urk. IV, 637), der sogar oft ganz ohne "^ ge-
schrieben wird: ^^ ^ 'ö'(j ,,nach meinem (eigenen) Gedanken" Urk. IV, 406 (s. Breasted,
Proc. Soc. bibl. arch. 23, 257). Ebenso ist das parallele tn ivd.t ein gerade in alter Zeit recht ge-
bräuchlicher Ausdruck für ,, auf Befehl (von)"; vgl. Pyr. 363 d. 760c. 888c. 1459. 1804b. 2148c.
Im Grunde werden beide Wörter ki.t und tüd.t Partizipia pass. perf. sein, so daß die oben im
Text gegebene Übersetzung nicht der Berechtigung ermangelt. Daß hier aber die Gemination
bei y^55.^ ebensowenig richtig ist wie in 54, macht die parallele Form wd.t wohl zur Gewißheit,
an deren .Stelle sonst ruhig das oben S. 60 zitierte wdd.t hätte stehen können. — In der alten
Handschrift werden die beiden von m abhängigen parallelen Ausdrücke gewiß wieder in
gespaltener Kolumne nebeneinander gestanden haben. .Statt "^^ mag entsprechend dem rein
ideographisch geschriebenen ^~^ , wie Er man schon für die früheren Fälle seines Vorkommens
vermutete, nur O gestanden haben.
57. Folgen der Schöpfung: -Schaffung der Nahrung produzierenden Kräfte
(E r m a n ' s C p) .
ciQ o ,B^ ö o
A^«Vv^A
57 Und SO werden die ki -Geister gemacht und die hmsivt-Geister bestimmt'^, die alle A^aJvnmg
■und alle Speise machen^, durch diese Rede, (.die vom Herzen gedacht und durch die Zunge
hervorgekommen isfy '^.
a) nicht Part. act. imperf., wieE rman (S. 949) dachte, das unserText noch <=> schreibt,
und das hier der Bedeutung nach kaum passen würde, sondern das ,, endungslose" Passiv,
das im AR korrekt ^s^ oder voller ^s:^^ geschrieben wird; ebenso nachher gegen Ende der
Zeile. Unser Text schreibt statt <s=- auch im Infinitiv <=> ebenda. Die folgenden Sätze
machen es wahrscheinlich, daß man das Passiv hier wie dort imperfektisch aufzufassen hat.
Es handelt sich in allen diesen Sätzen nicht um die einmalige Erschaffung, die wohl durch ml
ausgedrückt sein würde, sondern um den fortdauernden Gang der Weltordnung. — mtn.zv,
das, wie schon Erman vermutete, parallel dazu steht, enthält das Verbum v\ ], das später
^^^ ö"^ geschrieben wird und etwa , .bestimmen (zu etwas)" bedeuten muß: ,,ich bin ein
König, derausdem Mutterleibe kam" .%sJ '^ ö\. ^ ?J „bestimmt zum Herrscher" Pianchii;
^^^g^^^^lj'^y ^g^0||, ,,er (der König) bestimmte mich für {tiv für r) das große Amt
eines Propheten [der xA.rsinoe]" Brugsch, Thes. V, 908; von den beiden Klageweibern im
Osiriskult heißt es: k " ö(2 1^ | "^1 0 ^ ?<=> "^ '^ P ^<="ilS Jl ü S S -'^'
Name ist eintätowiert auf ihren Oberarmen als Isis und Nephthys" Festgesänge, Titel 4. Für
unsere Stelle speziell ist in mehr als einer Beziehung wegen des Zusammenhanges bemer-
kenswert das alte Beispiel Pyr. 2040: i^O|— ^^IJCn^UUU^^K^-]
I Das Q nw hat eine etwas ungewöhnliche Form (höher und schlanker als in alter Zeit). Daher ist
es bisher nicht erkannt worden. Genau dieselbe Form in kd 23. 45 und eine ähnliche in ssmv „einatmen"
56, nw ,,von" 63.
02 I- Das Denkmal memphitischer Theologie.
n [^ jj .,N. erläßt Befehle, N. verleiht Eigenschaften (Titel, Würden ?), N. bestimmt Stellen (d. i.
Rangstellen bei Hofe)"; s. hierzu noch unten. Die Schreibung bei uns mit ^^ statt eines \ wie
in diesem Beispiel (und sonst bei /«), ist wohl durch ^ | | ;;///' beeinflußt. — Die bei uns im
Parallelismus zu/eB.zv genannten Wesen, deren Name mit altertümlichen Formen des Wappens
des Gaues von Sais (Schild mit 2 gekreuzten Pfeilen) geschrieben zu werden pflegt, heißen
Pyr. 396a 1^"^^ '^ l><f /^weei/./ im Sing.; eine unserer Schreibung hmsio.t entsprechende
Form findet sich aber nach Mitteilung von Gardiner in einem Suchos-Hymnus, der zu dem
Ramesseum-Papyrusfunde des MR gehört. Dort heißt der Gott: rs=n "^tD '-' ^i'Ä^j^P^
*0 ^('==u) /'^l' y'^^^ ,, das Gold (d. i. der Erlesenste) der Männer, der Stier der Hat-
horen, der Bock, der die Scheide seiner hmstv.t-YxKXi&n befruchtet". Betreffs unserer Stelle
^
P
könnte man denken, daß die alte Handschrift 1 V> als zusammengeschobene Schreibung für
gehabt habe, wie das in den Pyr. mehrfach gut belegt ist und durchaus den alten Schreib-
sitten entspricht (s. Pyr. IV, § 17). Die /^5.7ü sind die männlichen, die //wjüi.w/", wie man wohl
zu lesen hat, die weiblichen Geister, die, ihre Hieroglyphe [_J bzw. ^<r auf dem Kopf tragend,
in den Tempelbildern das neugeborene Gotteskind bzw. den König warten; vgl. Nav., Deir-
elbahari H, 47. 53. LD III, 75a. IV, 59c. Text II, 244. (Auch an der oben zitierten Stelle
Pyr. 396 ist unmittelbar \orher von der Geburt des toten Königs die Rede.) Später gelten diese
ki\%ü, wo sie in der Zahl von 14 auftreten, alle zusammen als die kB'?, des Re'^, d. h. als
die Eigenschaften des Sonnengottes, unter denen Wille {hw) und Verstand {sjB'), Sehen (y>)
und Hören {sdni) Paare sind, die besonders oft und seit alter Zeit als Götter personifiziert
auftreten^. In den letztgenannten finden wir zwei von den äußeren Sinnen, von deren
Erschaffung in 56 die Rede war, in den ersteren aber die inneren -Sinne, deren Sitz die
beiden alles regierenden Organe Herz und Zunge sind und deren Personifikationen Hiv und
0/5 Gardiner geradezu als heliopolitanische Vorbilder der göttlichen Rolle ansehen will,
die diese Organe nach unserem Texte in der memphitischen Lehre spielten. So läßt sich zwi-
schen unserer Stelle und dem, was vorhergeht, wohl eine Brücke schlagen. Für den Zusammen-
hang zwischen kB.iv und livtzvs.-wt bedeutsam erscheint ein eigenartiges Denkmal, das das
Pelizäus- Museum in Hildesheim besitzt, und das ich mit freundlicher Erlaubnis der Museums-
verwaltung hierneben nach einer Aufnahme von O. Rüben söhn abbilden darf: ein Stein
von 29 cm Höhe im Stil der saitischen Zeit, aus dem damals so beliebten grünen Material
vom Wadi Hammamat, in der Form des Zeichens, das die hmtvs.t kennzeichnet, bekrönt mit
einem Stierkopf und mit der zu diesem gehörigen Aufschrift fi ^^ ., d. i. der Name der Per-
1 So?
2 Brugsch, Wörterb. Suppl. 997. v. Bissing, Sitz.-Ber. Münch. Akad. 1911, 5. Abb., Note 8. Gar-
(lincr, Proc. Soc. bibl. arch. 38, 95. Vgl. auch Dum., Temp.-Inschr. I, 29, wo von Re und ..seinen 14 k^^",
und V. Bergmann, Hierogl. Inschr. Taf. ^iZ^ 3^ ^o von ..den 14" die Rede ist.
3 Zu hw und sj^ s. Gardiner, Proc. Soc. bibl. arch. 38, 43 ff . 83 ff. 39, i38ff. — Zu jr und sdm,
von denen das letztere ebenso wie sj^ in Gardiner 's Liste der 14 j^i^'s fehlt (statt ihrer hat diese Liste
□ und i^') und das erstere daher von ihm verkannt worden ist (er übersetzte das .o>- mit ..Tun); s. Sethe,
Verbum I, § 359. Trans. Soc, bibl. arch. 3, Taf. i. Festgesänge der Isis und Nephthys 9- 'S ( ^^ W) ^'^
eine Person).
Koniuicntar. Zeile 57.
63
sonifikation des ,, Willens" (Gardiner: autoritative uttcrance), von der oben die Rede war. Ein
gleicher Stein ist, worauf Roeder hinwies, auch auf dem Schrein von Saft el Henne (Nävi He,
Goshen pl. 6, 5 = Roeder, Naos Taf. 24) abgebildet mit der Angabe ,,Höhe 5 Palmen"
(= 37 V 2 c""")' '^'°'' einer Statuette desselben Gottes fi ^ stehend, zusammen mit 6 anderen der-
artigen Steinen, die die Köpfe anderer Tiere tragen und gleichfalls vor je einer dazu gehörigen
Götterstatuette stehen. Unter diesen 6 Gottheiten ist aber nur ein Gott, der ebenfalls zu den
,,14 ki.w des Re'" gehört, nämlich .^^a*^^ 5/5, der Partner des Hw\ sein Stein trägt den Kopf
eines Schakals. Die anderen Gottheiten sind . . ., (5//^.^ ,,Falkin" (Falkenweibchen mit Löwenkopf),
wr-hki ,,der Zauberreiche" (Seth), Hor-Schu (Bes), Thoth. Welchen Sinn diese Steine hatten,
und wie es kommt, daß auch männliche Gottheiten einen solchen Stein besaßen, bleibt vorläufig
ganz rätselhaft. In den Tempeln der griech.-röm. Zeit, wo die
hmws .zvt geradezu als weibliche Äquivalente der 14 ki.iv be-
handelt erscheinen (z. B. ,,die
des Hl
lü
,,die
des
Hki" usw.), pflegen es Frauen zu sein, die, mit dem Zeichen
geschmückt, als sog. 5'a/) 2 Speisen und andere Dinge zum Gotte
bringen (vgl. Dum., Geogr. Inschr. IV, 131 ff.). Dem entspricht
auch die Rolle, die ki.iv und limivs.iüt bei uns spielen (s. u.).
Wenn das Wort limws.t oder linis.t mit dem Wortstamm /it/isw
{hf?is) ,, sitzen" zusammenhängen sollte, was nicht unwahr-
scheinlich ist, so wird man sich der oben angeführten Stelle
) der
r r jj ,, Sitze" dem ,, Verleihen" {n/ib) der [_JLJLJ ..Geister" ( =
Würden) gegenüberstand, zumal wenn man bedenkt, daß einer-
seits ti? IcüM^ ,,Sitz" als Synonym von rl , wo von dem
,, Vorrücken des Sitzes" ^ ,, befördern" die Rede ist, wirklich
vorkommt (Lesestücke 74, 18) und andererseits neben "^ziy
U ,,der, dessen Eigenschaft (Geltung, Rang) der Herr der
beiden Länder gemacht hat" als Synonym ein T\ X =1 — I
Steht. Sollten die kS.iv und die hinws.wt etwa die Eigenschaften,
Würden, Ämter, Funktionen im öffentlichen Leben verkörpern, die die Produktion der ma-
teriellen Güter besorgen, veranlassen, überwachen ? — In der alten Handschrift werden die
Worte ir ki.w und mtn.iv (oder mtn.w, wie dort geschrieben sein mußte) hm{w)sw.t voraus-
sichtlich wieder in gespaltene Kolumne nebeneinander gestanden haben.
b) Das Part. act. imperf. irr ist gemeinsamer Relativsatz zu ki.iü und zu hmws.wt, in
mask. Form nach Verbum 11, §739- Es bezeichnet die schaffende Tätigkeit der genannten
Wesen als ständig fortdauernd oder sich wiederholend. — Die parallelen Ausdrücke dfi.tv nb
,,alle Nahrung" und litp.t iib ,,alle Speise" wird man sich in der Urhandschrift wieder neben-
einandergestellt zu denken haben wie in 58. Dann würden die dfi.w als Werk der ki.tv,
die htp.t als Werk der kfnws.ivt hingestellt sein. Daß dabei Übereinstimmung im grammati-
schen Geschlecht zwischen den schaffenden Wesen und ihren Schöpfungsprodukten bestände,
ist gewiß beachtenswert und kein Zufall. — Die Beziehung zwischen den ki.w und hmws.wt
Stein in Hildesheim.
54 f- Das Denkmal memphitischer Theologie.
einerseits und der menschlichen Nahrung andererseits tritt auch sonst vielfach hervor, nicht bloß in
der Rolle der sapi-¥rauen in den Tempelinschriften der griech.-röm. Zeit, sondern auch in
der augenscheinlich ziemlich früh schon erfolgten Umwandlung des ursprünglich rein geistigen
Gottes //7V ,, Wille" in einen ganz materiellen Gott der ,, Nahrung", die selbst später ganz ge-
wöhnlich Äw genannt wird. Auch die gleiche Bedeutung, die das Wort ^i.w ,,die Geister"
früh bekommen hat vmd von der ausgehend man für den kB die Grundbedeutung ,, Lebens-
kraft" hat statuieren wollen (gewiß nicht mit Recht), wird damit zusammenhängen. Die
schöpferischen Eigenschaften (^B.w) des Sonnengottes, die dem Menschen die Nahrung in
Flur und Feld, im Wasser und in der Luft zuwachsen lassen, sind materialisiert und ihren
Schöpfungen gleichgesetzt worden.
c) -m nid.t t7i , .durch diese Rede", gewiß nicht zum Relativsatz gehörig, sondern zu dem
Hauptsatz sw ir k3.w usw. — /nd.f in alter Zeit selten (Pyr. 6iia = 646c. Urk. I, 78. 123),
z. T. in der speziellen Bedeutung ,, Wortlaut", ,, Inhalt" eines Briefes u. ä. (Urk. I 128. Weill,
Decrets royaux pl. i, 43). Das Gewöhnliche ist damals durchaus das mask. tndw. — Das
Demonstrativum wird, zumal nichts vorherging, worauf es sich beziehen könnte, wieder vor-
ausweisend sein und einen nachfolgenden Relativsatz erfordern, der zusammen mit dem Anfang
des nächsten Satzes ausgefallen ist. Als Wortlaut für diesen verlorenen Relativsatz bietet
sich das \ I ^(, ^. t«. "^^^^ ls\. \\ "'^'^ ^'o™ Herzen gedacht war und durch die Zunge hervor-
kam" von 58 als in jeder Beziehung passend an.
57. Folgen der .Schöpfung: Schaffung des Rechtes (Erman's Cp).
57<s>- ^<c=.Ä' "l-^/A'© <^ c:.D
^-i l^An>^-d®J.x
^1 iUiid SO wird Recht gegeben dem;, der tut, tvas geliebt wird, <^Unrecht gegeben denty, der
tttt, was gehaßt zvird^. Und so zvird Leben gegeben dem Friedfertigen, Tod gegeben de?/t Ver-
brecher ^\
a) ,,W^as geliebt wird, tim" und ,,was gehaßt wird, tun" sind Ausdrücke, die sonst wohl
überall eine moralische Bedeutung haben. Was die Menschen lieben und was die Götter (Leid.
V. 4 = Lesestücke 72, 21) oder auch die Menschen (z. B. LD HI, 13c, 2) hassen, ist das Gute
imd das Böse, das der Mensch tun bzw. nicht tun soll. Daß die Ausdrücke auch hier nicht
anders aufzufassen sind und eine Deutung, wie sie Er man vorschlug, Schaffung von Glück
und Unglück, nicht in Frage kommen kann, auch wenn das grammatisch und inhaltlich in
den Zusammenhang paßte, zeigt der folgende Satz, der ganz Entsprechendes enthält. Der
hrj htp ,,der Friedfertige", d. h. gesetzlich lebende Mensch, und der hrj Ijbn.t ,,der Verbrecher"
sind dem bei uns genannten ,,der das, was geliebt wird, tut" und ,,der das, was gehaßt wird,
tut" auf das Naheste verwandt. Wir haben es hier ohne Zweifel mit dem Schluß eines Satzes
zu tun, dessen Vorderteil mit dem Schluß des vorhergehenden Satzes zusammen ausgefallen
ist und der ähnliches aussprach wie jener folgende Satz, der die Belohnung des Guten und die
Bestrafung des Bösewichts ausspricht. Als Ergänzung für diesen verlorenen Satzanfang möchte
ich im Hinblick aufstellen wie Totb. Nav. 17, 6 = Urk. V, 57, 7/8 (vgl. Urk. IV. 492 nach
Cü -*«w-
Kommentar. Zeile 57. a ^
Devaud ÄZ 50, 130): J^^^[lp=^^Y_2^j7 — .^_5^_^-^ „ergibt
Unrecht dem, der es tut, Recht dem, der mit ihm kommt" vorschlagen: 1%.
,,und so wird Recht gegeben dem, der tut, was geliebt wird (seil, von den Menschen), Un-
recht gegeben dem, der tut, was gehaßt wird (seil, von den Göttern)". Bei dieser Ergänzung
würde sich der Textausfall hinter 7nd.t tn ,, diese Rede", in alter Orthographie mit ^"^ statt
, aus einem Homoioteleuton erklären. Daß das zu den beiden parallelen, in gespaltener
Kolumne nebeneinanderstehenden Ausdrücken gemeinsam gehörende <=> nur einmal in un-
gespaltener Kolumne dasteht, hat sein Gegenstück u. a. in der Schreibung von /tr in 9 und ist
wohl keineswegs anstößig. — iTl ll^t dürfte aus einem alten |T|°'^ ^ msdd.t verderbt sein,
einer Schreibung, die dem öfter belegten |^^\ wdd.t (Verbum II, § 927, i) entspräche und
nach Pyr. IV, § 22 zu erklären wäre.
b) Die beiden in der Kolumne nebeneinanderstehenden A darf man nicht mit Er man
zusammen als geminierendes Part. act. impf, (wie in 56) lesen, dasErman als parallel zu
dem von ihm nicht richtig erkannten <==> auffassen wollte, sondern siegehören zu den beiden Teilen
der gespaltenen Kolumne, gerade wie das doppelte f in 9, q in 4. 64, W in 53. 54. — Die Aus-
drücke hrj htp und hrj hbn.t ,, einer, der unter Frieden bzw. Verbrechen ist" für der es hat
oder bringt, erinnern an das ,,der unter ihm (d. h. mit dem Recht) kommt" der oben zu a zi-
tierten Totenbuchstelle. Zu krj hbft J ^ndet sich als Synonym sonst hbn.tjVix'k. IV, 969, 4. 1109, 3.
57. 58. Folgen der Schöpfung: Verrichtung der körperlichen Arbeiten
der Menschen auf Befehl von Herz und Zunge (Erman's Cq).
I
57 Und so zverden getan alle Arbeiten und alle Künste, das Handeln der Arme, das Gehen
der Beine, 5« die Beivegung aller Glieder^ gemäß diesem Befehl^, der vom Herzen gedacht und
durch die Zunge hervorgekommen isf^ und der die Bedeutung aller Dinge niacht^.
a) ""^^ ist auch hier wie vorher Schreibung für das -=3=- der normalen Orthographie des AR,
während die normale Schreibung der ursprünglich geminierenden Formen durch ^^, das die
Gemination noch zeigt, vertreten ist. Demgemäß enthält sw ir wie in 57 (S. 61) das endungs-
lose Passiv, 'ir.t '.wj aher den Infinitiv in substantivischem Gebrauch mit Genitiv des logischen
Subjektes wie in mii ir.tj usw. von 56, und nicht etwa einen Relg-tivsatz zu ki.t nb hm.t nb,
der dann ^^o haben müßte. Der Parallelismus mit sm{.t) rö'.w/springt ja auch in die Augen.
Es ist wohl denkbar, daß in dem alten Text die parallelen Wortpaare ki.t nb und hm.t nb und
ebenso ir.t ' .wj und sm{.t) rd.wj in gespaltener Kolumne nebeneinander standen, das letztere
Paar unter Umständen mit nmnm ' .t nb zusammen in dreigespaltener Kolumne, wie das im
AR auch gelegentlich vorkommt (z. B. in der Inschrift des Nfib.w in Kairo). — Zu nmnm
I Das älteste bekannte Exemplar des Textes, auf dem von Budge Hieratic Papyri Taf. 43—45 publi-
zierten Sarg der Königin Mentuhotp aus dem späten MR. hat ^ q^_^ „gegeben wird" statt ^ q "^-»^ '
was die Ähnlichkeit mit unserer Stelle noch erhöht.
UAe X, i: Sethe. 9
55 I- Das Denkmal memphitischer Theologie.
,,sich bewegen" (kopt. .uon.wen) vgl. Pyr. 393b. 721b. 1120b. 1500b. 1771b. 2147a, wo es
mehrmals speziell vom Erdbeben gebraucht ist. — In './ )ih bedeutet nb wie so oft am Schluß
solcher Aufzählungen ..alle anderen".
b) Die Worte ^ I ^ K.=^ I s bedürfen zweifellos der Emendation. Das =«^^ i.st ganz
beziehungslos, da Ptah, auf den man es allein der .Sache nach beziehen könnte^, viel zu weit
entfernt ist, und das md.t ist zu beanstanden, weil die Redewendung alt stets wd-mdiv und
nicht tüd-mdJ heißt. Statt des ?i am Ende ist schließlich ein Demonstrativ, und zwar das
weibliche , zu erwarten, das nach dem Gebrauch unseres Textes auf den nachfolgenden Re-
lativsatz mit seinen weiblichen Formen vorauszuweisen hatte. Es ist gewiß Q^^^^cz^
„dieser Befehl" zu lesen, eine Verbindung, die uns in der abgekürzten alten Orthographie h
in dem alten Thronbesteigungstext \ on Derelbahri wirklich begegnet (s. ob. S. 56, Anm. 2).
Die Verderbnis von °^ zu =^.==^ ist ja sehr leicht möglich und die Versetzung des d von /;/
bei der ständigen Verwechslung von i c:^:^ gTj und \ sl) '" "^^^ späteren Zeiten nur zu be-
greiflich. Die alte Orthographie <^%.^°^ hat unser Text noch in 62 etwas entstellt bewahrt.
Das Fehlen der Femininalendung bei wdJ hätte in 54 sein Seitenstück, wo wir, wie
übrigens auch in der eben zitierten Stelle des Thronbesteigungstextes von Derelbahri,
il statt eines korrekten 'i | lasen. Vgl. auch sm.{.t) in 57. und ssn{.t) in 56, nmt .w{f)
in 6^, usw. ^ 1
c) Hier hat der dem kii.t \b gegenüberstehende Satz, der die Zunge betrifft, eine ab-
weichende Fassung, da das Wort ivd ,, befehlen" schon durch das wdJ-mdw in des Haupt-
satzes vorweggenommen war. Man kann daspyJ w ;// wohl am besten durch ,, hervorgekommen
durch (oder: über) die Zunge" übersetzen.
d) Der 3. Relati\satz hat imperf. Form und gibt eine Wirkung des \'on Herz und Zunge
ausgehenden Befehles an, die sich ständig wiederholt, die etwas diesem Befehl Eigentümliches
darstellt. — \7nih, sonst von Menschen ,, Würde", ,,Ehre", ,, Wertschätzung" bei jemandem
(z. B. Urk. I, 21. 35. 51. 116 und oft in der Verbindung ,,Herr des 'mih"), hier von Sachen,
etwa ,,Wert", , »Geltung", ,, Bedeutung".
58 — 59. Nach Abschluß der .Schöpfung wird Ptah feierlich als ihr Urheber
anerkannt und ist selbst mit seinem Werk zufrieden fErman's Cr).
^^ Es geschah, daß gesagt wurde „der den Atum machte {d. i. erzeugte), der die {anderen)
Götter entstehen ließ" von Ptah^. Ti-tnn ist er ja, der die Götter schuft. Alle Dinge sind aus
ihm hervorgegangen'^ an Ä^ahrung und Speise, an S9 A^ahrung der Götter und an allen {anderen)
1 Auf die Zunge, wie Erman meinte, kann es nicht gehen, da diese nachher in dem Relativ.satz genannt
ist. Auch ist das hv am Satzanfang, das Erman gleichfalls auf die Zunge deuten wollte, ja offenbar die
Erzählungspartikel und nichts anderes.
Kommentar. Zeile 57 — 58. f^j
guten Dingen'^. Und so itmrde gefunden und verstanden, daß seine Kraft größer sei als die
der (anderen) Götter^. Und so ward Pta/i zufrieden, nachdem er alle Dinge und alle Gottesworle
gemacJit hatte^.
a) Er man wollte das Q.Mi Ijpr-n folgende dd ir als eine Umschreibung für die sdni-f-Vorm
von dd ,,sa.gen" auffassen: ,,es geschah, daßAtum sagte". Eine solche Umschreibung, die gram-
matisch ganz unbegreiflich wäre, gibt es aber nicht. Die von Er man Gramm. •■* §360 und
Sitz.-Ber. Berl. Akad. igi2, 934 unter P' dafür angeführten Beispiele lassen sich ebenso wie die
Gramm. ^ § 186, 3 zusammengestellten Beispiele von Substantiven, die anscheinend mit einem
solchen Hilfszeitwort <2=- gebildet sind, in anderer, den Regeln der Sprache entsprechender
Weise erklären'. In Wahrheit bilden die Worte hy Itni.w und slipr ntr.xü zwei parallele Glieder,
Beiworte des Ptah, dieObjekt des wahrscheinlich infiniti\ischen dd sind. Das erste entspricht
der Bezeichnung ,,der Vater, der den Atum machte", die Ptah in 50a erhielt, das andere den
S. 49 besprochenen Prädikaten, die ihn als Schöpfer der Götter bezeichneten, und dem ;///
ntr.iv des gleich folgenden Begründungssatzes. Wie weiterhin (s. unter e) hat die Nennung
der Götter hier die Bedeutung ,,die anderen Götter".
b) I n "v^ wird für (1 l D %>> stehen, wie i'^z:^ für 0 l'=;i=^. Dieses is piv gehiirt an die zweite
-Stelle im .Satz. Daher muß das vorhergehende Ti-tnn von dem Namen Ptah, mit dem der vor-
hergehende Satz schloß, getrennt werden. Dagegen bestehen auch wohl keine Bedenken, da
der Text, soweit er uns erhalten ist, überhaupt nirgends die später übliche Verbindung Ptah-
Ti-tnn aufweist, vielmehr in der Regel nur einen von beiden Namen gebraucht (vgl. dazu
S. T,2,) und in dem einzigen Fall, wo beide zusammen auttreten, sie in der P'olge Ti-tnn-
Ptah nennt (64). Da Ti-tnn vor pw steht, wird es nach den Regeln der älteren Sprache
Prädikat dazu sein, nicht etwa Subjekt {,,Ti-tnn ist es, der die Götter schuf"). Man muß
daher das pzv mit ,,er" statt mit ,,es" übersetzen. Gesagt ist, daß Ptah der Ti-tmi sei.
c) Bei dem Hervorgehen der als materielle Güter zur Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses
\on Menschen und Göttern charakterisierten Dinge aus Ptah als Ti-tnn dürfte wieder an die
spezifisch kosmische Bedeutung dieses letzteren Namens ,,das T/^/z-Land" (s. ob. S. 21. 33/34.)
gedacht sein. Es handelt sich um die Landesprodukte.
d) Die nebeneinander in gespaltener Kolumne stehenden Worte htp (ungenau statt htp.t,
wie 57 zeigt) und df{i).w sind so geschrieben, daß man eigentlich ^ ZZll ^ y^ lesen müßte.
Schabako 's Schreiber hat offenbar ganz mechanisch seine Vorlage kopiert, ohne den .Sinn zu fassen.
Mit den beiden Ausdrücken wird die menschliche Nahrung gemeint sein, der in htp.t ntr.vo die
der Götter gegenübersteht, geschrieben mit respektvoller Voranstellung des Genitivs, wie sie in
dem später allein gebräuchlichen j n ^ ""^ htp-ntr üblich ist. Zu der P'orm des Ausdrucks mit
dem Pluralis °^T\ vgl. Pyr. 1651b: "^^ =,0^ H ..^,^, i^T ,,ihre Götteropfer-'. — Das letzte Glied
der Aufzählung enthält wie so oft die allgemeine Ergänzung mit 'ih.t nb.t ,,alle anderen Dinge".
e) Der Ibis steht, wie Erman richtig bemerkt hat, nicht auf dem Traggestell der Götter-
bilder, wie er es in dem Namen des Thoth zu tun pflegt und auch in 54 (entgegen E r man' s
I Pap. Kah. Hymn. 3,13 ist zu übersetzen: ,,der befohlen ist, daß er eure ki.w mache"; LÜ III, 194,
24/5: „sie sehen den Befehl, der dir gemacht ist: das Land Chatti soll Untertanen deines Palastes sein";
Moni. roy. 25, 13 ,, durch das Aussenden, das er tat".
68 I- Das Denkmal memphitischer Theologie.
Bemerkung) richtig tat. Es ist gewiß nicht dieser Gott, der hier wenig herpaßte und in unserem
Text nicht die Rolle des Wissenden (Herz), sondern des Redenden (Zunge) spielt, sondern
das Verbum g77tj ,, finden", dessen Zeichen in 2 zwar nicht ganz, aber fast ebenso aussieht.
Wir haben dann dieselbe Konstruktion von iw mit Verbalsatz im endungslosen Passiv wie
in 56/57 rnit Aufeinanderfolge zweier paralleler Prädikate vor einem gemeinschaftlichen Subjekt
(hier ein ,,daß"-Satz) wie in wr '3 Pth ,,groß und gewaltig war(d) Ptah" 53 (s. S. 52). — sl
kommt von dem Verbum II gem. (nicht III inf.) 0 [7^ "^ "^ r^^e^ sii ,, wissen", ,, verstehen"
(Lesestücke 72, 13. 2,1, 5)> zu dem Üardiner, Notes on the Story of Sinuhe S. 2>?>- I57 (zu
Z. 48) zu vergleichen ist, und ist eine Form wie -»^'^^ ,, gesehen wird" (Verbum II, § 472). —
^"^^ ,, groß an Kraft" heißt Ptah in Memphis z. B. Engelbach, Riqqeh and Memphis
VI, pl. 58. 59. Daressy, Statues de divinites I, p. 117 (alles Dyn. 19). — .,Die Götter" =
die übrigen Götter wie zu Anfang des Abschnittes.
f) Die Zufriedenheit des Schöpfers mit seinem Werke erinnert lebhaft an die biblische
Schöpfungsgeschichte, wie schon Stolk, Ptah S. 23 hervorhob. Bei htp könnte man auch
an das Ausruhen nach getaner Arbeit denken. • — Bei den mdw ntr nb ,, allen Gottesworten",
die hier durch nachgesetztes {7)sk mit ,, allen Dingen" koordiniert sind (s. ob. S. 53), würde
man hier am liebsten an das, was nachher folgt, denken, die staatlich-religiöse Ordnung, die
der Schöpfer dem Lande gegeben hat.
59 — 61. Schaffung der Lokalgottheiten unc} ihrer Kulte (Erman's Cs. Ct).
59 Er schuf die Götter ^, er machte die Städte, er gründete die Gatie ^, er setzte die Götter
auf ihre ^ Kultstätte^, er setzte ihre Opfereinkünfte fest^, er gründete ihre Kapellen, er machte
ihren Leib gleich dem, was ihre Herzen zufrieden waren ^. Und so traten die Götter ein in ihren
Leib aus allerlei Holz, aus allerlei Mifieral {Stein oder Metall), aus allerlei Ton^ und allerlei
{anderen) Dingen, die atif ihm {Ptah als Erdgott) wachsen ?, *^ in denen sie Gestalt angenommen
haben^^.
a) Unser Text bleibt seiner Neigung, ohne jede vernünftige Disposition zu erzählen,
auch hier treu. Nachdem er eben glücklich die ganze Schöpfung berichtet hat, greift er nun
wieder auf einen Teil derselben zurück; denn es wird doch schwerlich seine Meinung sein,
daß die Schaffung der fetischistischen Lokalgottheiten, von denen hier die Rede ist, erst nach
Abschluß der Schöpfung erfolgt sei. Wäre nicht der Satz mit sw ^k ntr.w usw., so könnte man
denken, daß alle in die sdfn-n-f -Vorm. gekleideten Sätze unseres Abschnittes präteritale Zu-
standssätze (,, nachdem er geschaffen hatte" usw.) seien. Daß mit dem Schaffen der Götter
nicht die künstlerische Formung der Götterbilder gemeint ist, zeigt der Zusammenhang. Es
handelt sich vielmehr unzweifelhaft genau wie in 56. 58 um die Personen der Götter selbst,
für die dann alle Einrichtungen des Kultus, darunter auch die Götterbilder, erst hernach ge-
schaffen werden.
Kommentar. Zeile 58 — 61.
69
b) Die Städte und Gaue, in den Texten oft als „Städte Oberägyptens" und „Gaue Unter-
ägyptens" einander gegenübergestellt (ÄZ 44, 16), die Überbleibsel der ursprünglichen Klein-
staaterei Ägyptens, auf der die Vielheit und Mannigfaltigkeit der Lokalgötter beruhte.
c) hm bedeutet hier gewiß etwas anderes als nachher, wo von der Gründung der Kapellen,
d. h. der Tempelgebäude die Rede ist, nämlich die Stätte, die Örtlichkeit, wo der Gott seinen
Kuk empfangen soUte, und auf der eben auch die Tempel errichtet wurden. Dazu paßt die
Präposition hr ,,auf", die sonst kaum zu verstehen wäre.
d) srwd piw.i ist der ständige Ausdruck für das Festsetzen der Opfereinkünfte der Götter,
meist mit der Bedeutung des Wiederherstellens der im Lauf der Zeit gestörten Einkünfte,
was hier nicht paßt.
e) siwt, Kausativ von dem Stamme iwt, der in den Worten ,, Abbild", ,, gleich", ,, ähnlich"
vorliegt, bedeutet ,, etwas in Nachbildung einer Sache (r) gleichmachen". So heißt es von einer
Statue, sie sei nach dem Leben aufgenommen und Oc^ ;U^>IITO ' , .gleich- (oder ähn-
lich-) gemacht der Schönheit seiner Majestät" LD III, 63, kolk, wozu einerseits ob. S. 34,
andererseits Kairo Cat. gen. 15. 17 (Borchardt, Statuen) zu vergleichen. Für unsere Stelle, wo
von der mannigfachen Gestaltung der Lokalgötter die Rede ist, vgl. was der Priester im Kultus,
wenn er vor das Götterbild tritt, u.a. zu sagen hatte: ~^ I ci t ; w^ (1 ^ ^-c^^^^z^OI]
af Irv) „nicht habe ich deine Farbe (d. i. Eigenart) gleichgemacht der eines anderen Gottes".
Berl. Pap. 3055, 5 = Moret, Rituel du culte divin S. 57 (wo nicht richtig verstanden). — d.i
,,Leib" bezeichnet hier die Gestalt, in der die Götter verkörpert sein sollen. — r htp.t (so ist
auch hier statt htp zu lesen) b-sn bedeutet anderwärts ,, soviel sie wünschen" (Urk. IV, 321 ==
345). Hier, wo das r zu //w/ gehören wird, paßt nur ,,wie sie wünschen", eig. ,, gleich dem,
was ihre Herzen zufrieden waren".
f) Die Götterbilder sind aus Holz, Stein oder Metall, das der Ägypter auch zu den ' i.t-
Steinen rechnet (vgl. Lesestücke 61, 12 ff.), oder endlich aus , d.i. nichts anderes als /w ,,Ton",
000
,,Lehm", das gerade auch in der Verbindung \i — : ^\ ^ c^tliii ,, Statuenton" belegt
ist (Erman-Grapow, Wörterb. I, 78). Das Zeichen im hat seine gute alte, etwas geschweifte
Form; die beiden Zipfel, die ihm Breasted vorn ansetzte und die das Zeichen so entstellten,
daß man nichts Rechtes damit anfangen konnte, können nach dem Abklatsch, der kaum etwas
davon erkennen läßt, nur zufällige Akzidentien sein. — Für , wird die alte Hs. wohl gehabt
haben, wie man in alter Zeit schrieb. Schabako's Schreiber hat das alte o durch | ersetzt, wie
er das bei der Schreibung des Pluralis mit coo zu tun gewohnt war; vgl. ob. S. 58.
g) Vor ih.t nb, das in üblicher Weise die Aufzählung der Stoffe ergänzend abschließt
(vgl. ob. S. 67 d), vermißt man die Präposition w, die vorher vor jedem Glied der Aufzählung
wiederholt war. — Die Worte rd hr ht.w-f, wörtlich ,,die auf seinem ht.w wachsen", setzen
die Stoffe, aus denen die Götterbilder geschaffen sind, und zwar sämtlich, in Beziehung zu
dem Schöpfer Ptah. ht.w wird nach seinfer Schreibung und nach dem ganzen Zusammenhang
nicht der Pluralis von hJ ,,Baum" sein, wie Erman dachte, sondern ein Nomen, das mit dem
hi von ^ T^ m-ht ,, hinter" zusammenhing. In der Tat kennt die ake Sprache eine Verbin-
düng hr-hi, die ganz ähnlich wie diese zusammengesetzte Präposition gebraucht ist. Ihre Be-
deutung scheint ,,auf", ,,über" zu sein: , .schüttle die Erde von dir ab" i]__^ | | D^'f' ^
~Q I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
""=^1^ n ^ , .entferne jene Anne, (die) auf dir (sind) als Seth". d. h. die Binden der Mumie
Pyr. 1067b (vgl. ib. 1032b, wo der Sinn unklar ist); ..Schu und Tefnut verabscheuen es"
h ® £^ °1 -?)'^'""^^^'^^^==tdT l^r^P' „daßderArmdesGottesauf sie falle, daß
der Gottesschatten seinen Samen ergieße auf sie" ÄZ ^,7, 1 10 (alter Text der Pyr.-Literatur) ; vgl.
Kees an dieser Stelle. Diese Bedeutung paßt auch an unserer Stelle, die stark an die Redensart
, .alles was auf dem Rücken des Geb wächst" für ..alle Pflanzen" erinnert. Es ist offenbar wieder
an die kosmische Rolle des Ptah als Ti-tnn ,,das 7)/;z-Land" gedacht. Als Spender der
Mineralschätze der Berge fanden wir diesen Gott ja neben Geb in den Inschriften des Sinai
und anderwärts wiederholentlich genannt (s. ob. S. i^^).
h) hpr-n-sn 'm, Relativsatz auf ///./ /-/^ bezüglich (daher ?;« statt ?>«-/«;, die er einschränken
soll auf diejenigen Dinge, in denen Götter ihre Verkörperung gefunden haben sollen, hpr
kann hier in der Verbindung mit m (bzw. )m) ebensogut ., hineingeraten in", als Synonym des
vorhergebrauchten ' k, bedeuten (wie in 64) wie in der Anwendung von 48. 54 stehen, also als
Synonym von ^s>- ^ <=> % 1 1^^ ..Gestalt annehmen von".
i) Aus der Tatsache, daß der Text bei der Behandlung der lokalen Gottheiten hier nur
an Götterbilder \on Menschenhand zu denken scheint, könnte möglicherweise ein Schluß
auf die Entstehungszeit des Textes gezogen werden. Obwohl so speziell memphitisch, scheint
er von dem Apis als einem Gott in Tiergestalt oder genauer als einem Tier, in dessen Körper
ein Gott Wohnung genommen hat, so wenig zu wissen wie davon, daß alle die menschengestal-
tigen Götter mit Tierkopf ursprünglich in gleicher Weise in einem lebenden Exemplare der
betreffenden Tiergattung verehrt wurden. Nach Manethos sollen nun der Apis, der Mnewis
und der Bock von Mendes, die neben dem Buchis \ on Hermonthis und dem Phönix von Helio-
polis allein noch diese primiti\e k'orm der Gottesvorstellung in geschichtlicher Zeit repräsen-
tieren (offenbar deshalb, weil sie zu s]»t in das Pantheon eingetreten sind, um noch von der
W^elle der allgemeinen Anthropomorphisierung erfaßt zu werden), im Anfang der 2. Dynastie
als Götter anerkannt worden sein (evojj.w8-/]<iav ^ot slva-.). Demnach würden wir für die
Entstehung unseres Textes auf dieselbe Zeit kommen, auf die auch andere Erwägungen führten, •
die erste Hälfte der i. Dynastie. Für die 2. Hälfte dieser Dynastie ist ein gewisser Kult des
Apis bereits durch Palermostein 3, 12 bezeugt.
61. Ptah als König der Welt und Memphis, seine Residenz, als deren Lebens-
zentrum Erman's Ct).
^^ Und so versammelten sich ihm. alle Götter^ und ihre ki-Geister^. Htpj Hnmj war
Herr der beiden Länder "". Kornkatnmer des Gottes {Ptah-Titnn) aber war der „große Thron' ^,
die das Herz der Götter erfreut, die im Hause des Ptah sind'^, die Herrin alles {'^) Lebens^,
aus der der Lebensunterhalt der beiden Länder besorgt wird^.
a) Vgl. ob. S. 23/24.
b) Vgl. ob. S. 52.
Koiiimr'iuar. Zoilc 6i.
c) Die mit nl] geschriebenen Worte /?^p/ und Ivinij können, nach dieser Schreibung zu
urteilen, nicht jjlurahsche Imperati\e in einer hier beginnenden Rede des Ptah an die Götter
sein rErman), sondern sind gewiß appellativische Namen des Ptah, die möglicherweise
auf die Versöhnung und Vereinigung der beiden Länder Bezug nehmen könnten. Denkbar
wäre, daß je einer \on den beiden Namen je einem der beiden Länder entsprechen sollte, daß
Ptah also schon in den beiden Namen indirekt als Herr der beiden Länder bezeichnet wäre.
Der Name ,^(]il (,,der Friedliche", ,, Gnädige" .^) findet sich in der Tat so als Bezeichnung
des Re^ Pyr. 923c; desgl. ^(j(]^|) (]^^ 1 Brit. Mus. Eg. .Stelae IV, 21 (m. R.)\ ^(J^
heißt der gerechte und fromme Verstorbene Sethos-Sarg Taf. 6, 42/43. Von den U OOwj' ö_rf^
aber sagt Ptah- 7"5///;/ zu Ramses IL, daß sie sich über ihn als seinen (des Gottes) Sohn
freuten, LD III, 194, 4/5. Beide Namen zeigen offenbar dieselbe Bildung wie die Namen des
Re : ^(](] J ,,der Prachtvolle" Pap. mag. Harris 4, 10. © J^^OO -.der Leuchtende" Pap.
mag. Harr. 4, 4 (Amon-re' = Ti-tnn). Berl. Pap. 3049, 2, 4 (,, Leuchtender des Himmels"), alt
%^ n'^~^~^||G ggschrieben, z. B. Pyr. 661 a. 1874a. — Ptah als ,,Herr der beiden Länder" und
damit König aller Götter Ägyptens wie sonst Atum ,,der Herr der beiden Länder von Helio-
polis"; vgl. dazu ob. .S. 22.
d) Die Bezeichnung snw:t ntr ,, Kornspeicher des Gottes" wird, da das enklitische //,
hier wie in 58 (S. 67) und in 'isk ohne das (| geschrieben, dahinter steht und sich nicht in die
Genitivverbindung einschiebt und diese damit zum Gebrauch des Genitivexponenten nt zwingt,
eine feste Verbindung sein, wahrscheinlich geradezu ein Ehrenname von Memphis als Er-
nährungszentrum des Landes. Das Bild des Gottes Ti-tnn hinter dem Worte ntr ,,Gott" wird
wohl nur Determinativ dazu sein, das erkennen lassen soll, auf wen dieses Wort geht. Gramma-
tisch ist smv.t ntr Prädikat eines Identitätssatzes der alten Form (ohne/>zü); vgl. m. Nommal-
satz § 25. Die Voranstellung des Prädikates, an sich der alten Sprache durchaus vertraut,
ist hier wie oft zugleich Mittel zur Heraushebung der Antithese (vgl. Demot. Bürgschafts-
urkunden S. 459). ,, Kornkammer des Gottes" soll Memphis heißen, weil der Ort durch das
Ertrinken des Osiris auf seinem Boden zu der Kornkammer des ganzen Landes, zum -|-
geworden ist (s. u.). — n.t tvr.t ,,der große Thron" (vgl. ob. S. 47) scheint hier und am Ende
von 63 geradezu als Ortsname von Memphis gebraucht zu sein f,,die Residenz", ,,der Herr-
schersitz"), ein Gebrauch, der auch in den Inschriften des Tempels von Edfu für diese letztere
Stadt oft belegt ist.
e) Zu hnm ih im Sinne von ,, erfreuen", ,, zufriedenstellen" vgl. den Namen (gQ^J "Er-
freut ist das Herz des Re'" des Königs Amasis, neben den analogen Namen (o|^J' {j^V^^jC
föTol derselben Dynastie, die offenbar dasselbe besagen. Bei dem Zug zum Archaismus, der
diese Zeit beseelt und gerade in der Gestaltung der Königsnamen besonders deutlich hervor-
tritt, darf dieser Königsname wohl als ein Zeichen für das Alter des Ausdrucks angesehen wer-
den. — Man könnte zweifeln, ob die Beiworte hnm.tib usw. wirklich auf imü./ /«/r „Korn-
kammer des Gottes" zu beziehen sind, wie oben angenommen, oder auf die ihnen unmittelbar
I Hier beginnt eine .Schriftgnippe im Original.
•^2 I- Das Denkmal memphi tischer Theologie.
voraufgehende Bezeichnung von Memphis. Die Nennung der ,, Götter, die im Ptah-Hause
sind" spricht doch wohl für die erstere Auffassung. Denn das imj hinter ntr.w steht
doch gewiß für hnj.zv und nicht für imj.t, das sich dann auf iLt wr.t bezöge („der große
Thron . . ., der in dem Hause des Ptah ist"), was kaum Sinn gibt.
f) Die absonderhche Zeichenstellung in tib.t ''nlj entspricht den Schreibsitten der alten
Zeit; vgl. Pyr. -Texte IV, § 45 — 48. Sie ist ein sprechender Beweis für das Alter der von Scha-
bako's Schreiber kopierten Handschrift und zugleich tür die Treue, mit der er seine Vorlage
wiederzugeben gesucht hat. — Was in der Lücke hinter dem zweiten nb in der alten Handschrift
gestanden haben mag, ist ungewiß. Man könnte daran denken, daß / j ,, Herrin des Heils"
(o. ä.) dagestanden habe, müßte dann aber auf den verlocken- den Gedanken, daß
die beiden parallelen Ausdrücke in gespaltener Kolumne nebeneinander gestanden hätten
c^ c^ ! angesichts dessen, was eben über das offenbare Alter der Gruppierung q fest-
"T I zustellen war, verzichten. Daß Gebäude in Zusammenhang mit -t\ ' ge-
bracht werden, ist ja oft genug belegt; vgl. Rec. de trav. 19, 89 Anm.3. ÄZ 38, 143. Brugsch,
Thes. V, 941, 9. Einstweilen gibt die provisorisch vorgeschlagene Übersetzung ,, Herrin
alles Lebens" ja aber einen recht guten Sinn.
g) Zu trj 'nh mit Genitiv ,,den Lebensunterhalt jemandes besorgen" vgl. Vogelsang,
Komm, zur Gesch. des Bauern S. 82. — Er man hat richtig gesehen, daß durch diesen Satz
der alte Name von Memphis bzw. eines bestimmten Teiles davon ■¥■ 'nh-ti.wj ,,es leben die
beiden Länder" (oder ,,das Leben der beiden Länder" ?) erklärt werden soll. Die ältesten Bei-
spiele für diesen Ortsnamen, den Erman auch sonst in Beziehung mit der Ernährung genannt
belegen konnte (,, deine Speisen kommen aus ' nh-ti.wj" Paheri 5), finden sich im Pyramiden-
tempel desSahure' (s. Borchardt's Publikation H, Text S. 113. 128); der Kult der als ,, Herrin"
dieser örtlichkeit verehrten Bist.t ist aber schon viel früher belegt (Grab des Nfr-tni' t in Me-
dum). — \rr.t ist Part. pass. imperf. — Das im-s kann mit ,,in ihr" oder ,,aus ihr" übersetzt
werden.
62. Begründung für die Bedeutung von Memphis als Kornkammer Ägyptens
durch das Ertrinken des Osiris auf seinem Boden (Erman's Cii).
TT TT B l-^ I w^ '^ il 1 ..— ^iii^ "^^-^
^0^1^ ii
^'^ weil Osiris in seinetn Wasser ertru?iken ist^, indem Isis und Nephthys es sahen. Sie
erblickten ihn"" und erstaunten über ihn"^. Da befahl Horus der Isis und der Nephthys ohne
Verzug^, daß sie den Osiris packtest, damit sie verhüteten, daß er ertrinke (bzw. versinke)^.
a) n wn.t ist offenbar das ältere Äquivalent des späteren waaa .»weil' , das schon die
Pyr. kennen (Pyr. 121), und entspricht dem wnt ,,daß", das wir in 54 antrafen (s. ob. S. 55).
Der Satz gibt die Begründung dafür, daß Memphis die Kornkammer des ganzen Landes ist.
Es wird hier also offenbar schon vorausgesetzt, daß das Ertrinken des Osiris die Quelle für die
Fruchtbarkeit Ägyptens gewesen sei. Osiris als Wassergott gegenüber Geb als Erdgott schon
Kommentar. Zeile 6i — 63. 72
Pyr. 1044, als Gott der Überschwemmung öfters in \'erbindung mit dem niwrnp.w „dem jungen
Wasser" z. B. Pyr. 25. — w//-/ müßte, wenn richtig, wohl passivisch aufgefaßt werden wie in 8. iia,
was nicht gut in den Zusammenhang zu passen scheint; es wird daher vielleicht in inh-n-f
zu verbessern sein, das die Parallelstelle 19 selbst und die zu dieser zitierten Stellen aus den
Pyr., diese anscheinend aber erst sekundär, boten (s. ob. .S. 38). — Das Suffix / in mzv-f, das
hier zur Not auf das fitr ,,Gott" in smv.t ntr ,, Kornspeicher des Gottes" bezogen werden könnte,
wird wie in 19 auf Osiris gehen, der eben auch damit als Gott der Nilüberschwemmung be-
zeichnet ist.
b) Zw nß .t Is.i A^b.i-h.l plr-sn siv s. oh. S. 2,9- Zweifeln könnte man, ob das sw nicht
besser zu dem folgenden Satze als Erzählungspartikel zu ziehen ist, zumal das demptr synonyme
Verbum mü im ersten Satze auch ohne Objekt steht und sich mit der Beseitigung des sw
die Möglichkeit böte, die beiden synonymen Verben, wie es sonst fast immer der Fall ist, im
Parallelismus zu haben: ,, indem Isis und Nephthys (es) sahen und schauten".
c) Zu nmk m, das hier etwas wie ,,sich entsetzen", , .erstaunen über" bedeuten muß,
vgl. in dem alten Thronbesteigungstext von Derelbahri: ,,sie (die Menschen) wußten, daß sie
(die junge Königin) die Tochter des Gottes sei" ^ V ''""^ '^ '~~'
r^i
c^
,,sie waren aber auch erstaunt über ihre Macht sehr über alle Maßen" Urk. IV, 260; ferner
Pyr. 1533a: — 1— "^ ^=:^ P A/ww, ^^ '::r:^ [1 t\ n w^ ,,du kennst sie nicht, du erstaunst über sie".
d) Die Konstruktion von zvd ,, befehlen" mit Dativ der Person und folgendem sdtn-f
statt des Infinitivs ist ungewöhnlich. Ob der alte Text zvd nidiv hatte {wd Hr mdw) ? Dann
wäre die Konstruktion begreiflich. Die Form h ^ selbst ist gleichfalls ungewöhnlich, aber den
alten Schreibsitten entsprechend, falls ivd.zv zulesen ist {sdm-f mit Endung w vor nominalem
.Subjekt). — ni dd ,,ohne Verzug" s. ob. S. 37/38.
e) Zu ndr-sn m Ws-lr s. ob. S. 40; zu hw-sn mh-j s. ob. S. 39.
63 — 64. Die Bergung der Leiche des Osiris (E r m a n ' s C u. Cv).
'3^2p™«-^i'" w'^^i.^-W'^-r: v^us^s;!^
63 Ä> lüandten den Kopf zur {rechten) Zeit''. Und so ließen sie ihn ans Land gelangen^.
Er trat ein in die geheimen Tore ^ in der Pracht der Herren der Ewigkeit^ gemäß den Schritten
dessen, der im Horizont erglänzt^, auf den Wegen des Re^ in dem großen Throne^. ^^ Er
vereinigte sich mit dem Hofstaat und gesellte sich zit den Göttern des Tl-tnn (d. i. des Tnn-
Landes) Pf ah '\ des Herrn der JahreK
a) Daß der Satz zu diesem Abschnitt gehört und nicht etwa mit dem vorhergehenden
Befehl des Horus an Isis und Nephthys zu verbinden ist, dürfte aus den Verhältnissen der
Parallelstelle 19—20 hervorgehen, wo die Erzählung von dem Befehl mit [hiv]-sn mh-f endet,
und unser Satz, wenn er überhaupt dastand, erst auf den dazugehörigen Dialog gefolgt sein
I So, nicht \ , steht da. 2 Im Original menschenköpfig.
l'.^e X, i: Sethe. '°
•1 A 1. Das Denkmal memphitischer Theologie.
kann. Tatsächlich kann ja aber auch inhaltHch wohl kein Zweifel sein, daß der Satz eine Folge
der Befehlserteilung durch Horus enthält, phr tp ,,den Kopf wenden" nach etwas oder zu etwas
hin hat hier vielleicht schon übertragene Bedeutung, ähnlich den Ausdrücken phr 'ib ,,das Herz
wenden", phr hr ,,,das Gesicht wenden", die soviel wie „jemandem oder etwas seine Liebe,
seine Aufmerksamkeit zuwenden" bedeuten. Das Ziel des Zuwendens wird wohl eher Horus
hz\\. sein Befehl als der im Wasser treibende Osiris sein. — r tr ,,zur Zeit" an .Stelle eines
eigentlich zu erwartenden r tr-hi ,,zu ihrer Zeit" im .Sinne von ,,zur rechten Zeit". Vgl. dazu
"^ *^ V^c=5l ^ 1^ "=> I 0<=> {(T) >^ "'^^^ '^'^''^ König ernährt zur Zeit zu beiden
Zeiten (d. i. Tag und Nacht)" Brit. Mus. Eg. Stelae IV, 37 = ÄZ 12, 67 (MR). Entsprechend
findet sich <r=> O Urk. IV, 1105. An imserer Stelle würde etwas wie , .sofort" vielleicht
noch besser passen als ,,zur rechten Zeit", aber kann das so ausgedrückt werden .f"
b) sw spr-sn stv r ß s. ob. .S. 41.
c) Die , .geheimen Tore" wird ein Ausdruck für die Nekropole von Memphis sein. Vgl.
Totb, 126, wo die I J^&J n ^^ I F ^ , .geheimen Tore des Westens" in Zusammen-
hang mit R-sß.w (Gizeh) genannt sind.
d) dsr.w ,.die Pracht" mit Genitiv ist eine häufige Form der ehrenvollen Umschreibung
bei Ortsangaben, ähnlich dem Gebrauch von nfr.iv (z. B. ^s^III 9 f| ' '^'i der .Schönheit
ihres Palastes" Urk. IV. 219), der aber ausgedehnter und gerade auch bei Personen beliebt ist
{kmi nfr.iv-f ,,der seine Schönheit schuf" für ..sein Erzeuger") ^ Vgl. ^k^^""^*^ V iM^ff
,,du gehst unter in der Pracht des westlichen Horizontes", d. i. im westl. Horizonte, Nav..
Deirelbahari IV, 115 (links über der Göttin). ebensoTotb. Nav. 15 B, 12; ..ich habe mir mein
Grab angelegt" ^^L=/ ~w>~^T j <j^ ••'" der Pracht von Abydos" Brit. Mus. Eg. .Stelae
III, 5; der Tempel \on Medinet Habu soll liegen cz=.\^ ,.jw^^ ^^ ,.in der Pracht von
I I I n W
Theben" Med. Habu passim (Zettel 378. 993 des Wb.); Amun hat den König gekrönt
kfffllL=/ 9 1""''^=^ 11 Tl ..im Innern (vgl. ob. S. ss) der Pracht des Großen Hauses"
Urk. IV, 357; '^=^'=^=^0 ö i^^^^ ., die Pracht seines Horizontes" für.. sein Horizont" l^rk. IV. 157;
•I I I I o
rj
A ■^= c^z"^*^ ^-^.^'^ ,, eintreten vor (den König) in der Pracht des Palastes" Davies,
Amarna IV, 37; ,,der den König sieht in seiner Gestalt als Re'" /c=r ^^ -^ .,in der
Pracht seines Palastes" Leid. V. 1.6; zum Sonnengott wird gesagt: ~~^ ^:=^ \.^ ^^^^ ■ °^
5 I M
,du trittst ein in die Pracht der »«.^«-Schlange" Sethos-Sarg pl. 6, lo/ii. — Bei uns steht
statt der Ortsangabe die Nennung von Gottheiten, deren Wohnung damit gemeint ist.
Das ist echt ägyptisch; vgl. ..ich passierte im Osten des Steinbruchsgebietes oberhalb von
der Herrin des Roten Berges" Sinuhe B. 14/15; ,, gegenüber der Hathor, der Herrin des
Roten Berges" Rec. de trav. 30, 214 (von Gardiner zu dieser Stelle zitiert); ,,der herrliche
Berg des ^^'i.^Steines neben Re'-Atum", d. i. derselbe Gebel Ahmar bei Kairo, von dem
diese Stellen redeten. Kairo 583, 16/17 (Borchardt, Statuen II, S. 137 = RIH i-j, vgl.
meine Bemerkungen dazu in Aegyptiaca für Georg Ebers .S. 108); die Sphinx von Gizeh
lag ,, neben Soker von R-sfi.w": und die Kultstätte des Gottes Hike ,,in der Nähe der
I Daß aber auch unser dsrnv dementsprechend gebraucht wurde, lehrt Urk. IV, 18, 15: ^^'"''^^ V W
ö^ ^ I "'^'^ Pracht des Re' schwebt (als Falke?) über ihm (dem Könige)".
Kuminentar. Zeile 63 — 64. 'je
Herren von HrJ-/i3 (Babylon)" LD III, 68, 6/7. Die bei uns in dieser Weise genannten
,, Herren der Ewigkeit" sind die Ciötter der Totenstadt. So heißen im 17. Kap. des
Totb. in der P^assung gewisser MR-Handschriften von Urk. V, 39, 16 (E und Kgn. Mentu-
hotp) die Beisitzer des Osiris im Totengericht, Urk. V, 42, 11 aber die Menschen, unter denen
der Tote einst gelebt hat, seine Zeitgenossen, die jetzt gleichfalls tot sind. LD III, id bezeichnet
der Ausdruck die verstorbenen Könige, die in Theben begraben sind und denen als Gottheiten
der Totenstadt geopfert wird. — Die Schreibung ^^ oder t\5i^, die sich in späterer Zeit seit dem
MR oft für den alten W ortstamm dsr, der damals schon zu dsr geworden w^ar, findet^, beruht
auf einer Spielerei (''i^s, = ds ,, Messer", .^^ = rw ,,Löwe") und ist ein .Seitenstück zu der
seit dem NR beliebten Schreibung orr für rsiv.i ..Freude" {.&:s^ ^^ rw ,,Löwe", [)[;[) =
sw.wi ,, Federn").
e) r nnitAvt (so ist zu lesen) ,, gemäß (oder: bei) den Schritten" jemandes, eine häufige
alte Redensart (vgl. schon Pyr. 8540!), die besonders dann gebraucht wird, wenn es sich um
die Begleitung jemandes ,,auf seinen Reisen" handelt (z. B. sms /id-f r nmt.wt-f iib.t ,,der
seinem Herrn folgte bei allen seinen .Schritten"). So auch hier, wo es parallel zu hr mtn.wt R
,,auf den Wegen des Re'" steht. Der Sinn des Ganzen wird sein, daß Osiris zugleich mit dem
Sonnengott, also am Abend (wie sich das die Toten ja immer in den Grabinschriften wünschen)
und auf demselben Wege bei Memphis in den Westen einging. Vgl. dazu den folgenden Passus
auf dem Sarge eines memphitischen Priesters der Ptolemäerzeit : „er (der Tote NN) preist
den Re' alle Tage, wenn er aufgeht {wbn} im Horizonte des Himmels, damit er den Osiris
NN eintreten ('/^ wie bei uns) läßt mit (/i«') ihm alle Tage" Leid. L. 9(Leemans, Mon. III, 7fl.,
nach Berlin Abkl. 1261 verglichen). Es verdient bemerkt zu werden, daß der ursprünglich
wohl spezifisch heliopolitanische^ Ausdruck wbn m i/jJ ,, aufgehen im Horizonte" (eigentlich
an der Stelle des Himmels, an der die Heliopolitaner die Sonne zwischen den Bergen aufgehen
sahen), nach dem an unserer Stelle der Sonnengott benannt ist und der auch in der eben zitierten
Stelle vorkommt (durch Sperrdruck gekennzeichnet), gerade in den Grabinschriften der mem-
phitischen Hohenpriester besonders häufig gebraucht wird (z. B. Young, Hierogl. J^ß, 22.
79, 5). Auf dem genannten Leidener Sarge heißt der Sonnengott geradezu ^^ | jj ^ ^ g J
'^£='^^ ,,Re' Horus vom Horizonte, der große Gott, der Herr des Himmels, der aut-
geht im Horizonte".
f) Die Form mtn.wt ist nicht unbedingt für falsch zu erklären, da es fem. Plurale zu mask.
Substantiven sicher gegeben hat, wie ' '(1(| "^ ,, Häuser" passim, "^ f^^^'T^i i , "dächte"
ÄZ42, 22, |]"^(](|o "^^^ ,, Steine" ib. 15. 27, kopt. totih ,, Berge" usw. Daß das Kopt. zu .vvoeiT
,,Weg" ebenfalls einen Pluralis weiblichen Aussehens in dem boh. aiitcootj-i besitzt, wird aber
wohl nur Zufall sein, da das Alter dieser P'orm sehr problematisch ist (i in der Nebensdbe
und T anstatt eines von Rechts wegen zu erwartenden e sind bedenkliche Erscheinungen).
g) H.t lür.t ,,der große Thron" hier deutlich für die Stadt oder sogar das Stadtgebiet von
Memphis; vgl. ob. S. 71.
I Zur Lesung tfsi' vgl. die .Schreibungen von bw dsr Leps., Ausw. 16 = Brugsch, Thes. V, 9i8ff.
Z. 10. II. 2 Vgl. Pyr. 152 d ff.
W 7 3 4 8 6
76
I. Das Denkmal memphitischer Theologie.
h) Da ZU sip-sS „Hofstaat", wie Er man richtig bemerkt hat, e'benso ein Genitiv' im
Sinne von ,,des Ptah" zu ergänzen ist, wie er in dem folgenden parallelen Satze als Ti-tnn
auf das entsprechende ntr.w ,,die Götter" tatsächlich folgt, so liegt die Annahme nahe, daß
beide Sätze ursprünglich in gespaltener Kolumne nebeneinander gestanden haben, so daß
das in ungespaltener Kolumne darauf
sam gehörte, wenn man nicht etwa
'-' fi ^:37 I I I ebenfalls noch in die Ko-
Falle aber das Ptah eher zu stp-si als
mit dem ti ,,Land" von Ti-tnn zusam-
die Verbindung ,,die Götter des Ptah"
S 11
folgende Ti-tnn zu beiden Sätzen gemein-
auch das so merkwürdig daran gehängte
lumnenspaltung einbeziehen will, in welchem
zu utr.w zu stellen wäre, das zu deutlich
mengehört. Man kann sich auch schlecht
vorstellen, wenn das auch in dem psd.t
lim.w ,,die Götterneunheit des Atum" in 55 und psd.t-f ,, seine Neunheit" in 55. 56 eine
gewisse Parallele hätte. Eine Vertauschung der Glieder bei Auf lösung einer gespaltenen Kolumne,
wie man sie hier annehmen müßte, ist auch nichts Ungewöhnliches (s. AZ 57, 32. 41. 48; 58, 66;
59, 7). Andererseits wäre aber auch stp-si Pth eine Verbindung, die beispiellos ist. — snitt r ,,sich
zu jemand gesellen" Pyr. 645b. 8oic. ioi6d (vgl. 577c. 738b). Die Schreibung ist die in spä-
terer Zeit für//« ,, einatmen" übliche, das man damals für eine Reduplikation von sn ,, küssen" hielt.
i) nb rnp.wt ,,Herr der Jahre" ist ein Titel des Ptah, der sich auch sonst belegen läßt:
°I^ VPfl ^ (ff "^^^'^ Ti-tnn Nhjj (d. i. Unendlichkeit), der Herr der Jahre"
Kairo Journ. d'entree 36720 (Statue des Prinzen Cha'emwese als memphitischer Hoherpriester) ;
EüÖ'^'^flf I^ZI|i®ITf([ ^"'''■''' ^'^- '7 ^^P^'""" '^''' Hakoris, die Er-
gänzung nach dem Pendant A. 26); a
:(--('
,,hüch ist der Herr
der Wahrheit (d. i. Ptah) am Jahresanfangsfeste (i. Tybi), er der Herr des Jahres" Pyr. 1520a.
Der Titel wird mit der Rolle, die der Gott bei dem am i.Tybi gefeierten Jubiläumsfeste der
ägyptischen Könige ijib-sd) spielte, zusammenhängen. Er ist meist wie in den zuerst an-
geführten Beispielen mit dem Namen Nhjj oder Nhk verbunden, der den Ptah als Verkör-
perung der Unendlichkeit bezeichnet {nhjj Part. pass. perf., nhh desgl. imperf. von nhj
,, wünschen*': das, was man wünscht, ohne es zu erreichen). Vgl. |\''^^=^] »A-^yy» der Herr
des Jahres" Pyr. 449a (ebenfalls Ptah gemeint); | | ^^:=^ j \ \ Gautier et Jequier, Fouilles
de Licht pl. 17, 8.
64. Begräbnis des Osiris und Thronbesteigung des Horus (Erman's Cw).
I
ö
'4 C/nä so geriet Osiris in die Erde in der „Königsburg" auf der Nordseite dieses Landes'^,
zu dem er gelangt war. Sein Sohn Horus erschien als König von Oberägypten und erschien
als König von Unterägypten in den Armen seines Vaters Osiris^ inmitten der Götter, die vor
ihm waren u?id {der Götter) die hinter ihm waren'^.
a) hpr m ,,in etwas hineingeraten" entspricht dem alten Sprachgebrauch, der m noch in
der Bedeutung ,, hinein" verwendet. Vgl. auch hp?'-f m gs jibtj n p.t ,,er gerät auf die östliche
Kommentar. Zrilc 64. -■^
Seite des Himmels" Pyr. 20790!. -^ Zu den folgenden Worten s. ob. S. 41. — Die eigentümliche
Zeichenstellung in ti pii genau so Pyr. 551 e (T.) ; vgl. Pyr. IV, § 35.
b) hmv ' .lüj ,,das Innere der Arme" ist ein der ältesten Sprache eigentümliches Synonym
für das spätere fllTl ? -••^^'^ umfassenden Arme" und wird wie dieses speziell vom Umarmen
(,,in die Arme schließen", ,,in den Armen liegen") gebraucht ; vgl. Pyr. 140c. 208 b. 1533 b. 1534a.
1536a. 1817a. In dieser Bedeutung findet es sich auch in dem alten Thronbesteigungstext von
Derelbahri mehrfach in der Verbindung A ^\ ^^ Q ,,in die Arme legen", wo wir „nehmen"
sagen würden, Urk. IV, 255, 10. 12. 256. 15. Und zwar ist es auch dort wie an unserer Stelle
der alte König, der seine Tochter und Nachfolgerin bei der Königsproklamation ,,in seine Arme
nimmt". Merkwürdig ist die Darstellung, die unser Text hier von dem Übergang der Königs-
herrschatt von Osiris auf Horus gibt. Da ist keine Rede von einer Regierung des Seth mit
oder ohne Horus, und Osiris, obwohl tot, vollzieht die Einsetzung seines Sohnes. Davon, daß
Horus erst nach dem Tode seines Vaters geboren sei, weiß unser Text hier so wenig etwas wie
vorher bei der Rettung des Osiris aus dem Wasser. Hält man unsere Stelle neben den Thron-
besteigungstext von Derelbahri, so könnte man denken, daß es sich hier wie dort um die Auf-
führung eines dramatischen Spieles handele, in dem der sich vom Thron zurückziehende
alte König die Rolle des Osiris, der die Herrschaft antretende neue König die Rolle des Horus
zu spielen hatte.
c) Da Horus nicht gleichzeitig in den Armen seines Vaters ,,und" der Götter, die hier
genannt werden, sein kann, wird hrf hier notwendig etwas anderes bedeuten müssen, nämlich
,,mit" im Sinne von ,,in Gegenwart von", ,,in Gesellschaft von", ,, inmitten von", wie das
griech. (xs-i mit Gen. plur. gelegentlich gebrauche wird. Die Abkürzung von lin und die
I O AAAAAA I
Zeichenstellung in fi qqq entsprechen ganz den alten Schreibsitten bei Raummangel am Zeilen-
ende; vgl. Pyr. IV, § 98, 5. — ipj-w- ^tlie vor jemand sind" und '>nj.iv-ljt ,,die hinter jemand
sind" kommen in alter Zeit sowohl im zeitlichen Sinne \'on ,, Vorfahren" und ,, Nachkommen"
(z. B. Urk. I, 46) wie im räumlichen von ,, Vorläufer" und , .Gefolge" vor (z. B. Pyr. 132b).
Bei uns kann, wie schon Er man richtig bemerkt hat, nur die letztere Anwendung in Frage
kommen. Die beiden parallelen Glieder hätten hier wieder gut in gespaltener Kolumne neben-
einander gesetzt werden können, und das wäre vielleicht sogar besser gewesen, da dann das
ntr.iv vor beiden Ausdrücken gestanden hätte, was man eigentlich erwartet. Da der Schreiber
das aber trotz des recht starken Raummangels nicht getan hat, wird es in seiner Vorlage auch
nicht (oder nicht mehr?) der Fall gewesen sein.
S C H L U S S
Das theologische System des Textes und seine geschichtliche Bedeutung.
Der theologische Teil unseres Textes ist die aufschlußreichste Quelle tür den inneren Gehalt
ägyptischer Religion, die wir besitzen. Das System, das er vorträgt, giptelt darin, daß alle
bei der Schöpfung irgendwie in Mitwirkung kommenden Mächte nur Erscheinungsformen
des einen großen Schöpfers Ptah seien. So der Urozean Nun, das Chaos, aus dem erst Sonne,
Erde und Himmel emporstiegen, und seine Gemahlin Xaunet, der Gegenhimmel unter der
Erde. Als Ptah-Nun und Ptah-Naunet ist Ptah Vater und Mutter des Atum, der als ein Ge-
danke aus dem Herzen und der Zunge des Schöpfers hervorging, in denen wiederum die beiden
außerhalb der Neunheit stehenden Götter Horus und Thoth verkörpert waren als ,,Ptah der
Große", ,,das Herz und die Zunge der Götterneunheit", durch die Ptah seine Kraft an alle
anderen Götter vererbt hat. Das eigentliche .Schöpfungsorgan ist ,,der Mund, der alle Dinge
benannte", in dem die Göttergesellschait des Ptah als Zähne und Lippen saßen und Teile von
ihm waren. Auch .Schu und Tefnut, \ on Atum, dem Gedanken des Ptah, in unnatürlicher
Weise erzeugt, gingen aus diesem allmächtigen Mimde hervor. In den Lebewesen gebieten
Herz und Zunge als Vertreter (Abgesandte, Abzweigungen) der schöpferischen Gottheit über
die anderen Glieder und lehren sie, daß der Schöpfer selbst ,,in jedem Leibe und in jedem Herzen
ist", indem er eben in ihnen, seinen Vertretern, alles, was er will, denkt und befiehlt. Aus dem
Schöpfer sind alle Dinge, die die Natur hervorbringt, hervorgegangen; er ist auch die Ursache
aller staatlichen und sittlichen Ordnung in der Welt.
Die Bedeutung, die unserem Text und diesem seinem System für die ägyptische Religions-
geschichte wie auch für die Geistesgeschichte der Menschheit im allgemeinen zukommt, ist
von den bisherigen Bearbeitern des Textes voll gewürdigt worden. Die Rolle, die der Text
Herz und Zunge bei der .Schöpfung spielen läßt, und die pantheistische Wirksamkeit, die er
dem -Schöpfer in Herz und Zunge der Lebewesen als deren motorischem Prinzip zuschreibt,
zeigen eine geistige Auffassung vom Zusammenhang der Dinge, die man für eine so frühe
Zeit niemals erwartet hätte. Die vorstehende Behandlung des Textes hat für eine Anzahl
von Stellen eine neue Auffassung gewonnen, die durchweg geeignet sein dürfte, die hohe Mei-
nung, welche der Text erweckt hat, noch zu vertiefen. Insbesondere ist etwas dabei noch deut-
licher geworden, das dem Te.xt zu seinem absoluten \\ ert als Zeugnis einer hohen W eltanschauung
aus sehr früher Zeit einen relativen historischen Wert zu verleihen scheint, die gegensätzliche
Stellungnahme zu der alten heliopolitanischen Götterlehre. Diese Lehre, die dabei in echt
ägyptischer Weise nicht etwa bekämpft, sondern dem neuen System eingegliedert wird, ist
Das theologische System des Textes und seine geschichthche Bedeutung. yn
in diesem tatsächlich überwunden. In kraß materiahstischer Weise sollte der heliopolitanische
Schöpfer Atum die Schöpfung begonnen haben, indem er durch Onanieren die ersten kosmi-
schen Elemente Schu (Leere, Luft) und Tefnut (Wärme oder Feuchtigkeit) hervorbrachte, die
dann ihrerseits in natürlicher geschlechtlicher Zeugung Himmel (Nut) und Erde (Geb) hervor-
brachten. Dieser rohen und primitiven Anschauung stellt unser Text eine höhere und geistigere
gegenüber. Was Hände und Same des Atum waren, sollen jetzt „Lippen und Zähne" in dem
,, Munde, der alle Dinge benannte" sein, als dienende Nebenorgane (die Götterneunheit des
Ptah) neben der allmächtigen Zunge, einer der Formen des Schöpfers selbst, und Atum selbst
ist jetzt nichts als ein Gedanke, der in Herz und Zunge des Ptah entstand. Der in einem rein
körperlichen Akte schaffende Atum von Heliopolis ist hier also zu einem rein geistigen Produkt
eines höher gearteten Schöpfers geworden.
Diese Einstellung zu der heliopolitanischen Götterlehre ist wichtig. Beweist sie doch,
daß diese Lehre schon bestand, als die memphitische Götterlehre entstand, d. h. — wenn anders
unser Text wirklich ist, was er nach allen Anzeichen zu sein scheint, das Dogma für die von
Menes gegründete neue Reichshauptstadt Memphis (s. S. 5) — in der ältesten geschichtlichen
Zeit. Die an und für sich schon unhaltbare These von A. Rusch^, daß die heliopolitanische
Theologie mit ihrer Götterneunheit erst in der 5. Dyn. entstanden sei, weil Osiris, das Kern-
stück dieser Neunheit, erst im Laute dieser Dynastie in die Grabinschriften kommt-, wird
durch unseren Text auf das bündigste widerlegt; er kennt auch schon den Osirismythus und
verlegt in tendenziösem Lokalpatriotismus Tod vmd Begräbnis des Gottes, doch nur wegen
seiner überragenden Wertschätzung, auf memphitischen Boden. Für Rusch, der sich über
die von Erman beigebrachten Altersbeweise einfach hinwegsetzen zu dürfen glaubte, alles
Beweise, daß der Text erst nach der 5. Dvn. entstanden sein könne.
1 Die von Weill .Sphinx 15, 9 ff. provisorisch veröffentlichten und nicht richtig verstandenen Bruchstücke
aus einem Tempel des Königs Djoser (Tosorthros) bei Heliopolis, die sich jetzt im Museum von Turin befinden
und an deren Alter kein Zweifel sein kann (das zeigen die Originale, die ich 1925 sah, evident), gehörten zu
einer Darstellung, welche die Mitglieder der Götterneunheit rein menschlich gebildet in 3 Reihen (?) hinter-
einander thronend und den König (dessen Bild nicht erhalten ist) immer mit denselben Worten anredend
zeigte, wie das später so oft in den Wandbildern der Tempel zu sehen ist (z. B. LD III, 26. Nav., Deir-
elbah. IV, 101). Erhalten sind Schu (Fragm. 5 bei Weill, vom Namen der Schaft des K erhalten, von
W. falsch ergänzt), Seth (Fragm. 3, dahinter noch Rede der nächsten Gottheit, wohl Nephthys), Geb (Fragm. 6,
im Original noch der Fuß des Jj über dem Kopf erhalten). Damit ist die Existenz der Neunheit, die
Rusch erst in der 5. Dyn. entstehen lassen wollte, für die 3. Dyn. bezeugt.
2 Der Grund hierfür wird einfach der sein, daß Osiris erst damals zum allgemeinen Totengott ge-
worden ist, zum Beherrscher des Totenreichs, an dessen Gnade jedem Menschen (auch dem Privatmann) ge-
legen sein mußte. Bis dahin mag er nur Vorbild der verstorbenen Könige gewesen sein, die sein Schicksal
teilen wollten und sich schließlich mit ihm geradezu identifizierten. Darauf beruhte vermutlich die für könig-
liche Personen seit der i. Dyn. (Frau des Athotis) bezeugte Balsamierung der Leichen, wie auch das Ein-
dringen des Osiriskultes in Abydos, das ohne Zweifel in der Beisetzung der thinitischen Könige an diesem
Orte begründet war und also gewiß schon die Gleichstellung oder doch Vergleichung dieser Könige mit Osiris
voraussetzte, wie dies beides uns in den Pyramidentexten, je nach deren Alter und Herkunft das eine oder
das andere, entgegentritt.
gQ I. Das Denkmal memphitischer Theologie. Srliluß.
Daß sich neben der bereits auf so\iel höherer Entwicklungsstufe stehenden Lehre von
Memphis, wie sie unser Text entwickelt, die primitivere von Heliopolis nicht nur immer noch
im Glauben der Ägypter in Geltung erhalten hat, sondern die gebräuchlichere, landläufige,
allgemein verbreitete geblieben ist. die ihn wie ein Pilzgewebe durchzog, ist ein sprechendes
Zeugnis für ihr Alter; es zeigt, wie tief sie im Glauben der Ägypter wurzelte. Diese im übrigen
dem Konservativismus der Ägypter durchaus entsprechende Lebenszähigkeit der heliopoli-
tanischen Religion mag aber auch in der uralten Verbindung begründet sein, die zwischen
Atum, dem eigentlichen Ortsgott von Heliopolis, und dem im Volksglauben gewiß immer an
der Spitze stehenden .Sonnengott (Re') bestand, einer Verbindung, auf der überhaupt nur
die solare Rolle des Atum imd die Benennung seiner .Stadt als .Sonnenstadt beruhte.
Der ^•olkstümliche .Sonnengott, der im Alten Reich seit der 4. Dyn. und speziell unter der
5. Dyn. eine so überragende, außerhalb Memphis selbst den Ptah in Schatten stellende Rolle
im Glauben der Ägypter spielt, war nicht Atum, sondern eben dieser gerade wie unter Ameno-
phis \y. lediglich als ,,die .Sonne" (äg. re' , b "HXio?) bezeichnete , .große Gott, der Herr des
Himmels", der eigentlich weder eine Kultheimat auf Erden, noch einen besonderen Kultnamen,
noch auch eine besondere Bildgestalt fetischistischer Natur wie die anderen Götter der ägyptischen
Städte und Gaue hatte. Als seine .Söhne bezeichnen sich und nach ihm benennen sich die Könige
seit der 4. Dyn. ; er ist in der alten religiösen Literatur der Himmelsgott, zu dem die toten Könige
gehen (deshalb dennoch so wenig ein Totengott wie bei uns der liebe Gott); er ist es, der den
Mittelpunkt der alten Göttersagen bildet und darin als König der l'rzeit erscheint; er ist es,
bei dem man schwört, den man des Morgens und des Abends anbetet, dem die Könige der
5. Dyn. die Sonnenheiligtümer bei ihren Pyramiden im Norden von Memphis erbauen. Von
Atum ist bei alledem nicht die Rede.
Der Glaube an die Macht des Re ist jedenfalls viel älter als die heliopolitanische Theologie
gewesen, die, wie gesagt, Anlehnung an ihn gesucht hat, indem sie ihren höchsten Gott Atum
diesem Sonnengotte gleichsetzte. Diese heliopolitanische Lehre aber mit ihren rohen Vorstel-
lungen noch in geschichtlicher Zeit, in einer Zeit, wo Memphis das Zentrum des Landes war,
entstehen zu lassen, nachdem dort die weit fortgeschrittenere Lehre des Ptah entwickelt worden
war, wäre ein vollendeter Anachronismus, dem unser Text definitiv einen Riegel vorschiebt.
Beiträge zur Assyriologie und semitischen Sprachwissenschaft Herausgegeben von f Friedrich
Delitzsch und fPAUL Haupt. Zuletzt erschien Band lo, 2: P. Haupt, The Ship of
the Babylonian Noah an other papers. XXII, 281 S. m. Porträts von F. Delitzsch
und P. Haupt. 4". 1927. RM 39. —
BibliOthei(, AssyriOlOgische. Herausgegeben von j Friedrich Delitzsch und f Paul Haupt. Es
erschienen 26 Bände.
Bibliothek, Vorderasiatische. Herausgegeben von Alfred Jeremias und f Hugo Winckler, dann
Otto Weber. Es erschienen 7 Bände.
Inschriften, Ägyptische, aus den Staatlichen iVIuseen zu Berlin. Herausgegeben von der General-
verwaltung. Es erschienen 8 Hefte.
Literaturzeitung, Orientallstische. Monatsschrift für die Wissenschaft vom ganzen Orient und seinen
Beziehungen zu den angrenzenden Kulturkreisen. Unter Mitwirkung von G. Berg-
strässer, H. Ehelolf und A. von Le Coq, herausgegeben von Walter Wreszinski.
Seit 1898. 1928: 31. Jahrgang. Jährhch 12 Nummern. Preis halbjährHch RM 24. —
Morgenland. Darstellungen aus Gecchichte und Kultur des Ostens. (Früher: „Beihefte zum Alten
Orient".) Herausgegeben von Wilhelm Schubart. Bisher 16 Hefte. Ausführhcher
Prospekt P. 823 steht zur Verfügung.
Orient, Der Alte. Gemeinverständliche Darstellungen, hrsg. von der Vorderasiatisch-Ägyptischen
Gesellschaft durch Alfred Jeremias. Bisher 26 Bände zu je 4 Heften. Näheres aus
Prospekt P. 847, den wir zu verlangen bitten.
Pyramidentexte, Die altägyptischen. Nach den Papierabdrücken und Photographien des Berliner
Museums neu lierausgegeben und erläutert von Kurt Sethe. Es erschienen 4 Bände.
Schriftdenkmäler, Vorderasiatische, der StaatUchen Museen zu Berlin. Herausgegeben von der
Vorderasiatischen Abteilung. Es erschienen 16 Hefte.
Sendschriften der Deutschen Orient-Gesellschaft Es erschienen 6 Hefte.
Studien, Demotische. Herausgegeben von Wilhelm Spiegelberg. Es erschienen 7 Hefte.
Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens. Herausgegeben von Kurt Sethe.
Bisher 10 Bände.
Urkunden des ägyptischen Altertums. Herausgegeben von Georg Steindorff in Verbindung mit
Heinrich Sch.\fer und Kurt Sethe. In 5 Abteilungen.
Dasselbe, Deutsch. In Verbindung mit anderen herausgegeben von Georg Steindorff. Es erschien
Band i (Abtl. 4, Bd. i): Urkunden der 18. D3mastie I. Bearbeitet und übersetzt von
Kurt Sethe. 1914.
Veröffentlichungen der Ernst v. Sieglin- Expedition in Ägypten. Herausgegeben im Auftrage von
Ernst von Sieglin von Georg Steindorff. Es erschienen bisher 4 Bände.
Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde. Herausgegeben von Georg Steindorff.
Seit 1863 erschienen die Bände i — 62, Band 63 (1927) im Druck.
Preise der vollständigen Serien, soweit lieferbar, teilen wir auf Anfrage gern mit, ebenso über-
senden wir bereitwilligst vollständige Übersichten der einzelnen Sammlungen.
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